Kabinettsumbildung in Bayern:Söders neue Minister - wer rausgeflogen ist, wer drin ist

Lesezeit: 5 min

Ministerpräsident Söder hat der CSU-Fraktion Handy-Verbot während der Sitzung erteilt - und es so geschafft, dass die Namen der neuen Ministerinnen und Minister wirklich geheim blieben. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Markus Blume wird Wissenschaftsminister, Stephan Mayer neuer CSU-Generalsekretär. Landrat Christian Bernreiter übernimmt das Bauministerium. Die neuen Namen im Überblick.

Von Katja Auer, Andreas Glas, Matthias Köpf und Olaf Przybilla

Bayerns Ministerpräsident stellt sein neues Kabinett vor und Änderungen in der Partei - wer muss gehen, wer darf bleiben? Die Namen im Überblick:

  • Für Wissenschaftsminister Bernd Sibler kommt der bisherige Generalsekretär Markus Blume.
  • Dessen Amt übernimmt der Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer.
  • Die Landtagsabgeordnete Tanja Schorer-Dremel wird stellvertretende Generalsekretärin, der bisherige Amtsinhaber Florian Hahn, MdB, soll der erste internationale Sekretär der CSU werden.
  • Das Amt als Bau- und Verkehrsminister übernimmt der bisherige Landrat von Deggendorf, Christian Bernreiter, und löst damit Kerstin Schreyer ab.
  • Sozialministerin Carolina Trautner wird durch die frühere Umweltministerin Ulrike Scharf ersetzt.
  • Sandro Kirchner wird neuer Staatssekretär im Innenministerium und löst damit Gerhard Eck ab.

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Um 13 Uhr will Söder seine neuen Minister dem Landtag vorstellen und diese dort dann auch offiziell ernennen lassen. Neue Minister müssten dann noch vereidigt werden. Wer bereits Mitglied des Kabinetts ist, muss nicht erneut den Eid sprechen. Der Generalsekretär wird nicht vereidigt, dabei handelt es sich um ein Parteiamt.

Wer sind die Neuen?

Wissenschaftsminister: Markus Blume

Markus Blume wechselt von der CSU-Parteizentrale ins Wissenschaftsministerium. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Dass CSU-Chef Söder seinen bisherigen Generalsekretär zum Minister befördert, war eine Frage der Zeit. Dass dies ausgerechnet jetzt passiert, gut eineinhalb Jahre vor der nächsten Landtagswahl, halten manche für ein Wagnis, da Söder nun auf die Erfahrung verzichtet, die Blume als Organisator mehrerer Wahlen gesammelt hat. Andere finden seinen Austausch überfällig, da die Wahlen der jüngeren CSU-Geschichte ziemlich unerfreulich ausfielen. Im Kabinett ersetzt der Münchner den Niederbayern Bernd Sibler als Minister für Wissenschaft und Kunst.

Von Blume verspricht sich Söder mehr Strahlkraft für seine Hightech-Herzensthemen. Durch seine Zeit als Generalsekretär bringt der 47-Jährige politisches Verkaufstalent mit, beherrscht die Sprache der Bilder und das Spiel mit Öffentlichkeit und Medien - alles wichtige Kriterien für Söder, der selbst Meister in diesen Disziplinen ist. Schon seit er 2008 in den Landtag einzog, gilt Blume als Mann mit intellektueller Substanz. Durch eine besondere Nähe zur Hochkultur ist er bislang aber nicht aufgefallen.

Staatssekretär im Innenministerium: Sandro Kirchner

Ein überraschendes neues Gesicht im Kabinett ist Sandro Kirchner, der im neuen Ministerrat Gerhard Eck ersetzen soll, den bisherigen Staatssekretär im Innenministerium und amtierenden CSU-Bezirksvorsitzenden in Unterfranken. Auch der studierte Diplom-Ingenieur stammt aus Unterfranken und zwar aus dem Landkreis Bad Kissingen. Dort war er 2008 zum Zweiten Bürgermeister der Marktgemeinde Burkardroth gewählt worden, 2013 zog er erstmals in den Landtag ein. Dort profilierte sich Kirchner als Wirtschaftspolitiker.

Für das Innenressort kann der 46-Jährige bislang keine Expertise aufweisen, aber das habe Eck bei Dienstantritt als Innenstaatssekretär ebenfalls nicht gehabt, erklärte Söder bei der Vorstellung der Personalie. Eck habe angekündigt, für den kommenden Landtag nicht mehr kandidieren zu wollen, insofern sei der Wechsel notwendig gewesen, sagte Söder. Im Fußball würde man wohl von einem positionsgetreuen Wechsel sprechen: Staatssekretär, männlich und aus Unterfranken unter Joachim Herrmann wird durch Staatssekretär, männlich aus Unterfranken ersetzt. Die Hoffnungen der ebenfalls gehandelten Landtagsabgeordneten Barbara Becker aus dem unterfränkischen Landkreis Kitzingen haben sich damit zerschlagen.

Bauminister: Christian Bernreiter

Christian Bernreiter (CSU), seit Februar 2022 Bayerischer Verkehrsminister. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Christian Bernreiter war schon bei vielen Kabinettsumbildungen als Kandidat im Gespräch, aber bislang hatte er keine Lust, seinen Posten als Landrat von Deggendorf aufzugeben. Am Mittwoch nun ließ er sich von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) seine Ernennungsurkunde in die Hand drücken: Bauminister. Daheim ist ein Landrat ein kleiner König, in München ist ein Minister einer von mehreren, dem Ministerpräsidenten unterstellt. Allein diese Ausgangslage macht die Personalie Bernreiter enorm spannend.

Christian Bernreiter, 57, geboren in Straubing, Abitur in Deggendorf, Maschinenbaustudium in München, bis zur Kommunalwahl 2002 Stahlbauunternehmer in Hengersberg. Seitdem war er Landrat, zuletzt wurde er mit knapp 70 Prozent wiedergewählt. Im Sommer 2014 wurde Bernreiter außerdem zum Präsidenten des Deutschen Landkreistages gewählt - und ist es bis zuletzt geblieben.

Bernreiter hat sich als Krisenmanager einen Namen gemacht, als Anpacker. Zuerst beim Jahrhunderthochwasser 2013, das Deggendorf besonders hart traf. Dann im Sommer 2015, als die Flüchtlinge zu Hunderttausenden die Grenze nach Niederbayern überquerten. Er ließ daheim Zelte und Feldbetten aufstellen und drängte in Berlin, bei Angela Merkel (CDU) im Kanzleramt, auf Unterstützung. Nun muss Bernreiter helfen, die Krise der CSU zu managen.

Ein Zentrum dieser Krise liegt in Niederbayern, Bernreiters Heimat, wo die CSU auch bei der Bundestagswahl 2021 viele Stimmen verloren hat. Vor allem an die Freien Wähler. Viele in der CSU führen das darauf zurück, dass Hubert Aiwanger, ebenfalls Niederbayer, in seinem Heimatbezirk besonders populär ist. Mit Bernreiter kann Söder dort im Landtagswahlkampf eine ebenfalls populäre Figur aufbieten, die einen ähnlich ausgeprägten Dialekt spricht.

Trotzdem hat es einige überrascht, dass Söder sich einen wie Bernreiter ins Kabinett holt. Denn der war nicht immer parteilinientreu, ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein bringt er obendrein mit. "Der wird seine eigene Agenda durchsetzen", auch gegen Söder, prognostiziert ein Mitglied der CSU-Fraktion. "Ich hätte mir den nicht ans Bein gebunden."

Sozialministerin: Ulrike Scharf

Ulrike Scharf auf ihrem Weg zu Fraktionssitzung - für sie war es ein guter Termin. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Ulrike Scharf ist eine Rückkehrerin ins bayerische Kabinett. Ministerpräsident Horst Seehofer hatte sie 2014 zur Ministerin für Umwelt und Verbraucherschutz gemacht, Söder berief sie 2018 - auf Drängen der Fraktionsspitze - nicht erneut. Das hat sie getroffen, denn sie hatte sich Anerkennung verschafft in der Umweltpolitik. Und so habe sie nun "mit einem breiten Lächeln" die Nachricht empfangen, dass sie wieder dabei ist, wenn auch als Sozialministerin. Die 54-Jährige aus dem Landkreis Erding folgt auf Carolina Trautner. Ihr gehe es nun darum, "den Zusammenhalt der Gesellschaft, das Soziale, in den Mittelpunkt zu stellen".

Scharf schmollte nicht nach ihrem Kabinetts-Aus 2018, sondern machte weiter. Das hat Söder offenbar imponiert. Seit zweieinhalb Jahren ist sie Vorsitzende der Frauenunion und hat sich in dieser Funktion neu profiliert. Sie gehört zu denen, denen nach endlosen Diskussionen und viel Geduld eben diese langsam ausgeht, wenn es um die Rolle von Frauen in der CSU geht. Notfalls fordert sie eine strengere Quote, wenn es nicht endlich gelingt, die Wahllisten paritätisch zu besetzen.

Ein kleine Ironie bei ihrer Berufung ist, dass sie nun einem Kabinett angehört, das nicht mehr paritätisch besetzt ist. Söder ist abgewichen von seiner eigenen Maßgabe, ebenso viele Ministerinnen wie Minister zu haben.

CSU-Generalsekretär: Stephan Mayer

Stephan Mayer ist nun neuer CSU-Generalsekretär. (Foto: Marius Becker/dpa)

Der designierte CSU-Generalsekretär Stephan Mayer wird die Herausforderung haben, einen erfolgreichen Wahlkampf zu organisieren. Im Herbst 2023 steht die bayerische Landtagswahl bevor und die Umfragen für die CSU fielen zuletzt nicht gerade positiv aus - die Werten lagen um die 35 bis 36 Prozent und damit noch hinter dem schlechten Ergebnis der Wahl 2018.

Mayer war von 2018 bis zur Bundestagswahl im vergangenen Herbst Parlamentarischer Staatsekretär im Bundesinnenministerium von Horst Seehofer. Der 48-jährige Jurist und Rechtsanwalt ist ein erfahrener Talkshow-Gast, im Bundestag sitzt Mayer seit 2002, als direkt gewählter Abgeordneter für den Wahlkreis Altötting-Mühldorf. Zuletzt wählte der Deutsche Olympische Sportbund den sportpolitischen Sprecher der Unionsfraktion zum seinem Vizepräsidenten, doch die neue Ampel-Regierung verwehrte Mayer im Januar den Amtsantritt mit Verweis auf eine zwölfmonatige Karenzzeit nach seinem Ausscheiden aus dem Ministerium. Später gab Mayer das Amt zurück.

Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder betont unter anderem die Verankerung des neuen Generalsekretärs in der Lokalpolitik. Mayer ist seit 1996 Stadtrat in Neuötting und Kreisrat im Landkreis Altötting, seit 2002 ist er dort auch stellvertretender Vorsitzender der CSU-Kreistagsfraktion. Parteiintern ist Mayer in seinem Wahlkreis absolut unangefochten. Als Direktkandidat kam er bei der Bundestagswahl 2013 als bayerischer Stimmenkönig fast auf eine Zwei-Drittel-Mehrheit, im vergangenen Herbst lag er mit 54,5 Prozent der Erststimmen immer noch gut zehn Prozentpunkte über dem dortigen Zweitstimmenergebnis seiner Partei.

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