Neuer Arnulfsteg:Früher wäre mehr Feier gewesen

Lesezeit: 1 min

Vor allem Fahrradfahrer freuen sich über die neue Verbindung über die Bahngleise. (Foto: Robert Haas)

Endlich ist der Arnulfsteg eröffnet. Und die Stadt? Tut das heimlich, still und leise in der Rathausumschau kund - und da wäre noch die Sache mit der fehlenden Anbindung des Stegs an das Westend.

Glosse von Andreas Schubert

Der Moment hätte in die Mobilitätsgeschichte der Stadt eingehen können: Endlich, nach langen Jahren des Wartens, hat die Stadt am Tag vor Weihnachten den Arnulfsteg eröffnet, der die Schwanthalerhöhe mit der Maxvorstadt und Neuhausen verbindet. Endlich also ist zusammengewachsen, von dem man nicht weiß, ob es denn überhaupt zusammengehört. Aber so ein Brückenschlag tut den Münchnern in schwierigen Zeiten bestimmt gut.

Was hätte es ohne Corona für einen Auflauf gegeben! Mindestens die Münchner Philharmoniker wären zur Einweihung aufmarschiert, um Mahlers "Auferstehungssinfonie" für das schon einmal totgesagte Brückerl zu intonieren. Oberbürgermeister Dieter Reiter hätte mit seiner Band Next Generation "Bridge Over Troubled Water" gespielt, während Baureferentin Rosemarie Hingerl kostenlos alkoholfreien Radlfahrerpunsch ausgeschenkt hätte. Angemessen wär's gewesen nach all der Verzögerung beziehungsweise Verteuerung des Projekts. Aber wie's halt gerade so geboten ist, hat die Stadt die Übergabe ihres Weihnachtsgeschenks an die Münchner ohne großes Tamtam per Meldung in der Rathausumschau verlautbart.

Stadtplanung
:Bunte Visionen statt grauem Parkraum

Wie könnte die Stadt der Zukunft aussehen? Dutzende Münchner Initiativen entwickeln Ideen und stoßen Projekte an, um Straßen für anderes zu nutzen, als nur das Auto dort abzustellen. Als Vorbild könnten die "Superblocks" in Barcelona dienen.

Von Thomas Anlauf

An den Weihnachtstagen haben viele Münchner auch ohne Einweihungsfeier schon mal die Gelegenheit genutzt, um die neuen Ausblicke vom Steg zu genießen, so lange die Aufzüge noch gut riechen und die Glaswände noch frei von Graffiti sind. Und die Kommentare im Netz ließen nicht lange auf sich warten. Wie das Oktoberfest oder der Fasching ist der Steg für die einen super, für die anderen ein teurer Schmarrn - weil ein echter Radler erst dann zufrieden ist, wenn mindestens die Donnersbergerbrücke für den Autoverkehr gesperrt wird, um richtig Platz für Lastenräder zu schaffen.

In der Tat verbesserungswürdig ist die Anbindung des Stegs an das Westend, da es noch keine vernünftige Querung der Landsberger Straße gibt. Eine solche ist durchaus vorgesehen, ihre Fertigstellung wäre ein guter Anlass, den Arnulfsteg doch noch gebührend zu feiern. Man kann nur hoffen, dass sich das Aufstellen der Ampel nicht allzu lange hinzieht. Wäre zu schade, wenn der OB bis dahin zu alt wäre, eine Gitarre zu halten.

© SZ vom 29.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusStädte und Corona
:"Diese Krise fordert ein ganz neues Denken"

Alan Thierstein ist Professor für Raumentwicklung. Er untersucht, welche Folgen die Pandemie für Städte hat. Über coronagerechte Geschäfte, wie München fahrradfreundlicher werden kann und weshalb er es gut findet, dass das Oktoberfest abgesagt wurde.

Interview von Sabine Buchwald

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: