Der milde Winter und der warme April haben dem Tölzer Alpenverein eigentlich in die Hände gespielt: Alles schien bereit, um in 1835 Metern Höhe mit der Sanierung der Tölzer Hütte im Vorkarwendel beginnen zu können. Doch Wolfgang Buchner musste öfter telefonieren, als er ursprünglich dachte. Denn die Tölzer Hütte am Schafreuter steht bereits auf österreichischem Staatsgebiet. Ob die wegen der Corona-Pandemie geschlossene bayerisch-tirolerische Grenze für Arbeiter offen stehen würde, war lange unklar. "Ich habe ganz viele Telefonate mit den österreichischen Firmen geführt", sagt Buchner. "Jetzt haben wir alle Genehmigungen, es gibt keine Probleme mehr." Daher konnte die Sanierung wie geplant am vergangenen Montag beginnen.
Logistisch wie organisatorisch werden die nächsten Monate für die Tölzer Alpenvereinssektion herausfordernd. Zwar führt eine Materialseilbahn aus dem Rißtal bis hoch zur Tölzer Hütte. Damit lassen sich aber nur Materialien und Maschinen bergauf bringen, die maximal 2,5 Meter lang und bis zu 350 Kilogramm schwer sind. Für größere Transporte kommt ein Hubschrauber zum Einsatz. Die Tölzer Alpenvereinssektion hat dafür das Unternehmen Wucher-Helicopter mit Hauptsitz in Vorarlberg beauftragt. Die Piloten haben am Montag erste Baumaterialien sowie am Dienstag einen 3,5 Tonnen schweren Bagger hinauf geflogen. Das schaffen sie laut Buchner in wenigen Minuten.
Für die Arbeiter und Handwerker geht es nur zu Fuß hinauf Richtung Gipfel. Zwei Stunden dauert das. Die Arbeiter werden am Berg deshalb auch jeweils mehrere Tage übernachten. Das Hotel zur Post aus Hinterriß liefert das Essen, das mit der Materialseilbahn nach oben kommt. "Ein Sektionsmitglied übernimmt das Catering", sagt Buchner. Für alle Arbeiten am Berg würden die üblichen Vorsichtsmaßnahmen während der Corona-Pandemie gelten. Darunter falle etwa, dass jeder in einem Einzelzimmer schlafen könne. Beim Essen säßen die Handwerker weit auseinander. Es gebe Desinfektionsmittel und genügend Wasser auf der Hütte.
Das Bauen unter erschwerten Bedingungen am Berg macht das Vorhaben teuer: Um die 1,5 Millionen Euro sollen die Sanierungsarbeiten für die fast hundert Jahre alte Hütte kosten. Der südseitige Anbau mit der Gaststube aus den 1930er Jahren wird ersetzt. Die Holzständerkonstruktion ist marode und steht noch dazu auf alten Bruchsteinen. Um das Fundament für den Neubau zu stabilisieren, werden hohle Stahlpfähle in den Fels getrieben und Beton eingespritzt.
Für diese Arbeiten und den Abbruch sind in den kommenden Wochen sechs Mitarbeiter des Tiroler Unternehmens HTB am Berg. Anschließend sind Handwerker der Lenggrieser Firma Simon Haus- und Holzbau aus dem Ortsteil Schlegldorf sowie weitere Betriebe aus der Region beschäftigt. Die Tölzer Hütte soll technisch modernisiert werden. So wird beispielsweise die Küche erweitert und so saniert, dass sie den aktuellen behördlichen Auflagen entspricht. Weiterhin entstehen ein neuer Eingang und ein Trockenraum für nasse Bergsteigerkleidung. Undichte Fenster werden ausgetauscht. Mitangepackt haben auch Mitglieder des Tölzer Alpenvereins. Vor der Sanierung hatte Hüttenwart Max Nichtl mit knapp zehn Leuten das Gebäude ausgeräumt.
Jetzt hofft Buchner, dass möglichst keine Überraschungen wie etwa Klüfte im Fels den Baufortschritt verzögern. Allerdings muss auch das Wetter mitspielen. Das kann im Hochgebirge schnell umschlagen. Dann werden Hubschrauberflüge unmöglich und müssen verschoben werden. Geplant sei aber, dass künftig immer montags ein Helikopter schwerere Materialien auf den Berg transportiere, schildert Buchner. "Ein genauer Terminplan ist aber schwierig vorauszusagen." Heuer wird die Tölzer Hütte aber auf jeden Fall geschlossen bleiben. Das Haus soll erst zur Saison 2021 wieder eröffnen.