Tierschutz:Bayerns Tierheime klagen über zu wenig Unterstützung

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Für Katzen und Hunde gibt es immer häufiger Aufnahmestopps oder Wartelisten in Bayerns Tierheimen. (Foto: Leonhard Simon/Leonhard Simon)

Überfüllung, Personal am Anschlag, zu wenig Geld - die Einrichtungen sind am Limit, auch finanziell. Grüne und SPD im Landtag kritisieren, dass künftig an der ohnehin nicht üppigen Förderung des Freistaats gekürzt werde.

Von Johann Osel, München/Freilassing

Zehn junge Malteser-Pudel-Mischlinge, "Designerhunde" aus einer Hinterhofzüchtung in Ungarn; dazu zwei Zwergspitze, zwei französische Bulldoggen, weitere Welpen - Christine von Hake, Leiterin des Tierheims in Freilassing an der Grenze zu Salzburg, zählt auf. Und kommt auf gut 20 Schmuggeltiere für den illegalen Handel, die alleine schon dieses Jahr von der Bundespolizei sichergestellt wurden und im Tierheim landeten. Mehr Fundtiere gibt es ohnehin, fast überall in Bayern. Und zuletzt auch viele "Corona-Haustiere" - die in Lockdowns mit viel Zeit daheim gefragt waren, inzwischen aber nicht mehr erwünscht oder zu teuer im Unterhalt geworden sind.

Überfüllung, Personal am Anschlag, zu wenig Geld - immer häufiger gibt es inzwischen Aufnahmestopps oder Wartelisten für Hunde und auch Katzen, wie der bayerische Landesverband im Deutschen Tierschutzbund bestätigt. Die unter dem Dach organisierten 85 Einrichtungen helfen einander, prüfen, wo es noch Kapazitäten gibt; aber häufig ohne Erfolg, berichtet Präsidentin Ilona Wojahn, die den Quellenhof Passbrunn im Landkreis Dingolfing-Landau leitet. Zugleich steige die Verweildauer vor allem von Hunden, oft wegen Krankheit oder Verhaltensauffälligkeiten. Das schmälere auch die Chance auf Weitervermittlung. Und es fehlt am Geld. Die kommunalen Pauschalen für Fundtiere seien "nie im Leben kostendeckend", sagt die Freilassinger Tierschützerin Hake. Und sonstige Förderung? Quasi Fehlanzeige, "wir machen staatliche Arbeit und kriegen praktisch nichts dafür."

Tut der Freistaat genug? Die Frage werfen nun die Grünen auf. Bei den Haushaltsverhandlungen im Landtag wird am Dienstag der Einzelplan des Umweltministeriums im Ausschuss diskutiert. Für Tierheime gibt es einen Investitionstopf von 1,3 Millionen Euro im Jahr, der laut Planung etwa gleich bleibt, trotz Inflation. Und es gibt eine Förderlinie für laufende Kosten, bisher 500 000 Euro im Jahr, vorgesehen sind jetzt nur 300 000. Paul Knoblach, Sprecher der Grünen für Tierwohl, hält den Ansatz von CSU und Freien Wählern für "weder mit dem Tierschutz vereinbar noch mit dem offenbar falschen Versprechen, das Ehrenamt stärken zu wollen". Es drohe ein "Ausbluten". Auch die SPD fordert in einem Antrag die Rücknahme der Kürzung, dafür eine Aufstockung. Die Summe, so schreibt die SPD-Fraktion, stelle "geradezu einen Affront" gegen die vielen engagierten Tierschützer dar.

Die Staatsregierung plane keine Kürzung, entgegnet ein Sprecher des Umweltministeriums auf Anfrage der SZ. Ziel sei es, "auch im Jahr 2024 ausreichend Mittel für die Tierheimförderung" bereitzustellen. 2023 seien zusätzlich zu den regulären Mitteln Ausgabenreste aus dem Vorjahr sowie einmalig Geld aus sogenannten Fraktionsinitiativen dazu gekommen. Insgesamt sei von rund zwei Millionen Euro zu sprechen. Und solche Reste könne es auch künftig geben. Umweltminister Thorsten Glauber (FW) teilt zudem mit, die finanzielle Unterstützung von Tierheimen "ist uns ein wichtiges Anliegen", die Förderkonditionen seien zuletzt verbessert worden. Er danke den mit großem Einsatz im Tierschutz engagierten Menschen.

Tatsächlich gab es zuletzt Ausgabenreste, der Haushaltsansatz wurde also nicht ausgeschöpft. Die Opposition macht als Grund aber nicht fehlenden Bedarf aus, sondern abschreckende Hürden und komplizierte Formulare. Voriges Jahr hatte das Ministerium dem Landtag einen Bericht zugestellt: 2022 wollten Tierheime 41 Mal eine Förderung, für Baumaßnahmen, Ausstattung, Tiervermittlung und Kastrationen. Nur 31 Mal erfolgte ein Zuschlag. Auch Christine von Hake beklagt die Bürokratie; so müsse man sich etwa selbst bei kleineren Bedarfen "komplett nackig machen" als Antragssteller.

Tierschutzbund-Landeschefin Wojahn sagt, die Förderung sei an sich schon "nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Und der wird noch gekürzt". Sie wünscht sich eine Grundfinanzierung, eine landesweite Regelung, die "für den Tierschutz kein Zuschussgeschäft" sei. Futterpreise, Energie- und Tierarztkosten treiben viele Heime um. Generell finanzieren sie sich über Flickwerk-Etats, mit denen sich schlecht planen lässt. Spenden sind eine große Säule, aber eine volatile. In Freilassing profitiert man von einer Erbschaft, das ist für Heime mitunter die Rettung vor dem Aus oder der Glücksfall für nötige Sanierungen; vielerorts sind die Gebäude in die Jahre gekommen. Hinzu kommen Pauschalen für Fundtiere von den Kommunen, laut Tierschutzbund zu niedrig bemessen. Für Schmuggeltiere wie in Freilassing gibt es 15 Euro pro Tier und Tag. Nicht genug für den "immensen Aufwand", findet Hake, es gehe oft um Hundebabys, die in Quarantäne müssen, die viel Betreuung und Pflege benötigen.

Wer privat Tiere abgibt, hat eine Gebühr und gewisse Kosten zu tragen. Die Erfahrung in Freilassing: Nur gut die Hälfte zahlt wirklich. Man nimmt die Tiere dann in der Regel trotzdem auf, bevor sie ausgesetzt werden, herumstreunen und völlig verstört doch im Tierheim landen. Offenbar gibt es schon derart häufig Aufnahmestopps in Bayern, dass in Freilassing Anrufe sogar aus Nordbayern kommen - ob denn bei ihnen noch was frei sei.

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