Landtag:Freie Wähler werfen CSU-Politikern Selbstdarstellung vor

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"Inszenierung ohne Ende": Michael Piazolo von den Freien Wählern wirft einigen Ministern großen Drang zur Selbstdarstellung vor. (Foto: Robert Haas)
  • Die Freien Wähler werfen der bayerischen Staatsregierung vor: Viel zu oft komme Show vor Inhalt. Einige CSU-Politiker würden ihre Beamtenposten nutzen, um sich persönlich zu profilieren.
  • Die Partei trägt den Vorwurf sehr moderat vor und will ihn auch im Landtag einreichen: in Form eines Katalogs mit 240 Fragen.
  • Die CSU reagiert auf die Vorwürfe milde bis gar nicht.

Von Lisa Schnell, München

Er sehe keinen Skandal und ganz bestimmt wolle er das, was kein Skandal ist, auch nicht skandalisieren. Das wiederholt Michael Piazolo von den Freien Wählern (FW) so oft, dass sich einige Journalisten fragen, warum sie überhaupt zu dieser Pressekonferenz gekommen sind. Piazolo ist generell unskandalös und eher leise unterwegs. Und damit genau der richtige Mann für diesen Termin, bei dem auf keinen Fall der Eindruck entstehen sollte, dass eine Mücke zum Elefanten aufgeblasen wird - nur um den Journalisten eine gute Show zu bieten.

Denn genau das werfen die FW der Staatsregierung vor: Show statt Inhalt. Die Pressearbeit der Staatsregierung diene immer mehr der persönlichen Selbstdarstellung ihrer Minister und müsste dringend überprüft werden, sagt Piazolo. Einen bescheidenen Katalog von etwa 240 Fragen an die Staatsregierung werden die FW deshalb am Dienstag im Plenum einreichen. Vor allem die Pressearbeit von drei Ministern ist ihnen aufgefallen. Offiziell sind sie Finanz-, Wirtschafts- und Innenminister, inoffiziell, so vermuten die FW, gehe es Markus Söder, Ilse Aigner und Joachim Herrmann aber nur um eines: beim Rennen um die Nachfolge von Ministerpräsident Horst Seehofer die Nase vorne zu haben. Jede Chance auf Aufmerksamkeit werde da genutzt.

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Die Beweisführung zu dieser These folgt zugleich und führt zu einer etwas ungewöhnlichen Szene. An die Wand werfen die Freien Wähler die schönsten Bilder ihrer politischen Konkurrenz: Söder in der Gondel, Seehofer im CSU-Werbespot, Aigner beim Filmpreis. Kurz könnte man meinen, beim Diaabend der CSU-Weihnachtsfeier gelandet zu sein. Aber nein, Piazolo setzt zur Analyse an. Das Heimatministerium informierte über ein neues Freizeitangebot im Nymphenburger Schlosspark, eine Gondelfahrt, "nicht mehr und nicht weniger", sagt Piazolo. Söder aber kredenzte eine "Inszenierung ohne Ende", so Piazolo.

Vor ihm in der Gondel drängten sich die Fotografen. "Da sind Auftritt und Inhalt in keinem Verhältnis mehr", sagt Piazolo. Mal inszeniere sich Söder "majestätisch" in der Gondel, mal als "huldvoller Herrscher" beim Maibockanstich oder als "Kapitän" auf dem Starnberger See. Der Selbstvermarktung würden auch die Heimatempfänge des Ministers landauf landab dienen. Noch problematischer aber findet Piazolo, dass die Grenzen zwischen Finanzminister Söder und CSU-Politiker Söder verschwimmen. Denn wer die Homepage von Söder sucht, wird sofort auf die Seite des Finanzministeriums weitergeleitet.

Akute Aufmerksamkeitsgier attestierte Piazolo auch Wirtschaftsministerin Aigner. Was dem Söder der Förderbescheid ist der Aigner die Preisverleihung, so die Analyse der FW, die im Wirtschaftsministerium nicht geteilt wird. Kein einziger Preis sei unter Aigner hinzugekommen. Das Finanzministerium weist darauf hin, dass auch die FW gerne Gast bei den Heimatempfängen sind. Söder selbst bemerkte schon, dass ihm Oppositionspolitiker nicht selten vor die Füße springen, um auch noch aufs Bild zu kommen.

Und die Gondel? Reine Information, keine Selbstdarstellung. Dass Innenminister Herrmann überhaupt weiß, was dieses Wort bedeutet, darf bezweifelt werden. Den FW aber ist er zu präsent auf der Seite seines Ministeriums. "Völlig legitim" sei das, schließlich sei Herrmann der Kopf des Ministeriums, heißt es von dort. Auch Seehofer kritisiert Piazolo: Diese "improvisierten Pressekonferenzen" vor dem Plenum - "muss das sein?"

Gut, vielleicht sei man "päpstlicher als der Papst", vielleicht, na, eigentlich, ganz sicher würde FW-Vorsitzender Hubert Aiwanger auch stehenbleiben, wenn Journalisten ihn umlagern. Und ja, "selbstverständlich darf Herr Söder in eine Gondel steigen", sagt Piazolo. Damit es aber nicht ausartet, solle die Staatsregierung sich selbst Regeln geben. Falls sie selbst als kleiner Koalitionspartner in der nächsten Regierung sitzen sollten, würden die Freien Wähler sich daran auch halten, versichert Piazolo. Alles andere wäre ja auch ein Skandal.

© SZ vom 24.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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