Vorfall im Parlament:Rechtsextremisten feiern mit der AfD im Landtag

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Der Ort, an dem die Parteien bei der Landtagswahl möglichst viele der Ihrigen unterbringen möchte: der bayerische Landtag. (Foto: Robert Haas)

Auf Einladung von Abgeordneten sind Gäste im Hohen Haus, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Außerdem sollen die Burschenschafter rassistische Gesten gezeigt haben. Nun ist die Aufregung groß - aber lässt sich etwas tun gegen solche Besuche?

Von Andreas Glas und Johann Osel

Die Einladung von rechtsextremen Burschenschaftern und Aktivisten in den bayerischen Landtag durch Abgeordnete der AfD löst Wirbel im politischen München aus. Nach einem Bericht des Bayerischen Rundfunks befanden sich bei einer Veranstaltung in der Gaststätte des Parlaments vergangene Woche unter den gut 50 Gästen Mitglieder der Identitären Bewegung (IB) und der Burschenschaft Danubia München. Beide werden vom Landesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft und beobachtet.

Ein Foto eines anwesenden Reporters belegt, wie zwei Männer bei dem Festabend die sogenannte White-Power-Geste zeigen, bei der Daumen und Zeigefinger zu einem Kreis gebildet und die anderen Finger abgespreizt sind. Die W-P-Geste gilt in der Neonazi-Szene als Symbol für "weiße Macht" beziehungsweise die Vorherrschaft der weißen Rasse. Rechtsextremisten feiern im Hohen Haus, dem Ort der Demokratie in Bayern?

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Die Abgeordneten Christoph Maier und Ferdinand Mang, die beide dem Lager des formal aufgelösten völkischen "Flügels" zugerechnet werden, hatten zu dem Abend eingeladen, nicht die AfD-Fraktion selbst. Zu Gast waren auch der Bundespräsidentenkandidat der FPÖ in Österreich, Walter Rosenkranz, sowie Vertreter verschiedener Studentenverbindungen. Es gab eine Führung durchs Haus und eine "Festkneipe", ein Ritual aus Trinken, Reden und Liedern. Die Szene der Burschenschaften an sich ist vielfältig, nicht zwangsläufig rechtsextremistisch. Sehr wohl ist dies aber die Danubia.

Ihre rund zehnköpfige Aktivitas, also die derzeit studierenden Mitglieder, führt der Verfassungsschutzbericht unter "sonstige rechtsextremistische Organisationen". In den Konzepten der Identitären Bewegung wiederum sieht das Landesamt Analogien zur "Blut- und Boden-Ideologie des Nationalsozialismus". Danubia und IB in Bayern weisen nach Recherchen der Süddeutschen Zeitung personelle Überschneidungen auf.

Ein Journalist berichtete, bedrängt worden zu sein

Die Landtagsverwaltung teilte mit, nach der Anmeldung des Termins durch Maier habe man "für eine Verstärkung der polizeilichen Präsenz im Haus bis in die Nacht hinein gesorgt". Bis etwa halb elf sei alles ruhig gewesen, kurz darauf habe ein Journalist von einer Bedrängung durch Gäste berichtet: Gemeinsam mit einem Polizisten habe man die Situation zunächst und "insbesondere die Gäste darüber aufgeklärt, dass keinerlei Verhinderung der journalistischen Tätigkeit erfolgen darf". Es sei später eine Strafanzeige gegen unbekannt wegen Nötigung gestellt worden. Der Reporter hatte auch die rassistische Geste fotografiert. Man kann die Buchstaben W und P aus ihr herauslesen, White Power - aber auch klassischerweise O und K, okay. Eine Gratwanderung, zumal wenn man provozieren möchte.

"So sehr ich gegen antidemokratische Gesinnungen kämpfe und so schwer es mir persönlich fällt: Das verfassungsmäßig geschützte Recht auf freies Mandat beinhaltet eben auch, dass Abgeordnete Besucher ihrer Wahl im Landtag empfangen dürfen", teilte Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) mit. Man sei "ein offenes Haus für die Bürgerinnen und Bürger Bayerns". Um die Sicherheit zu gewährleisten, würden Besucher "deshalb zwar einem Sicherheitscheck unterzogen - nicht aber einer Gesinnungsprüfung". Sie habe AfD-Mann Maier schon im Vorfeld gewarnt, dass sie einen nicht störungsfreien Ablauf nicht hinnehmen werde. "Genau das ist nun passiert, deshalb werde ich prüfen, inwiefern ich derartige Veranstaltungen künftig untersagen kann."

Maier teilte der SZ mit, ein Abgleich der Teilnehmer mit Beobachtungsobjekten des Verfassungsschutzes sei "nicht angezeigt, da der Bayerische Landtag als ,Ort der Demokratie' dem demokratischen Meinungsaustausch dient". Zu der mutmaßlichen Nötigung des Journalisten könne er "mangels gesicherter Erkenntnisse" keine Angaben machen, er habe davon erst durch die Berichterstattung erfahren.

Der Rechtsextremismus-Experte der SPD, Florian Ritter, forderte, der AfD Publikumsveranstaltungen im Landtag zu untersagen. Auf Twitter schrieb er, es sei "nicht hinnehmbar, dass die AfD Verfassungsfeinde in den Landtag Bayern einlädt und hier faschistische Symbole gezeigt werden". Auch die AfD-Fraktion, so Ritter, müsse vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Das Landesamt hatte drei AfD-Abgeordnete als Einzelpersonen im Wahlkampf und zu Beginn des Mandats 2018 beobachtet. Dies wurde dann jedoch bald eingestellt - wegen der hohen Hürden zum Schutz des freien Mandats, wie sie das Bundesverfassungsgericht 2013 festgelegt hat.

Der Vorfall passe zu "einer langen Reihe parlamentarischer Dammbrüche", heißt es bei den Freien Wählern

Fabian Mehring, der parlamentarische Geschäftsführer der Freien Wähler, sagte: "Dass die AfD gezielt rechte Zündler ins Maximilianeum lädt, um dort mit Extremisten Hof zu halten, zeigt wes Geistes Kind diese parlamentarische Gurkentruppe ist." Das passe zu "einer langen Reihe parlamentarischer Dammbrüche", "die Feinde unserer Verfassung" seien "ins Innerste unserer Demokratie eingedrungen". Den FW war zuletzt nach der umstrittenen Demo-Rede von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger in Erding mangelnde Abgrenzung zur AfD vorgeworfen worden.

Die AfD, so Mehring, müsse in Gänze vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Auch schlage er vor, dass die Landtagspräsidentin künftig "von ihrem Hausrecht Gebrauch macht und alle Personen per se vom Zutritt zum Landtag ausschließt, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden". Dem Vernehmen nach soll das rechtlich aber schwierig sein.

Ein Sprecher der AfD im Landtag bestätigte auf Nachfrage der SZ lediglich, dass es sich um keine Fraktionsveranstaltung gehandelt habe - und man deshalb auch "kein öffentliches Statement abgeben" könne. In AfD-Kreisen hieß es am Dienstag außerdem schnippisch, es sei gar nicht klar, wer bei dem Vorfall wen gestört und genötigt habe; womöglich würden "Kleinigkeiten aufgebauscht". Und vielleicht hätten die Personen mit der Geste ja nur "alles okay" signalisieren wollen.

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