19. Spieltag der Fußball-Bundesliga:Bayern zittert in Augsburg - Undav schießt Leipzig ab

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Alphonso Davies (links) erzielte das zwischenzeitliche 2:0 für die Bayern. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Der VfB Stuttgart und der deutsche Stürmer feiern eine Gala gegen RB Leipzig. Der FC Bayern siegt, obwohl Augsburg zwei Elfmeter bekommt. Und in Wolfsburg wird ein Zuschauer zum Schiedsrichter. Das Wichtigste zum Spieltag.

Von Felix Haselsteiner Gerald Kleffmann und Martin Schneider

FC Augsburg - FC Bayern München 2:3 (0:2) Tore: 0:1 Aleksandar Pavlovic (23.), 0:2 Alphonso Davies (45.+5), 1:2 und 2:3 Ermedin Demirovic (52. und 90.+4., Foulelfmeter), 1:3 Harry Kane (61.)

Wer fit ist, spielt. Dieses Diktum galt für die Defensive der Münchner vor dem Spiel gegen Augsburg. Die Stammkräfte Dayot Upamecano, Konrad Laimer, Noussair Mazraoui, Minjae Kim - verletzt oder auf Reisen oder beides. Auf die Frage, ob der Linksfuß Raphael Guerreiro überhaupt Rechtsverteidiger spielen könne, sagte Trainer Thomas Tuchel: "Muss er". Der potenziell neue Rechtsverteidiger, Sacha Boey, bisher Galatasaray Istanbul, muss noch den Medizincheck bestehen. Auf der Bank saßen als Alternativen nur noch Adam Aznou, 17 Jahre alt, und Frans Krätzig, immerhin schon 21.

Der FC Augsburg begegnete diesem Umstand mit einer Strategie, die überraschend und nicht überraschend zugleich war: Sie griffen an. Überraschend war das, weil Augsburg für diese Taktik nicht bekannt ist, auf der anderen Seite ist es nur logisch, eine geschwächte und improvisierte Abwehr auch zu attackieren. Der Plan ging zunächst auf. Nur durch eine doppelte Intervention des Videoschiedsrichters entkam der FC Bayern einem frühen Rückstand. Erst korrigierte der Kölner Keller eine Handelfmeterentscheidung gegen Matthijs de Ligt und verlegte den Tatort (zurecht) vor den Strafraum. Dann sah der VAR, dass Elvis Rexhbecaj bei seinem Treffer knapp im Abseits stand.

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Von Sebastian Fischer

Erst langsam fand der FC Bayern ins Spiel und erzielte die Führung. Guerreiro brachte eine Ecke scharf vors Tor, Leon Goretzka verlängerte den Ball am ersten Pfosten, Philipp Tietz klärte nicht richtig - und Aleksandar Pavlovic knallte den Ball per Drehschuss rein. Aber: Tietz fiel bei seiner missglückten Abwehraktion Kingsley Coman so unglücklich auf den Fuß, dass der Franzose ausgewechselt werden musste. Betreuer stützten ihn, belasten konnte er das linke Bein gar nicht mehr. Mathys Tel kam ins Spiel, Thomas Müller blieb weiter auf der Bank. Es entwickelte sich auch danach kein herausragendes Spiel der Münchner, aber wie das so ist im Fußball - wenn die Tore fallen, ist der Rest fast egal. Alphonso Davies, zuletzt in die Kritik geraten, wurde schön von Goretzka freigespielt und donnerte den Ball mit dem schwächeren rechten Fuß flach ins kurze Eck.

Nach der Pause verfolgte Augsburg weiter seinen Attacke-Plan - warum auch nicht, beim Stand von 0:2. Kevin Mbabu hatte urplötzlich ganz viel Platz auf seiner rechten Seite. Er schaute, wurde nicht angegriffen, schaute nochmal, flankte ohne weitere Unannehmlichkeiten auf Ermedin Demirovic, der ins Tor köpfte. Das sorgte auf Münchner Seite nur deswegen für wenig Stress, weil Harry Kane kurz darauf den alten Abstand wieder herstellte. Zum dritten Mal an diesem Tag profitierte der FC Bayern von einer knappen VAR-Entscheidung, diesmal urteilte Schiedsrichter Christian Dingert persönlich am Bildschirm, dass Kristijan Jakic den Ball "kontrolliert" (ein Begriff aus dem Regelbuch) zum im Abseits stehenden Kane spielte.

Das Spiel plätscherte Richtung Ende, ehe Manuel Neuer und Thomas Müller sich jeweils noch einen Auftritt leisteten. Erst verursachte der Torhüter einen Elfmeter, weil er bei einer missglückten Abwehraktion Felix Uduokhai gegen den Kopf schlug. Den von ihm verschuldeten Elfmeter von Sven Michel parierte er dann aber auch. Dann tat es ihm Müller gleich und foulte mehr als unglücklich im eigene Strafraum, diesmal knallte Demirovic den Ball an Neuer vorbei. Mit dem Schlusspfiff musste Pavlovic dann auch noch nach einem Sturz raus - ein Spieler namens Lovro Zvonarek half, den Vorsprung über die Zeit zu zittern.

VfB Stuttgart - RB Leipzig 5:2 (2:1), Tore: 1:0 Enzo Millot (25., Handelfmeter), 2:0, 4:2 und 5:2 Deniz Undav (30., 56., 75.), 2:1 Benjamin Sesko (32.), 3:1 Jamie Leweling (48.), 3:2 Lois Openda (55.)

Da legst di' nieder: VfB-Stürmer Deniz Undav (am Boden) traf gegen Leipzig dreifach. (Foto: Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Stuttgart gegen Leipzig, das war auch das Duell zwischen dem Dritten und dem Vierten der Tabelle, die Leistungsdichte zwischen den beiden Verfolgerteams hinter Bayer Leverkusen und Bayern München spiegelte sich in der Partie wider. Anfangs drückte Leipzig, dann erwachte der VfB und erhielt sogleich, nach Video-Überprüfung, einen Handelfmeter zugesprochen. Leipzigs Mohamed Simakan hatte den Ball nach einem Kopfball von Dan-Axel Zagadou mit dem Oberarm erwischt. Enzo Millot verwandelt sicher links unten. Leicht geschockt, kassierten phlegmatische Leipziger das 0:2, Deniz Undav nahm direkt vor dem Strafraum einen Pass an und traf, auch links unten. Der Jubel war kaum verhallt, da brachte Benjamin Sesko die Gäste-Elf wieder mit einem Kopfballtor heran, die Schwaben schliefen sichtlich im Fünfmeterraum bei dieser Szene.

Stuttgart, ohne die beim Afrika-Cup weilenden Serhou Guirassy und Silas, kam wacher aus der Halbzeitpause, Jamie Leweling staubte aus kurzer Distanz zum 3:1 ab. Und jetzt wurde es wild: Lois Openda schlenzte Leipzigs erst zweite Chance ins VfB-Gehäuse, umgehend erhöhte Undav per Kopfball auf 4:2, ehe dem Angreifer gar der dritte Treffer gelang. Die Leipziger sahen beim 2:5, dem ein schnell ausgeführter Freistoß vorausging, wie Statisten aus. Die dritte RB-Niederlage in Serie dürfte nun auch Trainer Marco Rose unter Druck setzen. Stuttgart, das in elf Partien gegen Leipzig nie gewann (neun Niederlagen, zwei Remis), setzt sich in der Tabelle nun leicht vom Angstgegner ab.

SV Werder Bremen - SC Freiburg 3:1 (1:1), Tore: 1:0 Marvin Ducksch (9., Foulelfmeter), 1:1 Vincenzo Grifo (28., Foulelfmeter), 2:1 Justin Njinmah (53.), 3:1 Julian Malatini (90.+3)

Auftakt zum verdienten Werder-Sieg: Marvin Ducksch (rechts) brachte Bremen früh vom Elfmeterpunkt in Führung. (Foto: Joern Pollex/Getty Images)

Vielleicht wird es sich noch als großes Glück herausstellen, dass Leonardo Bittencourt in der 82. Minute nur die Latte traf. Beim SV Werder Bremen neigt man bekanntlich zu einer latenten Euphorie im Erfolg, die große Träume nach guten, alten Zeiten erwecken kann, die dann meistens doch wieder enttäuscht werden und in einem Abwärtsstrudel enden. Aktuell darf allerdings geträumt werden: Erst ein Auswärtssieg beim FC Bayern, nun ein überlegener Heimsieg gegen den SC Freiburg und auf einmal sind es nur noch wenige Punkte bis zu den internationalen Plätzen in der Tabelle, wo Werder einst mal beheimatet war.

Ein früher Elfmetertreffer von Marvin Ducksch (9. Minute) ebnete diesmal den Weg, auf dem eigentlich nur ein Hindernis auftauchte: Vinzenco Grifo glich nach 28 Minuten - ebenfalls vom Punkt - das Spiel aus, der kurze Freiburger Sturmlauf allerdings endete nach der Halbzeit: Dann spielte Bremen überlegen, ging durch Justin Njinmah erneut schnell in Führung (53.) und hätte durch Bittencourts Schuss aus dem Mittelkreis beinahe auch noch eines der besten Tore der Saison erzielt. Der Ball titschte auf die Latte, nur ließ sich auch im Jubel über das späte 3:1 von Julian Malatini eine gewisse Euphorie erkennen.

VfL Wolfsburg - 1. FC Köln 1:1 (1:1), Tore: 0:1 Faride Alidou (38.), 1:1 Kevin Paredes (40.)

Unverhoffter Bundesligaeinsatz: Nach einer Verletzung von Linienrichter Thorben Siewer sprang der ehrenamtliche Schiedsrichter Tobias Krull (Mitte) spontan als vierter Offizieller ein. (Foto: Swen Pförtner/dpa)

Dass Tobias Krull vom MTV Gifhorn mal Hauptdarsteller einer Bundesligapartie werden würde, damit war nun wirklich nicht zu rechnen gewesen. Als nach 14 Spielminuten eine Klärung des Kölners Max Finkgräfe den Schiedsrichterassistenten Thorben Siewer am Kopf erwischte, war auf einmal Not am Mann in Wolfsburg, weshalb per Stadiondurchsage um Ersatz geworben wurde: Krull meldete sich, zog sich Schiedsrichterkleidung an und moderierte schließlich die Geschehnisse an der Seitenlinie in einer Partie, die angenehm unspektakulär verlief für jemanden, der so eine Premiere feiert.

Zwei hektische Minuten gab es, als erst Faride Alidou die Kölner Führung erzielte (38. Minute), die dann aber etwas mehr als 80 Sekunden später durch Kevin Paredes ausgeglichen wurde. Beim für Köln zufriedenstellenden 1:1 blieb es letztlich auch deshalb, weil die Wolfsburger ihre Chancen ein ums andere Mal vergaben - wodurch sich allmählich die Frage stellt, ob nicht demnächst auch nach einem Nachfolger für Niko Kovac gefahndet werden muss. Ob der MTV Gifhorn seinen sportlichen Leiter Tobias Krull auch dafür freigeben würde, ist allerdings zur Stunde unklar.

TSG Hoffenheim - 1. FC Heidenheim 1:1 (1:1), Tore: 0:1 Eren Dinkci (29.), 1:1 Andrej Kramaric (45.+7, Handelfmeter)

Brauchte Heidenheim in Front: Eren Dinkci (links) traf nach einer knappen halben Stunde, noch vor der Halbzeit glich die TSG aus. (Foto: Alex Grimm/Getty Images)

Dieser Samstag war der Tag der Nachbarschaftsduelle. Hoffenheim traf als Achter auf Heidenheim, den Neunten der Tabelle. Die Frage in diesem Niemandslandspiel, das viele Mannschaften weiter hinten gerne hätten, lautete: Welcher Trend endet? Hoffenheim gewann nur eine der vergangenen neun Partien. Heidenheim war seit fünf Spielen ungeschlagen und zeigte auch, warum das schwäbische Bollwerk zurzeit so stabil steht.

Der FC hielt gegen zunächst leicht überlegene Hoffenheimer die Null, doch dann schlugen sie zu, ein Ballgewinn durch Omar Traoré, Jan Schöppner passte in den Lauf von Eren Dinkci, der abzog und schnörkellos traf. Ein Handelfmeter verhalf der TSG dann kurz vor der Pause zum Ausgleich: Benedikt Gimbers regelwidrige Aktion bestrafte Andrej Kramaric mit dem Tor vom Elfmeterpunkt.

Hoffenheim drängte in der zweiten Halbzeit, angetrieben vom auffälligen Anton Stach, auf die Führung, doch ließ Effizienz und Präzision vermissen. Die Partie war hochkarätig, was Zweikämpfe betraf, schnell und packend, aber kein Team schaffte den Siegtreffer. Der Trend setzt sich für beide Vereine also fort: Die TSG kann nicht gewinnen, Heidenheim lässt sich nicht bezwingen.

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