Landgericht:Künstler muss Atelier auf der Praterinsel räumen

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Jahre lang hat Wolfgang Flatz um seine Räume gekämpft. Nun gibt das Landgericht seinem Vermieter im zentralen Punkt des Streits Recht.

Von Sebastian Krass

Niederlage für Wolfgang Flatz im Rechtsstreit um die Nutzung einer ehemaligen Garage auf der Praterinsel: Der renommierte Künstler muss die Räume, die er seit 1988 als Atelier und später auch als Wohnraum genutzt hat und um die er seit Jahren kämpft, räumen. In diesem zentralen Punkt hat das Landgericht München I einer Klage von Flatz' Vermieter, dem Bau- und Immobilienunternehmer Urs Brunner, stattgegeben. Mit seiner Forderung, Flatz müsse ihm 19 000 Euro Nutzungsentschädigung zahlen, kam Brunner allerdings nicht durch. Das Gericht hielt lediglich einen Anspruch von 1000 Euro für berechtigt.

Ob Flatz nun tatsächlich die Garage mit der Adresse Praterinsel 3 verlässt und Brunner übergibt, ist noch offen. Eine Berufung gegen das Urteil ist möglich. Flatz' Anwältin sagte, sie müsse das weitere Vorgehen noch mit ihrem Mandanten besprechen. Brunner könnte die Räumung auch schon vor einer möglichen Entscheidung in zweiter Instanz durchsetzen. Ob er das anstrebt oder den weiteren Fortgang der Sache abwartet, ist ebenfalls noch unklar. Sein Anwalt sagte am Mittwochnachmittag, er habe Brunner noch nicht sprechen können.

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Der 69 Jahre alte Flatz, der als Performancekünstler international bekannt geworden ist und auch als bildender Künstler arbeitet, hatte die Garage Ende der Achtzigerjahre vom damaligen Eigentümer der Praterinsel überlassen bekommen, ohne Geld dafür bezahlen zu müssen. Seine Gegenleistung sei gewesen, die Praterinsel mit seiner Präsenz bekannt zu machen und Ausstellungen zu kuratieren, so Flatz.

Der Eigentümer ließ Strom, Wasser und Heizung abstellen

Urs Brunner, seit Jahren einer der großen Akteure auf dem Münchner Immobilienmarkt, kaufte die Praterinsel 2015 und ließ Flatz Ende 2018 mündlich wissen, er müsse raus. Es begann eine verschlungene Geschichte zunächst mit Versuchen einer Einigung. So berichtete Flatz vor Gericht, Brunner habe angeboten, einige Kunstwerke zu kaufen, wenn Flatz geht. Brunners Frau habe Anfang 2019 300 000 Euro für drei Werke geboten, Urs Brunner soll den Deal dann aber wieder abgeblasen haben.

Mit der Zeit verschlechterte sich das Verhältnis. Im vergangenen Jahr forderte Brunner die Räumung dann auch schriftlich und kündigte das Mietverhältnis - allerdings nur vorsorglich, weil Brunner und sein Anwalt bestritten, dass es überhaupt ein gültiges Mietverhältnis gegeben habe, die Nutzung basiere nur auf Gefälligkeit. Zudem ließ Brunner Strom, Wasser und Heizung abstellen und den Eingang zum Gebäude verriegeln. Dagegen erwirkte Flatz vor Gericht einstweilige Verfügungen und machte den Konflikt mit Aktionen unter dem Motto "So nicht, Herr Brunner" öffentlich - was den Vermieter noch einmal mehr reizte.

Die Richterin legt in ihrer Urteilsbegründung dar, dass es 1988 durchaus einen mündlichen Abschluss eines unbefristeten Mietvertrags gegeben habe, den Brunner mit dem Kauf der Praterinsel übernommen habe. Eine Zahlung von Geld sei nicht unbedingt nötig für ein Mietverhältnis, es kämen auch andere geldwerte Leistungen als Gegenleistung in Frage, solche habe Flatz erbracht. Als Flatz die Garage auch zu Wohnzwecken ausbaute, sei ein "Mischmietverhältnis" zwischen Gewerbe und Wohnen entstanden, schreibt die Richterin. Dies allerdings sei vorwiegend gewerblich gewesen. Deshalb könne Flatz nicht den deutlich strengeren Kündigungsschutz für Wohnraum für sich beanspruchen. Somit ist nach dem Urteil des Landgerichts die Kündigung des Gewerbemietvertrags zum 31. Dezember 2021 in Kraft getreten.

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