U-Ausschuss im Bayerischen Landtag:Hohlmeier verteidigt ihre Rolle bei Maskendeal

U-Ausschuss im Bayerischen Landtag: Monika Hohlmeier, Abgeordnete im Europäischen Parlament, kommt als Zeugin mit ihrem Rechtsbeistand Christoph Knauer zu einer Sitzung des Maskenausschusses im bayerischen Landtag.

Monika Hohlmeier, Abgeordnete im Europäischen Parlament, kommt als Zeugin mit ihrem Rechtsbeistand Christoph Knauer zu einer Sitzung des Maskenausschusses im bayerischen Landtag.

(Foto: Matthias Balk/dpa)

Die CSU-Politikerin und Strauß-Tochter Monika Hohlmeier gilt als "zentrale Türöffnerin" für die millionenschweren Maskengeschäfte der Unternehmerin Andrea Tandler. Heute trat sie im Untersuchungsausschuss auf. Was wusste sie?

Von Johann Osel und Klaus Ott

Sie ist wieder da - an ihrer alten Wirkungsstätte als Landespolitikerin und heute als Zeugin im Untersuchungsausschuss Maske. Es ist 13.21 Uhr, als Monika Hohlmeier den Konferenzsaal des bayerischen Landtags betritt. Jeans, blauer Blazer, blaue Handtasche, sie sucht nach ihrem Stuhl, kurze Verwirrung. Ganz vorne, erste Reihe am Eck, nimmt sie dann mit ihrem Rechtsbeistand Platz, mit dem sie bis Beginn der Sitzung noch etwas plaudert und schäkert. Hohlmeier, längst CSU-Europaabgeordnete, wirkt locker, ungezwungen. Dann startet Ausschusschef Winfried Bausback (CSU) die "Einvernahme". Klingt schon weniger locker und ungezwungen.

Es geht an diesem Tag um Hohlmeiers Kontaktanbahnung zwischen der Unternehmerin Andrea Tandler und der öffentlichen Hand. Die CSU-Politikerin sei die "zentrale Türöffnerin" für Andrea Tandler gewesen, hat wenige Tage vor der Sitzung der Grünen-Abgeordnete Florian Siekmann erklärt. Die Münchner PR-Unternehmerin, Tochter des CSU-Granden Gerold Tandler, hat Maskendeals zwischen der Schweizer Handelsfirma Emix und mehreren Gesundheitsministerien in Deutschland vermittelt und dafür zusammen mit einem Partner 48 Millionen Euro Provision kassiert.

Hohlmeier, 59, Tochter des einstigen CSU-Vorsitzenden und Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß, war mal Vizechefin der Partei; und Landtagsabgeordnete und Kultusministerin. Manchen in der Partei galt sie sogar als geeignet für noch höhere Posten, wäre da nur nicht eine Affäre in der Münchner CSU dazwischen gekommen, in der sie zwischendurch mal Bezirksvorsitzende war. Seit 2009 gehört Hohlmeier dem Europaparlament an. Jetzt muss sich die CSU-Politikerin mit einer neuen Affäre herumschlagen; der Maskenaffäre, mit der sie doch nach eigener Sichtweise gar nichts zu tun hat.

Sie gibt an, die damalige Gesundheitsministerin "völlig ergebnisoffen" informiert zu haben

Hohlmeier startet im U-Ausschuss mit einem Referat über den Februar 2020, das sich liest wie der Corona-Jahresrückblick eines Sachbuchs. "Dramatische Meldungen drangen vor allem aus Italien an unser Ohr", liest sie ziemlich monoton vor. Und in der Presse sei von einem "panischen Run auf Atemmasken" zu lesen gewesen. Am 28. Februar habe sich Andrea Tandler gemeldet. Ein Freund von ihr (Tandler) aus der Schweiz könne Masken liefern, zu einem angeblich nicht zu hohen Preis - ob denn Bedarf bestehe?

Hohlmeier erzählt, sie habe Bayerns damalige Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) informiert, "völlig ergebnisoffen". Und dann habe sie Tandler mitgeteilt, dass Bayern Interesse habe, und Kontaktdaten aus dem Ministerium weitergegeben. "Weitere Kenntnisse zu Inhalt oder Zustandekommen der Aufträge", Preisen oder Qualität habe sie nicht gehabt, war "nicht involviert". Und sie habe weder eine Provision verlangt noch eine angeboten bekommen.

Sie ärgere sich über "unwahre Behauptungen", um "politischen Profit daraus zu ziehen"

Sie kenne Tandler "lange, lange Zeit", seit deren Geburt, fährt Hohlmeier fort. Man "mochte" sich, es habe keine Gründe gegeben, Andrea Tandler zu misstrauen. Hätte sie, fragt Hohlmeier, wegen dieser guten Bekanntschaft diese "potenziell wichtige Information nicht weiterleiten sollen?" Es sei "zwingende Aufgabe von uns Abgeordneten gewesen, egal welcher Couleur, Anfragen weiterzugeben, die potenziell Menschenleben retten". Sie ärgere sich über "unwahre Behauptungen", um "politischen Profit daraus zu ziehen". Auch die Generalstaatsanwaltschaft München habe diesen "Generalverdacht" gegen CSU-Politiker zurückgewiesen.

Von Tandlers Millionen-Provisionen hat Hohlmeier nach eigenen Angaben erst später aus Medien erfahren. Jetzt aber, im U-Ausschuss, geht es um das Frühjahr 2020, den Beginn der Pandemie. Hohlmeier sucht zwischendurch in ihrem Handy nach den damaligen SMS-Nachrichten mit Tandler, mit Huml, mit anderen. Manchmal sucht sie fast eine Minute, aha, da ist es.

Die CSU-Abgeordnete hat nicht nur der lieben Melanie (Huml), sondern auch dem lieben Jens (Spahn, damals Bundesgesundheitsminister) gesimst, dass Masken zu (angeblich) normalen Preisen verfügbar seien. Sie, die Monika, sei aber nur die Überbringerin der Nachricht und in keiner Weise finanziell oder anderweitig involviert, hieß es in einer SMS vom 4. März 2020 an Spahn. Bei Interesse und Notwendigkeit solle Spahn bitte kurzfristig Bescheid geben. Falls kein Bedarf bestehe, gingen die Masken am nächsten Tag nach Österreich.

Zahlreiche Detailfragen der Abgeordneten gibt es bei der Einvernahme im Ausschuss. Hohlmeier sagt immer wieder, von Zahlungsbedingungen oder Modalitäten habe sie nie etwas gewusst. "Welche Masken wann wo an wen - weder Qualität noch Markennamen waren Gegenstand meiner Diskussion." Auch nach dem "Krimi" wird gefragt. Am 19. März hatte Tandler an Hohlmeier geschrieben: "Mit Bayerns Masken klappt jetzt alles, den Krimi erzähl ich dir morgen. Gute Nacht." Hohlmeier kann sich an Details des Telefonats nicht erinnern, es sei wohl um die chaotischen Liefervorgänge gegangen.

Der Grünen-Abgeordnete Siekmann will von Hohlmeier wissen, ob sie sich bei der Vermittlung des Gewichts ihres Namens bewusst gewesen sei? Die Weiterleitung, sagt Hohlmeier, sei ihre Pflicht als Abgeordnete gewesen, "mit oder ohne Gewicht meines Namens". Ob sie die vermehrten Bitten Tandlers stutzig gemacht hätten? Nein.

Als SPD-Chef von Brunn die Zeugin begrüßt, herrscht Heiterkeit im Saal

Auch SPD-Fraktionschef Florian von Brunn hat Fragen. "Grüß Gott, Frau Hohlmeier, freut mich Sie persönlich kennenzulernen", sagt er und die Angesprochene nickt höflich. Das löst Ansätze von Heiterkeit aus im Saal. Brunn hatte wegen der Maskendeals bei der Staatsanwaltschaft München I Anzeige erstattet und hätte später gerne gehabt, dass die Ermittlungsbehörde auch gegen Hohlmeier vorgeht, was aber nicht der Fall war.

Mit der Gelassenheit im U-Ausschuss ist es spätestens dann vorbei, als Brunn wissen will, ob Hohlmeier denn Konten im Ausland unterhält? Gemeint sind wohl alte CSU-Gerüchte zu Zeiten von Strauß. Hohlmeier, verdutzt wirkend, muss aber gar nicht antworten. Das gehöre, mahnt Ausschusschef Bausback, nicht zum Untersuchungsauftrag.

In den kommenden Tagen werden weitere prominente Zeugen erwartet

Hohlmeier war die erste prominente Zeugin im U-Ausschuss, der Licht in die Maskenbeschaffungen des Freistaats und teils hohe Provisionen an Parlamentarier bringen soll. Und es war der Auftakt einer spannenden Woche, in der noch der Landtagsabgeordnete Alfred Sauter, der ehemalige Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein (bei ihnen geht es um eine andere Maskenaffäre) sowie Andrea Tandler selbst als Zeugen gehört werden. Sie hatte ihre erste Vernehmung Ende April krankheitsbedingt abgesagt.

Am Montagvormittag war außerdem Verena Mayer, die Schwester des kürzlich zurückgetretenen CSU-Generalsekretärs Stephan Mayer, als Zeugin geladen. Sie ist Stadträtin in Neuötting und stellvertretende Sprecherin der CSU-Fraktion. Aus dieser Gegend stammt auch Andrea Tandler. Ihr Vater Gerold Tandler hat dort lange das "Hotel zur Post" besessen. Tandler hatte sich zu Beginn der Pandemie auch an Stephan Mayers Schwester gewandt. Mit der Frage, ob ihrem Bruder jemand einfalle, der Bedarf an Masken habe. "Vielen Dank und Bussi."

Stephan Mayer war damals Staatssekretär von Horst Seehofer (CSU) im Bundesinnenministerium. Mayer sagte dazu später, er habe sich korrekt verhalten und die Adresse, die er von seiner Schwester bekommen habe, lediglich im Innenministerium weitergeleitet. Das Bundesinnenministerium kaufte dann aber keine Masken bei der Schweizer Handelsfirma Emix.

Verena Mayer erklärte im U-Ausschuss, ihr gegenüber habe Andrea Tandler deren eigenes Interesse nicht offengelegt. Als Tandler sich bei ihr (Mayer) am letzten Freitag im Februar 2020 über Whatsapp gemeldet habe, sei sie gerade mit ihren Kindern im Hallenbad gewesen und habe "das halt weitergeschickt". Sie habe nur gewusst, dass Masken "Mangelware" sind, aber "nicht mal, was eine FFP-Maske ist". Sie habe die Sache "gar nicht so ernst genommen", berichtete Verena Mayer im Ausschuss.

"Was krieg ich", fragte die Schwester des Ex-CSU-Generals Mayer in einem Chat

Auch dann nicht, als sie später bei Andrea Tandler nachgefragt habe, "was krieg ich". Sie habe sich gedacht, "ich frag' jetzt einfach mal, so halbernst". In einem Chat mit der Tandler-Tochter hatte die Mayer-Schwester damals fünf Cent pro Maske genannt. Der SZ sagte sie später dazu, die Rede sei damals von einer Million Masken gewesen. 50 000 Euro wären demnach für Verena Mayer bei dem Geschäft herausgesprungen.

Sie habe, fuhr Verena Mayer fort, die Sache mit den Masken und den geforderten fünf Cent damals dann "ad acta gelegt, gedanklich". Sie sei erst bei Presseberichten deutlich später wieder darauf aufmerksam geworden. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass Verena Mayer Geld bekommen hätte. Die Staatsanwaltschaft München I, die Andrea Tandlers Masken-Provisionen untersucht, glaubt der Mayer-Schwester, dass diese nichts erhalten habe. Die Ermittlungsbehörde hat deshalb von einer Durchsuchung bei Verena Mayer abgesehen

Im U-Ausschuss erklärte Mayer aber, bei weiteren Kontakten via Whatsapp habe ihr Andrea Tandler dann gesagt, die Sache zwischen ihnen beiden sei "hinfällig". Geholfen habe ihr (Tandler) jetzt Monika Hohlmeier, die habe das "in die Wege geleitet".

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