Landtagswahl in Bayern:Söders teure Programme haben der CSU geschadet

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  • In seiner bisherigen Amtszeit als Ministerpräsident hat Markus Söder Millionen an Steuergeld ausgegeben, um sich zu profilieren - vergeblich.
  • Je länger er an der Macht ist, desto schlechter schneidet seine Partei in den Umfragen ab.
  • Trotzdem plügt Söder durch Bayern, als stünde in der Verfassung, ein neuer Ministerpräsident müsse jedem Bürger in den ersten sechs Monaten die Hand schütteln. Erst vor kurzem hat er seine Strategie geändert.

Von Roman Deininger und Wolfgang Wittl

Wenn man nur den Applaus bei der Begrüßung zum Maßstab nimmt am Freitagabend im Löwenbräukeller, könnte man fast glauben, dass die CSU-Basis ihren Spitzenkandidaten Markus Söder sofort eintauschen würde - gegen Sebastian Kurz von der ÖVP, den jungen, konservativen Bundeskanzler aus Österreich, der Söder bei seiner Abschlusskundgebung unterstützen soll. Kurz lenkt die Aufmerksamkeit dann jedoch behände auf den Ministerpräsidenten. Er bedankt sich beim "lieben Markus" für die "gute Kooperation", er gratuliert dazu, "wie Bayern dasteht". Der Freistaat sei ein "stabiles Land, gut geführt, sehr erfolgreich". Unten im Publikum lächelt Söder zufrieden - zu einer ähnlichen Bilanz seiner ersten sieben Monate im Amt wäre er auch gekommen.

Als Söder am 18. April dieses Jahres seine erste Regierungserklärung hält, sehen die Menschen, welche Art Ministerpräsident da auf sie zukommt: Hundert Einzelprojekte stellt Söder vor, von A (wie Artenschutzzentrum) bis Z (wie Zukunftstechnologien), für jeden etwas. Es ist ein kostspieliger Bauchladen, den Söder da öffnet. Die Politik, die ihn an die Spitze des Freistaats gebracht hat, setzt er dort mit ähnlichen Mitteln fort. Söder will Macher sein und Kämpfer, Modernisierer und innenpolitischer Hardliner, aber auch Traditionsbewahrer und bayerischer Seelenstreichler - eine Mischung aus seinen Vorgängern Edmund Stoiber und Horst Seehofer.

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Das gelingt nur mäßig. Wie schon als Minister hetzt Söder von Termin zu Termin, alles Regierungshandeln schneidet er auf eine Person zu: sich selbst. Söder pflügt durchs Land, als stünde in der Verfassung, ein neuer Ministerpräsident müsse jedem Bürger in den ersten sechs Monaten die Hand schütteln. Freunde raten ihm, er solle sich Zeit nehmen. Lieber ein Termin weniger, dafür ausführlicher mit Menschen sprechen. Nahezu täglich verkündet Söder eine neue millionenschwere Maßnahme. Es ist wie ein Feuerwerk, bei dem alle Sekunden eine weitere Rakete in den Himmel steigt. Die geblendeten Zuschauer nehmen sie nicht mehr wahr.

Die Vergangenheit und sein Image holen Söder ein

Söder setzt soziale Akzente, ebenfalls mit viel Geld: Ein bayerisches Baukindergeld gibt es, 1000 Euro Pflegegeld und ein Familiengeld, das ausgerechnet die Sozialdemokraten kritisieren. Söder bedient alle und jeden, die milliardenschweren Ausgaben würden auf Dauer selbst das reiche Bayern herausfordern. Schwerpunkte seines Programms sind umstritten, die Vergangenheit und sein Image holen ihn ein. Söder will Wohnraum schaffen und muss sich vorwerfen lassen, als Finanzminister nicht gegen den Verkauf einer staatlichen Wohnbaugesellschaft gekämpft zu haben. Er lässt in Behörden Kreuze aufhängen, was sogar die Kirchen spaltet. Er führt eine Grenzpolizei und ein schärferes Polizeigesetz ein, Tausende Demonstranten gehen dagegen auf die Straße. Söder will Landesvater sein, aber er polarisiert - vor allem im Sommer, als er an Seehofers Seite im Kampf gegen Angela Merkels Flüchtlingspolitik ein "Endspiel der Glaubwürdigkeit" ausruft. Von den Parteifreunden im Bund hat er sich inzwischen distanziert. Die Affäre um Hans-Georg Maaßen, der Streit um die Nachrüstung bei Diesel-Fahrzeugen - Berlin ist für Söder Belastung und Grund für den Absturz.

Im Wahlkampf wirbt er nicht zu Unrecht mit Bayerns Erfolgen. Aber Wahlen in unruhigen Zeiten werden nicht durch Leistungsbilanzen entschieden, sondern durch Vertrauen - siehe Winfried Kretschmann und Malu Dreyer, siehe Annegret Kramp-Karrenbauer und Stephan Weil. Söder hat das gemerkt. Seit Wochen gibt er sich betont demütig, er sagt, er lerne täglich dazu. Doch seine Beliebtheitswerte liegen weit unter denen seiner Vorgänger.

© SZ vom 13.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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