Wirtschaft in München:Rettung gescheitert: Endgültiges Aus für Kaufhof am Stachus

Lesezeit: 3 min

Das Aus nach knapp 70 Jahren: Die Filiale von Galeria Kaufhof am Stachus muss schließen. (Foto: Robert Haas)

Nach knapp 70 Jahren ist Schluss: Das Warenhaus am Stachus schließt. Die Verhandlungen zwischen Eigentümer, Vermieter und Stadt bleiben erfolglos.

Von Sebastian Krass, München

Noch am Freitag haben etwa 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dafür demonstriert, dass der Betrieb im Kaufhof am Stachus weiterläuft. Doch es hat nichts geholfen. Am frühen Dienstagabend vermeldete Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) per Pressemitteilung das Aus für die das seit knapp 70 Jahren bestehende Warenhaus in der Münchner Innenstadt. Die von ihm in mehreren Verhandlungsrunden angepeilte zumindest vorübergehende Fortführung des Betriebs sei "trotz intensiver Bemühungen nicht verhandelbar" gewesen, erklärte Reiter.

"Damit werden wir Ende des Monats die Kündigung auf dem Tisch haben, und die Beschäftigten werden Ende Oktober vor der Tür stehen", sagte der Hauptvermieter des Warenhauses am Stachus, Michael Zechbauer, der SZ. "Es ist ein äußerst enttäuschendes Ergebnis." Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi arbeiten etwa 220 Menschen im Kaufhof am Stachus.

Er habe "in diversen Treffen und Telefonaten" mit Zechbauer, René Benko, der Eigentümer der Galeria Karstadt Kaufhof-Gruppe (GKK) ist, den Insolvenzverwaltern der GKK-Gruppe und Betriebsräten "versucht, eine Kompromisslösung zu finden", sagte Reiter, letztlich vergeblich.

Wirtschaft in München
:Eine Stadt mit Kaufhaustradition

Das Aus für viele Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof zeigt, wie bedroht die einstigen Konsumkathedralen sind - selbst in München, wo viele Kapitel Kaufhaus-Geschichte geschrieben wurden.

Von Wolfgang Görl

Im Juni war bekannt geworden, dass der schon angeschlagene und durch die Corona-Krise zusätzlich belastete GKK-Konzern drei Filialen in München schließen will: Kaufhof am Stachus und im Olympia-Einkaufszentrum sowie Karstadt am Nordbad. Zechbauer, der mit seiner Familie den größten Teil der Filiale am Stachus vermietet, hatte daraufhin Ende Juni angeboten, drei Viertel der Miete zu erlassen, um den Betrieb vorübergehend aufrecht zu erhalten. Damit, sagte er, könnten die Beschäftigten Zeit gewinnen, neue Jobs zu finden. Reiter sagt, er habe zugesagt, sich bei den Stadtwerken München, die ebenfalls einen Teil der Flächen vermieten, "für eine nennenswerte Mietreduzierung bis hin zu einem vollständigen Mietverzicht in Millionenhöhe einzusetzen".

Letztlich ist eine Einigung an Differenzen über die Laufzeit des Vertrags gescheitert: Die GKK habe auf vier Jahren bestanden, erklärt Reiter. Zechbauer habe sein ursprüngliches Angebot bis Ende 2021 auf drei Viertel der Miete zu verzichten, um ein weiteres Jahr verlängert. Das aber sei "von Herrn Benko mit dem Hinweis auf wirtschaftliche Zwänge abgelehnt worden". Vier Jahre zu der drastisch reduzierten Miete wiederum könne seine Familie sich nicht leisten, sagt Zechbauer,"unsere Verluste werden 25 bis 30 Millionen Euro betragen".

Nach dem Ende des Kaufhof-Betriebs werden die Zechbauers das Gebäude aufwendig sanieren und neue Nutzer suchen. Er habe auch den bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) um Unterstützung gebeten, und der habe Bürgschaften in Aussicht gestellt, sagte Zechbauer. Auch das half nichts.

Auch der Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz, der als Generalbevollmächtigter und Verhandlungsführer für GKK in den Verhandlungen agiert hat, meldete sich am Dienstagabend zu Wort: "Trotz aller Bemühungen ist es nicht gelungen, uns mit dem Vermieter auf eine dringend nötige Mietsenkung und eine Mindestlaufzeit von vier Jahren zu einigen", erklärte Geiwitz in einem Statement, das ein Sprecher Benkos verschickte. "Wir hatten sogar angeboten, den Mietvertrag um 20 Jahre zu verlängern, jedoch natürlich zu einer marktgerechten, vernünftigen Miete." Der Kaufhof Stachus stecke "tief in den roten Zahlen und ist nicht wettbewerbsfähig", so Geiwitz. "Er hat unter diesen Umständen keine Perspektive, so leid mir dies tut."

In anderen deutschen Städten, etwa in Nürnberg, war es in den letzten Tagen gelungen, über Mietnachlässe Filialen zu retten. Mit der nun offenbar bevorstehenden Schließung des Kaufhofs am Stachus endet eine knapp 70-jährige Geschichte. Michael Zechbauers Großvater hatte das Gebäude eigens für Kaufhof gebaut. Durch die Verschmelzung von Kaufhof und Karstadt ist aber in der Münchner Innenstadt eine Ballung von Warenhäusern desselben Konzerns entstanden. Die GKK setzt nun offenbar auf die Filialen, deren Immobilien ebenfalls Benkos Signa-Gruppe gehören, wie etwa der Karstadt, der sich in direkter Nachbarschaft vom Stachus bis zum Hauptbahnhof erstreckt. Zudem baut die Signa in den nächsten Jahren ein paar Hundert Meter weiter die Alte Akademie zu einem Shoppingzentrum um.

Reiter spricht in seinem Statement davon, dass GKK insgesamt vier Filialen in München schließe, neben denen von Kaufhof meint er damit auch den Karstadt Sport an der Neuhauser Straße. Mit dessen Schließung war gerechnet worden, eine offizielle Bestätigung gab es bisher nicht. Der Karstadt an der Münchner Freiheit hingegen bleibt entgegen ursprünglichen Plänen in Betrieb. "Leider muss ich feststellen, dass das Schicksal der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den wirtschaftlichen Überlegungen der betreffenden Unternehmer am Ende keine Rolle gespielt hat", erklärt Reiter. "Das ist bitter für die Beschäftigten, die nun vor der unmittelbaren Kündigung oder dem Wechsel in eine Transfergesellschaft stehen."

© SZ vom 22.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: