Als Maultiere Baumaterialien zur Schutzhütte am Schafreuter schleppen, erlässt der Deutsche Alpenverein 1923 die Tölzer Richtlinien. Die Vorgaben sind rigoros: Unnötiger Komfort und Luxus sind zu vermeiden. Das bedeutet einfaches Essen und Decken am Matratzenlager statt Federbetten. Statt des Massenpublikums soll der Bergsteiger im Mittelpunkt stehen.
So wie damals denken wohl heute nur wenige Bergwanderer. Doch Franz Mettal sieht sich in dieser Tradition. Der Forstwirt und frühere Tölzer Grünen-Stadtrat ist als Naturschutzreferent der Tölzer Alpenvereinssektion zurückgetreten. Wie die Hütte am Schafreuter derzeit saniert wird, ist ihm zu überdimensioniert. "Für mich ist das befremdlich", sagt er. Der Alpenverein sei auch eine Naturschutzorganisation.
Gunzenhausen:Center Parcs schlägt Misstrauen entgegen
Im Fränkischen Seenland könnte eines der größten Tourismusprojekte entstehen. Gejubelt wird dort aber nicht darüber - im Gegenteil. Kommunalpolitiker äußern Vorbehalte.
Statt zu erweitern, hätte Mettal die Küche verkleinert. Womöglich hätte die Gaststube zurückgebaut werden können. Weniger Sitzplätze, so sagt er, bedeuteten weniger Übernachtungen. Jetzt entsteht für ihn ein Restaurationsbetrieb, damit der Pächter Umsatz machen kann. "Wir sollten uns fragen, ob wir das da oben brauchen, wo alle Welt von Overtourismus spricht."
Damit deutet er ein grundsätzliches Unbehagen an, das Friedl Krönauer teilt. Der Kreisvorsitzende des Bund Naturschutz (BN) kritisiert eine generelle Erschließungsspirale in den Alpen. Unter der Versicherung, nur zu erhalten, werde gebaut. Dann komme immer mehr dazu, um Komfortwünsche zu erfüllen. "Als Privatmensch frage ich mich, ob ich dieselben Ansprüche wie im Tal anlegen muss", sagt er. Die Berge sind nach Krönauers persönlichem Verständnis nur schwer erreichbare Orte. Ein Alleinstellungsmerkmal, das es zu bewahren gelte. "Dahin zu können, heißt Einschränkungen", sagt der BN-Kreisvorsitzende. Er fragt sich, ob nicht das Modell der Selbstversorgung wie an der Rauhekopfhütte im österreichischen Kaunertal auf den Schafreuter übertragbar gewesen wäre.
"Es gibt nicht mehr Übernachtungsplätze, nicht mehr Gastronomie", sagt der Sektionsvorsitzende
Dort kümmerten sich ehrenamtliche Sektionsmitglieder um die Bewirtung. Nichts verdienen zu wollen sei der ursprünglichste Hüttengedanke. Davon sieht sich die Tölzer Alpenvereinssektion weit entfernt. 1924, also vor fast hundert Jahren, haben die Mitglieder die Schutzhütte in 1835 Metern Seehöhe am Schafreuter fertiggestellt. Seitdem ist das Haus bewirtschaftet. "Wir haben dieses Erbe unserer Ahnen", konstatiert der Sektionsvorsitzende Paul Schenk. Zur Substanzerhaltung habe eine Entscheidung getroffen werden müssen. "Es gibt nicht mehr Übernachtungsplätze, nicht mehr Gastronomie." Von einer touristischen Erweiterung könne niemand sprechen. Es habe Risse in den Wänden und undichte Fenster gegeben. Dadurch sei etwa ins Salettl Feuchtigkeit eingedrungen.
Für die Küche hat die Sektion den Anbau an der Nordseite um einen Meter erweitert. Auch das Salettl, die Gaststube an der Südseite, entsteht neu. Das ist laut Schenk auch deshalb erforderlich, weil die Brandschutzvorgaben und heutigen Hygienevorschriften im alten Bestand nicht mehr erfüllt werden konnten. Für den Sektionsvorsitzenden ist die Kritik des zurückgetretenen Naturschutzreferenten dessen persönliche Meinung. Breiten Unmut gebe es unter den Mitgliedern nicht.
Damit der Südhang unter der Hütte nicht abrutscht, mussten mit Beton verfüllte Stahlpfähle in den Fels gebohrt werden. Für die Umbauten seien aber nur die Fundamente betoniert worden, der Rest sei Vollholz. "Wenn Franz Mettal sagt, wir würden den Umweltschutz mit Füßen treten, finde ich das schade", sagt Schenk. Um schwerere Lasten nach oben zu bringen, seien Hubschraubertransporte nötig. Eine begrenzte Anzahl von Flügen bis hin zur Vorgabe eines Flugkorridors entlang der Trasse der Materialseilbahn sei mit den österreichischen Behörden vertraglich genau geregelt. Denn die Tölzer Hütte steht auf dem Staatsgebiet des Nachbarlandes im Naturpark Karwendel. Nur die Materialseilbahn einzusetzen, sei keine Alternative, so Schenk.
Ob wirklich 200 Hubschrauberflüge erforderlich sind, wie Mettal behauptet, beantwortet der Tölzer Sektionsvorsitzende nicht. Stattdessen verweist er auf die selbst für die nach dem Selbstversorgerprinzip geführte Laufener Hütte im österreichischen Tennengebirge nötigen Hubschraubertransporte. Er nennt die natürliche Kläranlage und das mit Rapsöl betriebene Blockheizkraftwerk an der Tölzer Hütte sowie die Beteiligung an der Baumpflanzaktion am Blomberg als Beispiele für das Umweltbewusstsein der Sektion.
Auf solche Aufforstungsprojekte zu verweisen, ist für Mettal widersprüchlich. Das sei wie Wasser predigen und Wein trinken, findet er. Zum Schutz der Raufußhühner wären Hubschrauberflüge in Deutschland anders als in Österreich niemals schon von Mai an genehmigt worden, kritisiert er. Aus der Tölzer Sektion will Mettal bis zum Jahresende austreten und woanders für seine Ziele besser kämpfen.