Protest mit weggeworfenen Christbäumen:Klima-Aktivisten protestieren gegen die Grünen

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Mit am Straßenrand weggeworfenen Christbäumen blockierten die Aktivisten den Zugang zu den Büros des Landesverbands der Grünen. (Foto: Robert Haas)

"Extinction Rebellion" verbarrikadiert den Büro-Zugang der Partei. Die fühlt sich zu Unrecht getroffen und kritisiert den Begriff "Ökozid".

Von Jakob Wetzel

Einen "Baumfriedhof" nennen es die Aktivisten selbst - und auch einen "corona-konformen Protest", denn auf dem Gehweg treffen ja keine Menschen aufeinander, sondern nur ausrangierte Christbäume. Aktivistinnen und Aktivisten der Klimaschutz-Gruppe "Extinction Rebellion" haben am Mittwochmorgen etwa drei Dutzend in München am Straßenrand weggeworfene Tannen eingesammelt und mit ihnen um 7 Uhr den Zugang zu den Büros des Landesverbands der Grünen am Sendlinger Tor verbarrikadiert. So wollten sie für die Rettung der Wälder demonstrieren; auf Transparenten forderten sie dazu ein "Ökozid-Gesetz": Umweltzerstörung solle strafbar werden. Ähnliche Aktionen gab es in anderen deutschen Städten.

Dass der Protest ausgerechnet die Klima- und Umweltschutzpartei der Grünen trifft, liegt nicht zuletzt an der Teilrodung des Dannenröder Forsts in Hessen im vergangenen Jahr. Unter einer schwarz-grünen Landesregierung wurden dort alte Eichen und Buchen gefällt, um Platz für die Autobahn A 49 zu schaffen. Das habe viele Aktivisten desillusioniert, heißt es von "Extinction Rebellion".

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Wenn die Partei die Unterstützung der Klimaschützer wolle, müsse sie beweisen, dass sie wirklich für Umwelt- und Klimaschutz stehe. Auch vor Ort, etwa in München. Hier würden Jahr für Jahr 2500 Bäume gefällt, sagt Susanne Egli von "Extinction Rebellion". Die Aktivisten fordern zudem, dass die Stadtwerke umgehend aus der Öl- und Gasförderung in der Nordsee aussteigen. Und auch die Internationale Automobilausstellung IAA 2021 in München müsse "verhindert" werden, heißt es. Ziel sei doch, den Individualverkehr zu überwinden, sagt Egli.

Die Münchner Grünen fühlen sich von dem Protest getroffen: Sie teilten ja die Anliegen der Aktivisten, sagt Dominik Krause, Fraktionsvize der Grünen im Stadtrat. Er störe sich aber an dem Begriff "Ökozid"; denn der verharmlose Genozide und sei besonders im Hinblick auf die deutsche Geschichte unangemessen. Und in der Praxis sei leider vieles kompliziert. Die IAA etwa könne die Stadt gar nicht verhindern. Und was die Öl- und Gasförderung angehe, wollten auch Grüne und SPD den Ausstieg, doch das brauche Zeit.

Der Landesverband der Grünen reagiert ähnlich. Die A 49 sei falsch, sagt eine Sprecherin der Grünen. Ihren Bau habe aber der Bund beschlossen, die hessischen Grünen hätten das umsetzen müssen, das verlangten Demokratie und Rechtsstaat. Und beim sogenannten Ökozid-Gesetz stimme man überein: Die Grünen setzten sich dafür ein, dass Individuen, Unternehmen und Regierungen für Umweltzerstörung international haftbar gemacht werden können. "Verbrechen gegen die Umwelt" müssten grenzüberschreitend verfolgt werden.

Der Protest am Sendlinger Tor ist am Mittwoch weitgehend geräuschlos geblieben: Die Polizei war gegen 7.15 Uhr vor Ort; die Beamten trafen keine Aktivisten mehr an, stellten aber Anzeigen wegen Verstößen gegen das Pressegesetz, nach dem Plakate etwa ein Impressum haben müssen, und weil der Boden offenbar mit Kunstblut verschmutzt war. Die Christbäume hat die Stadt wieder entfernt. Die Grünen wiederum haben den Protest vor ihrer Geschäftsstelle nur am Rande mitbekommen. Eine Sprecherin sagt, sie seien alle schon seit 17. März im Home-Office.

© SZ vom 14.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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