"Schlussrunde" der Spitzenkandidaten:"In Bayern gibt es kein einziges besetztes Haus"

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"Schlussrunde der Spitzenkandidaten": Alexander Gauland (AfD), Joachim Herrmann (CSU), Christian Lindner (FDP), Ursula von der Leyen (CDU), Tina Hassel, Bettina Schausten, Manuela Schwesig (SPD), Katrin Göring-Eckardt (Grüne) und Sahra Wagenknecht (Linke) (Foto: dpa)

In der TV-Schlussrunde gehen sieben Spitzenpolitiker in den Wahlkampfendspurt. Nicht nur beim Thema AfD zeigt sich große Einigkeit. Offen bleibt: Kann Joachim Herrmann sich wirklich von seiner geliebten Heimat lösen?

Von Jakob Schulz, Berlin

Christian Lindner hat noch kein Wort gesagt und kann einem schon leidtun. Alle anderen Politiker in der Abschlussrunde der Parteien in der ARD und im ZDF hatten bereits Gelegenheit für die ersten Antworten.

Doch noch bevor der FDP-Chef zum ersten Mal den Mund aufmachen kann, hat sich die Runde schon in ein erstes Wortgefecht über die Alternative für Deutschland (AfD) verstrickt. Als Lindner nach 20 Minuten endlich an der Reihe ist, ist das Thema: AfD. War es wirklich klug, fragt ihn Moderatorin Bettina Schausten, im Ringen um den dritten Platz einen Zweikampf zwischen FDP und AfD zu beschwören? AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland ist nur einer von neun Menschen am Tisch, sieben Politikern und zwei Moderatorinnen, trotzdem scheint das Thema der Diskussion schnell gesetzt.

Eigentlich sollen die Parteien in der Runde zum letzten Mal vor der Wahl ihre Ideen verteidigen. Weil erst Kanzlerin Angela Merkel (CDU) abgesagt hat und danach auch ihr Herausforderer Martin Schulz (SPD), diskutieren nun Ursula von der Leyen (CDU) und Manuela Schwesig (SPD) mit Christian Lindner (FDP), Joachim Herrmann (CSU), Katrin Göring-Eckardt (Grüne), Sahra Wagenknecht (Linke) und Alexander Gauland.

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Schnell spricht die Runde über Pöbler bei Wahlveranstaltungen, die zuletzt etwa Kanzlerin Merkel niederbrüllten. "Wir haben das nicht organisiert", beteuert AfD-Mann Gauland. Die SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig greift ihn trotzdem hart an: "Sie spalten unser Land, Sie schüren Hass und Hetze." Katrin Göring-Eckardt erhebt ähnliche Vorwürfe.

Wer mit wem?

Die Konstellationen nach der Bundestagswahl am Sonntag sind noch völlig offen. Reicht es für Schwarz-Gelb oder Schwarz-Grün? Oder hat nur Jamaika eine Mehrheit und wenn ja, wie stark werden Grüne und FDP? Oder wird erhält die SPD genügend Prozentpunkte, um ihren Mitgliedern eine weitere große Koalition vermitteln zu können? Drei Tage vor der Wahl hätten die Spitzenpolitiker also allen Grund, noch einmal richtig gegeneinander auszuteilen.

Doch im Zweifel, das zeigt sich in der Runde, ist die Front gegen die AfD parteiübergreifend geschlossen, Gauland ist isoliert. Die Rechtspopulisten dürften bald im Bundestag vertreten sein; in der TV-Runde deuten die Parteien an, wie sie in der kommenden Legislatur mit den ungeliebten Neulingen umgehen könnten.

FDP-Chef Christian Lindner kritisiert schließlich die Angewohnheit, die AfD wieder und wieder mit ihren "abwegigen Äußerungen" zu konfrontieren, statt ihre Inhalte abzufragen. Bei den Rentenplänen muss Alexander Gauland passen. "Ich gebe zu, dass wir kein ausgearbeitetes Rentenkonzept haben", sagt er. Mehr zu sagen hat er zur AfD-Vorsitzenden Frauke Petry. Die ist in der Partei zunehmend an den Rand gedrängt, zuletzt distanzierte sie sich von den Äußerungen vieler Parteikollegen. Man sollte nicht in den letzten Tagen des Wahlkampfes "die eigenen Leute in Zweifel stellen", kritisiert Gauland seine Parteivorsitzende.

Armut, Pflege, Rente, Sicherheit, Klima: Die Moderatorinnen Bettina Schausten und Tina Hassel rücken jene Themen in den Mittelpunkt, die im TV-Duell zwischen Merkel und Schulz teils keinen Platz fanden. Großer Streitpunkt ist das Bild eines erfolgreichen und gerechten Landes, das vor allem die Union im Wahlkampf zeichnet. Wie passt das zusammen mit der Tatsache, dass viele Menschen in Armut leben?

Die beste Versicherung gegen Armut seien Arbeitsplätze und eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sagt Ursula von der Leyen. Hier habe die Union ausweislich der niedrigen Arbeitslosenquote, Kitaplätzen und Elterngeld gut gearbeitet. Katrin Göring-Eckardt hält dagegen. Nach Jahren unter CDU/CSU gebe es heute mehr arme Kinder und Erwachsene und immer höher steigende Mieten, kritisiert sie.

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Bei Pflege und Rente zeigt sich das Dilemma, in dem die Sozialdemokraten am Ende der großen Koalition stecken. "Wir haben in der Pflege immer nur an Schräubchen gedreht", sagt Manuela Schwesig, nötig aber seien nun ein kompletter Neustart und deutlich höhere Löhne für Pflegekräfte. Ähnlich bei der Rente: Ginge es nach der Union, kritisiert Schwesig, müssten Arbeitnehmer künftig länger arbeiten, höhere Rentenbeiträge zahlen und würden trotzdem weniger Rente bekommen. Helfen könne da nur das Konzept der SPD. Warum die Sozialdemokraten auf diese Ideen erst jetzt, nach Jahren in der Regierungsverantwortung kommen, kann sie zumindest bei der Rente nicht erklären. Bei der Pflege wirft sie der Unionsfraktion vor, etwa von der SPD angeregte Verbesserungen in der Altenpflege-Ausbildung verschleppt zu haben.

Einigkeit bei der inneren Sicherheit

Weitgehend einig sind sich die Parteien dagegen bei der Inneren Sicherheit. Union und SPD fordern Tausende neue Stellen bei der Polizei, sogar Katrin Göring-Eckardt und Sahra Wagenknecht sind dafür. Wie bei überhaupt vielen Dingen könne Deutschland auch bei der Sicherheit von Bayern lernen, findet der bayerische Innenminister Joachim Herrmann. "In Bayern gibt es kein einziges besetztes Haus", lobt er. Der Freistaat sei zudem auch das sicherste Bundesland.

Um solche Zustände auch bundesweit zu ermöglichen, wäre er bereit, seine Erfahrung ins Bundeskabinett einzubringen, sagt Herrmann. Angesichts der ausdauernden Lobeshymnen auf den Freistaat wäre es aber auch nicht verwunderlich, wenn er am allerliebsten doch in der Heimat bleiben würde.

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