Bayern und Tschechien:Die Beziehungen sind "eng und schwierig"

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Auf der Suche nach Nahrung wurde der Söder in einer Wurstbraterei in Regensburg erwischt. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Tschechiens Ministerpräsident Fiala ist zu Gast beim bayerischen Kabinett, es ist eine Premiere. Sie seien "ziemlich beste Freunde", sagt Söder. An diesem Tag soll es mehr um die Zukunft gehen als um die Vergangenheit.

Von Deniz Aykanat, Regensburg

Kurz bevor es losgeht, scheucht ein Motorradpolizist mit aufheulendem Motor noch schnell zwei Fußgänger über die Straße an der Eisernen Brücke, die offenbar ein bisschen zu gemütlich am Donauufer entlang schlenderten. Dann wird es staatstragend. Wie angeknipst kreist plötzlich ein Hubschrauber über den Köpfen von Dutzenden Journalisten und Fotografen, die am Eingang des Hauses der Bayerischen Geschichte in Regensburg auf Tschechiens Ministerpräsidenten Petr Fiala warten.

Der andere Ministerpräsident, Markus Söder (CSU), steht auf einem roten Teppich bereit, um seinen Gast in Empfang zu nehmen, zusammen mit Regensburgs Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer (SPD). Gefühlt ist Söder zurzeit ständig in Regensburg. Tatsächlich hatten die beiden vor nicht einmal zwei Wochen das Vergnügen, als Söder hier verkündete, dass Regensburg ein Staatstheater bekommt.

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Um die bayerisch-tschechischen Beziehungen zu vertiefen, ist die Stadt ebenfalls ein geeigneter Ort. Nicht nur, weil dort nun die bayerisch-tschechische Landesausstellung "Barock! Bayern und Böhmen" im Museum der Bayerischen Geschichte eröffnet wird, die bis Oktober in Regensburg zu sehen sein wird und dann nach Prag zieht. Südböhmen und die angrenzenden niederbayerischen und oberpfälzischen Landkreise arbeiten seit Langem partnerschaftlich zusammen. Tschechien ist für Bayern der fünftgrößte Handelspartner.

In Regensburg wird die Beziehung mit einem durchgetakteten Tag vertieft: Fiala fährt mit seiner Staatskarosse vor, Autotür auf, Autotür zu, Männer lächeln sich an, Hände werden geschüttelt. Fotografen und Kameraleute drängeln zu einem antiken Schreibtisch, auf dem das Gästebuch der Staatsregierung bereit liegt. Es hilft, dass das Wetter wirklich gut ist. Keine Spur vom berühmten Regensburger Nebel. Neben Tisch und Buch warten aufgereiht Söders Ministerinnen und Minister.

Aber die Herren (und ein paar Damen) sind ja nicht nur zum Spaß hier. Fiala trägt sich in das goldene Buch ein, dann schüttelt er sich durch 17 Hände, begleitet von Söder, der ihm erklärt, wen er da gerade jeweils vor sich hat.

Damit endet der öffentliche Teil zunächst. Es geht zum Arbeiten ins Foyer des Museums, die Kabinettssitzung findet zu Füßen des Löwenbräu-Löwen statt unter dem Rautendach, weiß-blau überwölbt sozusagen, mehr Bayern geht nicht.

Als Söder und Fiala für eine Pressekonferenz wieder aus der Zauberkugel heraustreten, ist die Stimmung immer noch gut, obwohl es jetzt ans Eingemachte geht. Ein historischer Tag sei das, sagt Söder. Zum ersten Mal sei ein Ministerpräsident aus Tschechien zu Gast in einer Kabinettssitzung. Man sei "eng und schwierig" miteinander verbunden durch eine Vergangenheit von Greueltaten, Krieg und Grenzziehungen. "Aber heute sind wir ziemlich beste Freunde", sagt Söder. "Wir schauen nicht mehr auf die Vergangenheit, sondern auf Gegenwart und Zukunft", pflichtet ihm Fiala bei.

Die Beziehungen zwischen Bayern und Tschechien gelten als gut, doch wie das eben so ist mit Beziehungen: Man muss sie pflegen. Die Corona-Pandemie hatte das eindrücklich gezeigt, als plötzlich wieder Grenzen hochgezogen wurden, gegenseitiges Misstrauen herrschte, während gleichzeitig die Grenzpendler ("22 000 täglich allein aus Tschechien", weiß Söder) zeigten, wie eng Ostbayern und Böhmen verknüpft sind. Und auch keine Diskussion über die marode deutsche Bahn-Infrastruktur kommt ohne die berüchtigte München-Prag-Strecke aus, die dringend elektrifiziert gehört. "Es ist echt schwierig, wie zäh das vorangeht", sagt Söder.

Schülerinnen brüllen vom Donaudampfer herüber

Angesprochen auf das Ende der Kernenergie in Deutschland, wiederholt er, was er seit Wochen sagt: "Es ist ein schwerer Fehler, den Deutschland macht. Wir werden noch froh sein, dass Tschechien weiter Atomstrom produziert und auch nach Deutschland liefert." Ob das die grenznahen niederbayerischen und oberpfälzischen Gemeinden auch so sehen, die angesichts geplanter neuer Reaktoren in Südböhmen zuletzt nicht ganz so euphorisch waren?

Für eine Erörterung bleibt keine Zeit mehr, denn es geht gleich weiter zur historischen Wurstkuchl (zu Deutsch: Wurstküche) an der Steinernen Brücke. Auf dem Weg dorthin baden beide ein bisschen in der Menge. Zwei junge Männer wurschteln sich an den Securities vorbei und bitten Söder um ein Selfie. Na klar doch. Dann fährt ein Donaudampfer vorbei, von dem eine Schulklasse herüberbrüllt und klatscht. Das wirkt so, als hätte es Söders PR-Abteilung eigens als Tagesordnungspunkt festgelegt. Wirkt aber nur so.

Apropos PR. Die bayerische Opposition hat auch etwas zu sagen zum Fiala-Besuch. Eine Landesausstellung und schöne Bilder allein reichten nicht aus, findet Florian Siekmann, europapolitischer Sprecher der Landtags-Grünen und fordert Investitionen in den grenzüberschreitenden Nahverkehr und eine verlässliche Finanzierung von zivilgesellschaftlichen Akteuren in der Region. "All diesen Themen wird Söder nicht gerecht, wenn nur die Regierungen miteinander sprechen."

Auf die zwischenmenschlichen Beziehungen komme es an. Das betont auch Fiala mehrmals bei seinem Besuch. Oder wie Söder es ausdrückt: "Wir haben die Handynummern und rufen uns an."

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