Forschungsprojekt:Der Münchner Norden wird zur Teststrecke für autonomes Fahren

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In Bad Birnbach pendelt bereits ein autonom fahrender Bus - in München soll getestet werden, wie die Technik in der Großstadt funktioniert. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Die Stadt möchte sich an einem groß angelegten Forschungsprojekt beteiligen - Ziel ist es, den Verkehrsfluss zu verbessern.

Von Andreas Schubert

Busse und Autos, die ohne Fahrer auskommen, Pakete, die von selbst fahrenden Lieferwagen transportiert werden: Schon in naher Zukunft soll das autonome Fahren auch in Städten möglich sein. Bis es soweit ist, steht allerdings noch einiges an Forschungsarbeit an.

Die Stadt München treibt nun die Entwicklung des autonomen Fahrens weiter voran. Im Norden der Stadt und über deren Grenzen hinaus soll ein Testfeld entstehen, in dem automatisierte und vernetzte Fahrzeuge unter realistischen Bedingungen erprobt werden können. Dies geschieht im Rahmen des Forschungsprojekts "Tempus", das sich mit mehreren Aspekten der intelligenten Verkehrssteuerung auseinandersetzt. An diesem Mittwoch soll die Vollversammlung des Stadtrats die Teilnahme an dem Projekt beschließen.

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Das Akronym "Tempus" steht für "Testfeld München - Pilotversuch Urbaner automatisierter Straßenverkehr". Das Projekt soll bereits Anfang nächsten Jahres beginnen und bis Mitte 2023 laufen, für die Kosten soll das Bundesverkehrsministerium aufkommen. Die Stadt arbeitet dabei mit zwölf Projektpartnern zusammen, zu denen unter anderem der Freistaat und die Technische Universität München gehören sowie die Stadtwerke, Siemens und der Autobauer BMW.

Das Forschungsprojekt soll klären, wie sich autonomes Fahren auf den Verkehr auswirkt, wie sicher es ist und wie hoch die Akzeptanz bei nicht-motorisierten Verkehrsteilnehmern ist. Dazu braucht es umfangreiche Fahrversuche im realen Straßennetz, dazu gehören ein autonom fahrender öffentlicher Nahverkehr und der Lieferverkehr, weswegen etwa auch das Logistikunternehmen UPS am Feldversuch teilnimmt. Um das Testfeld aufzubauen muss die Infrastruktur angepasst werden, nur so wird autonomes Fahren in der Stadt überhaupt erst möglich. Dazu sollen unter anderem Ampeln eine neue Kommunikationstechnologie bekommen.

Testfelder für automatisiertes Fahren gibt es bereits vielerorts. Unter anderem in Bad Birnbach im Landkreis Rottal-Inn rollt seit drei Jahren ein automatisierter Kleinbus der Bahn über die Straßen, in Kronach, Hof und Rehau werden neuerdings ebenfalls autonome Busse getestet - allerdings jeweils mit einem Sicherheitsfahrer an Bord, der im Zweifel eingreifen kann. Weiter ist man in den USA: Nach dem US-Staat Arizona hat kürzlich auch Kalifornien sogar den kommerziellen Betrieb von fahrerlosen Robo-Taxis zugelassen. Und die Vereinigten Arabischen Emirate wollen 2030 schon ein Viertel des gesamten Verkehrs autonom abwickeln.

Verkehrsdaten sollen in Echtzeit erhoben werden

Abgesehen vom autonomen Fahren soll die Digitalisierung allgemein sowohl den Verkehrsfluss befördern als auch das Verkehrsaufkommen verringern - und somit zur Luftreinhaltung beitragen. Dazu will die Stadt Verkehrsdaten in Echtzeit erheben. Die Überlegung, den Verkehr mit Kameras zu erfassen, hält das Kreisverwaltungsreferat (KVR) aber einerseits für zu teuer und aufwendig, andererseits für datenschutzrechtlich bedenklich.

Eine Lösung könnte sein, Echtzeit-Verkehrsdaten von Navigationsdienstleistern zu nutzen. Aber auch Baustellen, Unfälle und temporäre Einflüsse auf den Straßenverkehr müssten in Echtzeit erfasst und an die Verkehrssteuerung übertragen werden. Bis Ende 2023 soll dies möglich sein. Im Verkehrsmodell der Stadt sollen dann alle gesammelten Verkehrsdaten weiterverarbeitet und in Verkehrsprognosen umgewandelt werden, welche es etwa ermöglichen, konkrete Verkehrsvorhersagen für die nächsten 15, 30 oder 60 Minuten im Stadtgebiet zu erzeugen.

Im Projekt "Tempus" sollen die technischen Voraussetzungen geschaffen werden, um die Verkehrsdaten in die IT-Systeme der Stadt zu integrieren und daraus, so heißt es in der Vorlage, "strategische Routeninformationen" zu generieren. Eine stadtweite voll automatisierte und auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierende Steuerung der Ampelanlagen hält das KVR allerdings für nicht empfehlenswert. Eine flexible KI-Steuerung stünde der Bevorzugung von Bussen und Trambahnen des öffentlichen Nahverkehrs an Ampeln im Weg, heißt es. Zudem sei so eine KI-basierte Fernsteuerung der Ampeln mit der eingesetzten Signaltechnik in München momentan nicht möglich. Man müsste KI-gesteuerte Ampeln also von der sonstigen Steuerung herausnehmen. Dann aber liefen sie nicht mehr synchron zur ÖPNV-Beschleunigung und den grünen Wellen im Umfeld.

© SZ vom 16.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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