Energiewende:Irgendwo wird jeder ein Windrad sehen

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Vor allem Wälder im Süden Münchens sind als Vorranggebiete für den Bau von Windkraftanlagen vorgesehen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Regionale Planungsverband legt 22 Vorranggebiete mit insgesamt 127 Quadratkilometer Fläche für den Bau von Windkraftkraftanlagen rund um München fest. Der Blick auf die Alpen soll jedoch frei bleiben.

Von Iris Hilberth, Oberhaching

Nach und nach wird konkreter, wo in der Region geeignete Flächen für die Nutzung von Windkraft festgelegt werden. Der Regionale Planungsverband München (RPV) hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag in Oberhaching auf 22 Vorranggebiete verständigt, die über acht Landkreise rund um München verteilt in Summe knapp 127 Quadratkilometer groß sind und somit etwa 2,3 Prozent der Regionsfläche entsprechen. RPV-Vorsitzender Stefan Schelle sieht den Verband mit dem Entwurf des Steuerungskonzepts auf einem guten Weg. Damit werde jeder immer einen Berg, aber irgendwo auch ein Windrad sehen. Doch es gibt auch Kritik an den Plänen.

Gesetzlich ist der Verband als Zusammenschluss der Kommunen in der Planungsregion München verpflichtet, bis spätestens Ende 2027 mindestens 1,1 Prozent seiner Regionsfläche, knapp 61 Quadratkilometer, als Windenergiegebiet festzulegen. Bis spätestens Ende 2032 muss der Freistaat Bayern landesweit 1,8 Prozent seiner Fläche ausweisen. Mit einer Suchraumanalyse vergangenen September überprüfte der RPV insgesamt 7,4 Prozent seiner Fläche auf eine Eignung für Rotoren.

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Nun ist zunächst einmal mehr übrig geblieben als gesetzlich vorgeschrieben. Doch steht man mit dem Entwurf und dem bevorstehenden Vorab-Beteiligungsverfahren noch ganz am Anfang des Prozesses, durch den sich noch Änderungen ergeben können. Bis die ersten Windräder Strom liefern, wird es nach Schätzungen Schelles noch sechs bis acht Jahre dauern, zumal dies auch noch von den Netzbetreibern abhänge. "Wir müssen jetzt einen kühlen Kopf bewahren und sehen, ob das realisierbar ist", so der Verbandsvorsitzende und CSU-Bürgermeister von Oberhaching.

Vorgelegt hat der RPV eine Planung, die im Norden der Region ein Drittel und im Süden zwei Drittel der möglichen Vorrangflächen vorsieht. "Sie gleichmäßig zu verteilen, ist nicht möglich", sagt RPV-Geschäftsführer Marc Wißmann. Die Ausgangslage sei sehr unterschiedlich. Im Süden gebe es große Staatsforstgebiete, der Norden sei hingegen durch viele kleine Flächen geprägt, mit teils großen Lücken, insbesondere bedingt durch Flughafen, militärische Belange und kleinteilige Siedlungsstrukturen.

(Foto: SZ-Grafik; Quelle: Regionaler Planungsverband München)

Daher werden im Süden Großstrukturen mit einem Abstand untereinander von mindestens 15 Kilometern ausgewiesen. Hier sind teilweise bereits Windenergieanlagen vorhanden. Von Westen nach Osten gibt es fünf große Ausweisungen mit insgesamt sechs Vorranggebieten: Denklinger Forst, Riederau (westlich des Ammersees), Forstenrieder Park und Berg als ein Cluster, Hofoldinger Forst und Ebersberger Forst. Im Norden sollen die Kleinstrukturen zu Clustern mit Abständen untereinander von möglichst mindestens fünf Kilometern gebündelt werden, bestehende Windparks inklusive. Durch diese Cluster entstehen 16 Vorranggebiete.

Bei der Abwägung, welche der ursprünglich betrachteten Flächen tatsächlich als Windkraftstandorte infrage kommen, hat sich der Planungsverband eine "behutsame Weiterentwicklung des Landschaftsbilds" zum Ziel gesetzt. Einen unkoordinierten Ausbau und eine Verspargelung der Landschaft gelte es zu verhindern, so Geschäftsführer Wißmann. Sollte der RPV bis 2028 keine Planungen vorlegen, würde der Windenergieausbau privilegiert zugelassen und der Planungsverband hätte keine Steuerungsmöglichkeit mehr.

Es soll weder "Querriegel" in der Landschaft noch eine "Umzingelung" von Siedlungen geben

Es müsse ein Umdenken stattfinden, aus der kommunalen Perspektive müsse eine regionale werden, forderte Wißmann daher in Oberhaching. "Wir wollen ein regional schlüssiges und ausgewogenes Gesamtkonzept zur Windenergie erarbeiten. Es ist geprägt von der Leitidee, Windenergieanlagen auf zusammenhängenden Flächen zu konzentrieren, die sich mit Landschaften abwechseln, die keine Infrastrukturen für Windenergie aufweisen." Man wolle dabei die Blickbeziehungen insbesondere auf die Alpen wahren und daher keine Querriegel bauen. Auch eine Umzingelung von Siedlungen soll vermieden werden. Zudem seien Aspekte der Energiegewinnung, der Land- und Forstwirtschaft sowie der Schutz von Natur, Arten und Trinkwasser eingeflossen. Einzelne Vorranggebiete wurden so neu zugeschnitten und Teile herausgenommen, etwa wegen Artenschutz, Wasserschutz, Bodenschätzen oder Siedlungsumfassung.

Allerdings sind in den 22 Vorranggebieten bereits laufende lokale Planungen nicht berücksichtigt. "Es macht wenig Sinn, alle kommunalen Gebiete als Vorranggebiete auszuweisen", so Wißmann. Das regionale Konzept könne nie gleich der Summe der kommunalen Planungen sein. Bestehende Sondergebiete und Konzentrationsflächen blieben aber grundsätzlich wirksam. Kommunen könnten über Bauleitplanung zudem zusätzlich Flächen ausweisen.

Gleichwohl gibt es die Möglichkeit, dass bestehende Sondergebiete oder Konzentrationsflächen durch Ausschlussgebiete im Regionalplan überlagert werden. Genau das sehen Kritiker der Planungen als Problem. So weist die Ebersberger Klimaschützerin Lea Steiner darauf hin, dass "damit sogar bereits angestoßene Projekte verhindert werden können". Sie sieht die Ausschlussflächen als "größtes Damoklesschwert" für die Windkraft in der Planungsregion.

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