Nachruf auf Sigi Rothemund:Alpenglüh'n und Schamesröte

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Regisseur Sigi Rothemund im Jahr 2007 bei einer Filmpremiere. (Foto: Ursula Düren/dpa)

Fürs Kino drehte Sigi Rothemund Sexfilme, fürs Fernsehen "Timm Thaler" und "Donna Leon". Jetzt ist der Münchner mit 79 Jahren gestorben.

Von Jürgen Moises

Was treibt die Maus im Badehaus? Diese Frage würde mancher wohl eher in der Trickfilmserie "Tom & Jerry" verorten. Tatsächlich ist das aber der Titel eines Films von 1975, den das damals noch stark katholisch geprägte Magazin Filmdienst als "läppisches, zähflüssiges Sexlustspiel" beschrieb, "das mit Verwechslungen, primitiven Sexszenen und albern-peinlichen Witzchen über die Runden zu kommen versucht". Regisseur des Films war Siggi Götz, von dem auch Werke wie "Bohr weiter, Kumpel" oder "Alpenglüh'n im Dirndlrock" stammen. Beides Lederhosen-Sexfilme, und damals wahre Kassenknüller, für die sich die Schauspieler und Zuschauer danach aber oft schämten. Ähnlich war es bei Siggi Götz, der eigentlich Sigi Rothemund hieß und nun im Alter von 79 Jahren verstorben ist.

"In der Rückschau sind die Filme witzig, aber damals fand ich das gar nicht lustig, ich habe darunter gelitten und deshalb Komplexe gehabt." So begründete der Münchner in einem seiner sehr seltenen Interviews 2007 in der tz, warum er sich jahrelang von seinem zweiten Ich "Siggi Götz" distanzierte und über die unter Pseudonym entstandenen Filme eigentlich nie sprach. Dabei waren darunter keineswegs nur die aus heutiger Sicht doch eher harmlosen Sex-Komödchen. Sondern etwa auch die in den Achtzigern mit Thomas Gottschalk und Mike Krüger entstandenen Filme "Piratensender Powerplay" und "Die Einsteiger". Gut, auch die hat der Filmdienst nicht gemocht, aber auch sie waren an der Kinokasse sehr erfolgreich und genießen heute sogar Kultstatus.

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Aber, wie schon gesagt: Abgesehen vielleicht von Rinaldo Talamonti haben sich auch viele Siggi-Götz-Darsteller von den für die Lisa Film GmbH entstandenen Sex-Komödien distanziert. Und bei Rothemund selbst, der seine Laufbahn als Regieassistent von Franz Marischka, Zbyněk Brynych und Peter Weck begann, hatte das sicher mit der zweiten Karriere zu tun, die er unter eigenem Namen im Fernsehen startete. Die begann 1979 mit der erfolgreichen ZDF-Weihnachtsserie "Timm Thaler" nach James Krüss mit Thomas Ohrner in der Hauptrolle und Horst Frank als Baron de Lefouet, der als markanter Bösewicht Timm Thaler sein Lachen abkaufen will. An diesen Weihnachtsmehrteiler, der den damals 14 Jahre alten Thomas Ohrner zum Kinderstar machte und mit dem Rothemund damals eine Art neues Genre schuf, können sich sicher noch viele erinnern.

Bei den Nachfolge-Serien "Silas" (1981) und "Jack Holborn" (1982) mit Patrick Bach, der dadurch wie Ohrner zum Kinderstar wurde, führte Rothemund ebenfalls Regie. Danach folgten weitere Fernsehfilme wie "Affäre Nachtfrost" (1989) mit Gudrun Landgrebe und Hansjörg Felmy. Außerdem wirkte der Münchner als Regisseur an Krimiserien wie "Peter Strohm" und "Der Clown" mit.

Im Nachhinein beeindruckt das hohe Pensum, das Rothemund an den Tag legte

Von 2002 bis 2019 war dann die ARD-Filmreihe " Donna Leon" sein Hauptjob. Und im Nachhinein beeindruckt das hohe Pensum, das Rothemund als Filmemacher an den Tag legte. Manche nannten ihn deshalb einen "Routinier". Ulrich Mannes formuliert es so: "Das war oft einfach nur ein Runterdrehen. Da gibt es keine Handschrift zu entdecken". Mannes gibt seit 2001 in München das Filmmagazin " Siggi Götz Entertainment" heraus, das sich vorwiegend dem Übersehenen der deutschen Filmgeschichte widmet. Der Magazin-Name, sagt Mannes, sollte eigentlich nur rätselhaft klingen und keine direkte Hommage sein. Dass er trotzdem ein Kenner ist, belegt das im Verbrecher-Verlag erschienene Büchlein "Alpenglühn 2011", in dem er sich in fiktiver Dialog-Form mit den Siggi-Götz-Filmen beschäftigt.

Darin erfährt man, dass man in der Erotik-Romanze "Es war nicht die Nachtigall" von 1974 mit Sylvia Kristel François-Truffaut-Einflüsse erkennen kann. Quentin Tarantino wiederum verglich den Film mit Eric Rohmer. Eine nachträgliche Oscar-Nominierung dürfte es zwar trotzdem nicht geben, wie sie sein Sohn, der Regisseur Marc Rothemund, 2005 für "Sophie Scholl" bekam. Wie er das gesehen hat, dass unvoreingenommene Cineasten die Siggi-Götz-Filme neu bewerten, wäre aber interessant zu erfahren. Was man zuletzt erfuhr, war, dass der 30 Jahre lang im Stadtteil Bogenhausen beheimatete Regisseur an einer Verschiebung der Wirbelsäule litt. Dann kam der Krebs dazu, dem Rothemund, wie seine Töchter Dany und Nina Rothemund bestätigten, nun am 13. Januar auf Menorca erlag.

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