Zum Bergsteigen mit 49-Euro-Ticket:Dann halt doch wieder mit dem Auto!

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Ein 86 Jahre alter Mann aus Rheinland-Pfalz hat sich an der Alpspitze im Wettersteingebirge bei Garmisch-Partenkirchen verirrt - und tagelang im Wald ausgeharrt. Am Sonntag wurde er von einem Radfahrer entdeckt. (Foto: Angelika Warmuth/dpa)

Schienenersatzverkehr, Busausfälle wegen Personalengpass und Züge, die im Schritttempo fahren: Wer nachhaltig mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Wandern in die Münchner Hausberge startet, erlebt derzeit ein Desaster.

Glosse von Martin Bernstein

Der FC Bayern München und die Doppelsektion München und Oberland des Deutschen Alpenvereins (DAV) sind die größten Vereine in dieser sportbegeisterten Stadt. Beiden gemeinsam ist, dass es momentan ein bisschen dauert mit der Erfüllung der jeweiligen Herzenswünsche. Im Fall FCB: Tore schießen. Im Fall DAV: Auto stehen lassen und mit Bahn und Bus in die Berge fahren. In nahezu jeder Aussendung macht der Alpenverein seinen etwa 180 000 Münchner Mitgliedern mit bunten Schaubildern die Benutzung des öffentlichen Nahverkehrs schmackhaft. Allein, es klappt nicht.

Woran's bei den Bayern hapert, weiß nicht einmal Tuchel. Der DAV aber kann jede Schuld von sich weisen. Die von ihm initiierten Bergbusse sind eine feine Sache. Leider können die nicht überall hinfahren und auch keine 100 000 Menschen mitnehmen. Womit der potenziell nachhaltige Münchner Berggeher auf diverse Bahnunternehmen und örtliche Buslinien angewiesen ist. Für den erhofften Bergtag bei Traumwetter hat das freilich desaströse Folgen, wie ein Selbstversuch zeigt.

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Zwölf Stunden Abwesenheit von zu Hause, davon knapp vier Stunden am Berg. Der große Rest: Bus, Bahn, Ersatzverkehr, Bahnhof, Haltestelle, Zeit totschlagen. Das Ziel: nicht etwa die fernen Dolomiten - sondern die Alpspitze, ein Berg fast vor der Haustüre. Der Tag in Kurzfassung: Statt Bus kommt erst einmal MVG-Unfallhilfswagen. Zug gerade noch erreicht. Ziel Weilheim, dann Umsteigen in den Schienenersatzverkehr. Unfallbedingt fährt der über die Dörfer. Und er heißt so, weil irgendwo im Oberland immer Schienen ersetzt werden müssen, derzeit auf drei Strecken. Ein Ersatz für eine Zugfahrt ist er nicht, weil bei der Ankunft in Murnau der angepeilte Pendelzug nicht etwa gewartet hat, sondern fast leer abgefahren ist. Der nächste fährt in einer knappen Stunde - im Schritttempo. Der Schienen wegen.

Der Touristenort Garmisch mag seine Besucher auch nicht auf direktem Weg zur Seilbahn befördern. Stadtrundfahrt im Stundentakt. Laufen ist schneller. Um Punkt zwölf Uhr kann die Bergfahrt beginnen. Auf dem Rückweg dann das nämliche. Warten, Garmisch-Rundkurs, Zug weg, erneute Warterei, Ersatzverkehr komplett überfüllt, Anschlusszug ebenso. Der finale Bus zur eigenen Haustür fällt aus. Personalengpass. Das nächste Mal, sorry, lieber DAV, trotz aller guten Vorsätze: wieder mit dem Auto.

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