Selbstbestimmtes und nachbarschaftliches Wohnen wünschen sich viele. Vor allem wenn es bezahlbar ist. Die Maro- Wohnungsbaugenossenschaft mit Sitz in Ohlstadt (Landkreis Garmisch-Partenkirchen) rannte daher in den vergangenen Jahren mit ihrem Konzept in vielen Rathäusern der Region offene Türen ein. Im südlichen Münchner Umland sind so elf Mehrgenerationen-Häuser sowie sechs Demenz-Wohngemeinschaften errichtet worden, etwa in Oberhaching, Unterhaching und in Ottobrunn, aber auch in Weilheim, Prien und Rosenheim. Neun weitere Projekte des Musterunternehmens befinden sich nach Angaben von Maro aktuell im Bau oder in Planung, so in Andechs, Wolfratshausen und Putzbrunn. Ende vergangener Woche stellte sich jedoch heraus, dass alles gar nicht mehr so rosig aussieht. Im Gegenteil: Die Maro-Wohnungsbaugenossenschaft hat Insolvenz angemeldet.
Auslöser ist laut Maro ein Projekt in Landsham im Landkreis Ebersberg. Dort wird bereits seit 2017 ein Mehrgenerationenhaus mit einer Demenz-WG, sozialem Wohnungsbau und barrierefreien Büroflächen errichtet. Nun sieht es so aus, als ob dieses Vorhaben die Genossenschaft in eine finanzielle Schieflage gebracht hat. Wie die Maro in einer Pressemitteilung schreibt, wurde eine Finanzierungszusage für Landsham zurückgezogen.
Das Konzept im Landkreis Ebersberg ist ähnlich innovativ wie die bereits bestehenden Projekte etwa auf der Stumpfwiese in Unterhaching. Dort wurden im sogenannten Biberbau an der Bibergerstraße vor drei Jahren 21 genossenschaftliche Mietwohnungen und eine Demenz-Wohngemeinschaft mit zehn Plätzen bezogen. In Oberhaching gibt es an der Kybergstraße seit 2018 eine Demenz-WG mit neun Einzelzimmern, in Putzbrunn ist ein Haus für Kinder und Senioren in der Planung. In Andechs soll ein Mehrgenerationen-Wohnen mit 31 Wohnungen und Tagespflege noch in diesem Sommer bezugsfertig werden, ebenso in Wolfratshausen, wo 24 Wohnungen entstehen.
In Landsham verliefen die Arbeiten schwierig. Im April 2018 wurde die Baustelle wegen massiver Mängel stillgelegt, in der Folge stritten Auftraggeber und Baufirmen vor Gericht. Mittlerweile wurden die Arbeiten zwar wieder aufgenommen und das Gebäude ist weitgehend fertig und noch vor Kurzem ging man bei Maro nach eigener Darstellung davon aus, das Projekt im dritten Quartal dieses Jahres fertigstellen und beziehen zu können; doch daraus wird wohl nichts. "Die fehlenden Mittel machten eine Fortsetzung des Baus vorerst unmöglich und belasten die Liquidität des Unternehmens aufgrund von anstehenden Zahlungsverpflichtungen erheblich", teilt die Genossenschaft mit.
"Die zurückgezogene Zusage hat uns sehr überrascht und uns blieb aus diesem Grund keine andere Möglichkeit, als einen Insolvenzantrag für die Genossenschaft zu stellen", lässt sich Vorstandsmitglied und Mitgründerin der Maro, Inge Schmidt-Winkler, zitieren. "Wir werden nun die kommenden Wochen intensiv mit allen Beteiligten an einem Sanierungskonzept arbeiten. Unser Geschäftsbetrieb bleibt unverändert aufrechterhalten und auch die bestehenden Wohnprojekte werden aktuell unverändert fortgeführt."
Da es sich um ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung handelt, bleiben laut Maro die Partner in den Gemeinden zuversichtlich, dass die Genossenschaft wieder auf die Beine kommt. Diese hat nach eigener Darstellung bereits positive Signale erhalten, dass an den im Bau befindlichen und an den neuen Projekten unverändert festgehalten werden solle. Martin Okrslar, Gründer und Vorstand von Maro, lässt sich mit den Worten zitieren: "Die aktuelle Situation habe auch ich nicht kommen sehen - da war es für mich klar, dass ich erst einmal im Vorstand bleibe und mithelfe, unsere Maro wieder auf ein gutes Gleis zu setzen."
So hofft man auch in Putzbrunn, dass es Maro gelingt "die finanzielle Lücke zu schließen", wie Bürgermeister Edwin Klostermeier (SPD) auf Nachfrage der SZ sagt. "Wir haben natürlich keinen Einblick, ob es stille Reserven gibt, aber wir vertrauen darauf." Ihm liege das Projekt des Vorzeige-Unternehmens sehr am Herzen und er wolle es auch am liebsten mit der Maro-Genossenschaft umsetzen, "da die Grundidee, die dahintersteckt, toll ist". Noch steht man aber in Putzbrunn relativ am Anfang des Vorhabens. Es habe bereits Verhandlungen gegeben, der städtebauliche Vertrag sei soweit fertig, aber bisher nicht unterschrieben, sagt der Bürgermeister, der jetzt erst einmal drei bis vier Monate lang abwarten möchte, wie sich das Insolvenzverfahren entwickelt.
"Ich bin sehr gespannt, wie der Vorstand die Krise meistert", sagt Simon Hötzl, Rathaussprecher in Unterhaching und selbst Mieter einer Wohnung in dem genossenschaftlichen "Biberbau". Man versuche sich dort insofern zu beruhigen, als bestehende Wohnprojekte aktuell nicht betroffen sein sollen. Hötzl sieht es auch als Vorteil an, dass es sich um eine Insolvenz in Eigenverantwortung handelt und so die Interessen der Genossenschaft und des Vorstands im Vordergrund stehen. Laut Rechtsanwalt Hendrik Wolfer, Generalbevollmächtigter bei Maro, geht es nun darum, "gemeinsam mit den Projektpartnern und Gläubigern eine langfristige und stabile Lösung finden, die einen Fortbestand dieser ganz besonderen Wohnformen ermöglicht". Die ersten Gespräche stimmten optimistisch. "Es ist ein Wille für eine konstruktive Lösung vorhanden", so der Insolvenz-Bevollmächtigte.