Untersuchungsausschuss:Sauter und Nüßlein verweigern Aussage in Maskenaffäre

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Der frühere CSU-Justizminister und Rechtsanwalt Alfred Sauter im Mai 2022 vor Beginn der Sitzung des Maskenausschusses im Landtag. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Beide CSU-Politiker haben mit der Vermittlung von Kontakten in der Corona-Krise gut verdient. An der Aufklärung im Landtag beteiligen sie sich nicht. Eine dritte zentrale Figur erscheint erst gar nicht vor dem Ausschuss.

Von Johann Osel und Klaus Ott, München

Er ist hier bekannt wie ein bunter Hund, trotzdem: Die Angaben zur Person müssen sein, Winfried Bausback (CSU), Vorsitzender des Untersuchungsausschusses Maske, fragt sie ab. Name, Beruf, ladungsfähige Anschrift? "Sauter, Alfred, Rechtsanwalt, Landtagsabgeordneter", Ladung über "Maximilianeum, München". Danach verkündet Sauter, der nicht als Zeuge geladen ist, sondern als Betroffener analog zu einem Beschuldigten eines Strafprozesses: "keine Aussage" - und verschränkt die Arme, bis er rasch den Saal verlässt. Zuvor sagt noch Florian Siekmann (Grüne), Vize-Chef des Ausschusses: Er bedauere es, dass Sauter "am Untersuchungsauftrag nicht mitwirken" wolle - während er mit der Presse durchaus rede.

Ein anderer Ablauf, aber mit ähnlichem Ergebnis folgt beim früheren CSU-Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein, ebenfalls zentrale Figur der Maskenaffäre. Bei ihm klingt es nach Bedauern, nicht aussagen zu können an diesem Donnerstag; auf Rat seines Rechtsbeistands. "So schwer mir das fällt", sagt Nüßlein, weil "dieser Untersuchungsausschuss seine Begründung hat". Zwar sei das Oberlandesgericht München zum Schluss gekommen, dass kein Anfangsverdacht wegen Bestechlichkeit vorliege; jedoch gebe es ein Ermittlungsverfahren. Also keine Aussage. Und die dritte mit Spannung erwartete Person an diesem Tag kreuzt erst gar nicht auf: die PR-Unternehmerin Andrea Tandler.

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Es ist ein wichtiger Tag im U-Ausschuss Maske. Es ginge, falls die Geladenen sprechen würden, um die Maskendeals mit den Firmen Emix und Lomotex und die Beteiligung von CSU-Politikern daran - die zwei bisherigen Hauptfälle in dem Komplex, den der Untersuchungsausschuss aufklären will. Und nach der Aussage der CSU-Europaabgeordneten Monika Hohlmeier ist es die zweite Sitzung mit prominenten Zeugen.

Hohlmeier, die Tandler Regierungskontakte vermittelt hatte, verteidigte ihre Rolle am Montag: Sie habe die Anfrage ihrer guten Bekannten aus Verantwortungsbewusstsein in schwieriger Corona-Lage weitergegeben. Sie habe weder eine Provision verlangt noch eine angeboten bekommen und auch nichts von Tandlers Millionenhonorar gewusst. Die Erkenntnisse am Donnerstag bleiben dagegen schmal.

Der ehemalige CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein musste in den Maskenausschuss im bayerischen Landtag. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Sauter, Ex-Justizminister der CSU und mittlerweile fraktionsloser Abgeordneter, hatte als Anwalt im März 2020 einen Maskenvertrag in Millionenhöhe zwischen dem bayerischen Gesundheitsministerium und Lomotex vermittelt und dafür später heimlich mehr als 1,2 Millionen Euro kassiert, die an eine Firma seiner Töchter gingen. Auch Nüßlein, seinerzeit im Bundestag, profitierte von Maskendeals, die er zwischen Lomotex und Bundesministerien vermittelt hatte. Nüßlein kassierte 660 000 Euro, weitere 540 000 Euro sollten folgen, wozu es aber nicht mehr kam.

Als diese Deals aufflogen, geriet die CSU im März 2021 in eine ihrer größten Krisen. Später stellte sich noch heraus, dass Andrea Tandler, Tochter des CSU-Granden Gerold Tandler, mit einem Partner gleich 48 Millionen Euro für die Vermittlung anderer Maskendeals kassiert hatte. Die Schweizer Handelsfirma Emix hatte mehrere Ministerien in Deutschland für mehr als 700 Millionen Euro mit Corona-Schutzkleidung beliefert und dabei hohe Gewinne erzielt; weit über 100, vielleicht sogar 200 oder 300 Millionen Euro. Emix nennt keine Zahlen.

Die Unternehmer aus der Schweiz müssen nicht auftreten

Die Emix-Inhaber Luca Steffen und Jascha Rudolphi waren als Zeugen geladen, sind aber nicht gekommen. Als Schweizer Staatsbürger sind sie nicht dazu verpflichtet. Bausback kündigt nun an, dass man die Schweiz um internationale Amtshilfe ersucht; dabei solle auch die Möglichkeit schriftlicher Aussagen eingeräumt werden.

Anders ist das bei Tandler. Sie müsste kommen, hat sich aber beim ersten Termin Ende April krank gemeldet. Bausback schickte ihr daraufhin eine neue Ladung für den 12. Mai - mit dem Hinweis, falls sie erneut wegen Krankheit absagen wolle, müsse sie sich vom Amtsarzt untersuchen lassen. Wieder brachte Tandler jetzt "gesundheitliche Gründe" vor. Laut Bausback wird ein gerichtsärztliches Gutachten zur "Vernehmungsfähigkeit" beantragt.

Tandler bezieht öffentlich nicht Stellung zu ihren Provisionen, es gibt auch keine Fotos von ihr. Als Zeugin müsste sie sich unfreiwillig erstmals in die Öffentlichkeit begeben. Auch wenn sie das Recht hat, zu schweigen, weil sie mit ihrem Partner Darius N. in zwei Ermittlungsverfahren der Geldwäsche und Steuerhinterziehung verdächtigt wird. Beide weisen die Vorwürfe zurück. N. war Ende April in den Ausschuss gekommen, verweigerte die Aussage; er steht aber weniger im medialen Fokus.

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Unterdessen zeichnet sich ab, dass auch ein anderes Maskengeschäft den Ausschuss beschäftigen wird. Das Gesundheitsministerium hatte Ende März 2020 trotz eigener Bedenken auf Weisung der Staatskanzlei für mehr als 18 Millionen Euro Masken bei einem Passauer Unternehmen gekauft. Der Tipp dazu stammte vom damaligen CSU-Bundesminister Andreas Scheuer, der aus Passau stammt. Anders als bei Sauter, Nüßlein und Tandler sind dabei nach dem Stand der Dinge keinerlei Provisionen geflossen.

Das Problem in diesem Fall ist ein anderes: Bei etlichen Masken stellte sich später heraus, dass sie nicht den Normen entsprachen; sie wurden gesperrt. Der Grünen-Abgeordnete Siekmann wirft Ministerpräsident Markus Söder und Staatskanzleiminister Florian Herrmann (beide CSU) vor, diesen Maskenkauf "gegen jeden fachlichen Rat durchgedrückt" zu haben. Rückrufe hätten die Verwaltung "mitten in der Krise monatelang beschäftigt, obwohl Wichtigeres zu tun war". Bausback empörte sich am Donnerstag über "Durchstechereien", dies sei dem Aufklärungsziel nicht dienlich. Man werde sich aber auch diesen Vorgang "anschauen" und ihn "einer Bewertung unterziehen".

Das Gesundheitsministerium verweist in einer Antwort auf eine SZ-Anfrage und auf Landtagsanfragen auf den dramatischen "Maskennotstand" damals. Es habe einen extrem hohen Bedarf etwa in Pflegeheimen und Kliniken gegeben. "Ziel musste es sein, taugliches Schutzmaterial in großer Stückzahl zu erwerben - ohne dabei unwägbare finanzielle oder gesundheitliche Risiken einzugehen." Genau das sei geschehen. Im Kaufvertrag habe man sich abgesichert. Die mangelhaften Masken seien bis Ende 2020 nach und nach ersetzt worden.

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