Fing der Britpop eigentlich bei den Beatles an? Doch eher bei deren Verehrern Oasis, bei Blur, Suede oder Pulp, denn laut Definition entstand der Britpop Anfang der Neunzigerjahre durch eine Rückbesinnung auf die Traditionen britischer, gitarrenlastiger Rock- und Popmusik. Also eine Retro-Welle. Seitdem jedenfalls schaut man auch hierzulande noch genauer hin, was sich auf der Insel tut und freut sich über jede "British Invasion" an hiesigen Konzertorten. Bevor die von Britpop- zu Welt-Stars vermainstreamten Coldplay diesen August dreimal im Münchner Olympiastadion auftreten werden, sind schon Ende März einige spannende britische Bands in München zu Gast.

Was läuft an Shows?:Diese Shows sind sehenswert im März
Von der Zauberflöte bis zum Buchbinder Wanninger: Aus vielem lässt sich ein Musical machen. Davon sind einige im März zu sehen, dazu auch Zirkus und Live-Podcasts.
The 1975 aus Manchester haben alles, um die Britpop-Fackel weiterzutragen: Den Start als Post-Punk-Cover-Schülerband, eine frühe Förderung durchs BBC-Radio, einen Hit ("The City"), der es sogar in die US-Charts und auf ein Fußball-Videospiel schaffte, eine Fehleinschätzung des Musikmagazins NME als "schlechteste Band des Jahres", inzwischen aber von selbigem die Rehabilitation als "Band des Jahrzehnts". "Being Funny In A Foreign Language" ist nun bereits ihr fünftes Nummer-Eins-Album in Folge in den Brit-Charts. Verdienstvoll auch ihr Auftrittsverbot in Malaysia, nachdem Sänger Matty Healy als offene Kritik an den Anti-LGBT-Gesetzen des Landes einen Mitmusiker auf der Bühne küsste (18. März, Zenith).

Noch sozialkritischer (und damit durchaus Britrock-konform im Sinne der Sleaford Mods) sind die Idles aus Bristol. Ihr Sound ist sperriger, dennoch kommen sie in der breiten Masse an, ihre Alben "Ultra Mono" und "Tangk" landeten in GB auf Platz Eins, letzteres in Deutschland auf der Zwei. Für diverse Preise waren die Idles nominiert, zweimal für den Grammy, den Brit Award 2019 schnappte ihnen aber Tom Walker weg (der im November in München spielt). Spannend ist ihr Video zum Song "Grace", eine mit künstlicher Intelligenz erzeugte Aneignung des Frühwerks und des Gesichtes von Chris Martin, für das der Coldplay-Sänger persönlich sein OK gab (22. März, Zenith).
Eine Band, auf die sich viele neue Britrocker beziehen, sind The Pretenders, obwohl die mit Chrissie Hynde eine Sängerin aus Amerika haben. Ihr Konzert im Muffatwerk wurde von 23. März auf 30. September verlegt. Wer einen Blick in die Zukunft des Britpop wagen möchte, geht zu Hotel Lux im Milla (25. März). Die Londoner haben laut Ankündigung den Status als "Anwärter der selbstbewusstesten Band Großbritanniens" verspielt, warum auch immer. Ihren Songs wie "Ballad of You & I" merkt man das aber eh nicht an.

Während die treue Münchner Britpop-Szene alle zwei Wochen im Club Live Evil bei nostalgischen Atomic-Cafe-Nostalgie-Partys ihre Paul-Weller-Gedächtnis-Frisuren aufträgt (am 20. April etwa mit Schwedens Brit-Poppern Shout Out Louds), ist eine andere Szene längst woanders. Nämlich beim Italo-Pop. Die kommenden San-Remo-Sieger Principess mit Julia Viechtl, Maria Moling und Theresa Staffler haben ihr Debüt-Album voller "Carbonara Kraut Twist" quasi fertig - aber derzeit keine Konzerttermine. Dafür präsentiert der Münchner Cantautore D. Santoni seine neue Band Buco im Subkultur-Laden X-Bar im Lehel: ein wilder Haufen, der den Begriff "Italo" neu definieren will, mit schmutzigen Beats und sanften Melodien "auf sizilianische Art". Und was machen die Augsburger Auslöser des Italo-Hypes vor ihrem großen Konzert in der Olympiahalle (15. November)? Roy Bianco und seine Abbrunzati Boys sollen ihr neues Album "Kult" aufgenommen haben, nicht am Gardasee, sondern in den Abbey Road Studios der Beatles.