Erneuerbare Energie:Wer hat's blockiert?

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Kerstin Schreyer hat bei einer Pressekonferenz mit dem Erdwärme-Grünwald-Chef Andreas Lederle die Bundesregierung für Verzögerungen beim Geothermie-Ausbau verantwortlich gemacht. Jetzt drehen die Grünen den Spieß um. (Foto: Claus Schunk)

Das Potenzial der Tiefengeothermie in Südbayern wird bisher nur zu einem Bruchteil genutzt. CSU und Grüne geben sich gegenseitig die Schuld dafür, dass die Pläne für weitere Bohrungen ins Stocken geraten sind.

Von Patrik Stäbler, Unterhaching/Grünwald

Die Tiefengeothermie ist - allen Lobreden zum Trotz - weiterhin ein Nischenphänomen. 2021 trug diese Art der regenerativen Energiegewinnung, bei der heißes Wasser aus mehr als 400 Metern Tiefe nach oben gepumpt wird, laut dem Energie-Atlas Bayern bloß 0,5 Prozent zur gesamten Wärmeerzeugung im Freistaat bei. Dabei haben Forschende der Technischen Universität München kürzlich das große Potenzial dieser Technologie aufgezeigt. So ließen sich laut ihren Berechnungen 40 Prozent des Wärmebedarfs im Freistaat allein aus der Tiefengeothermie in Südbayern gewinnen.

Und immerhin: Neben den 25 bestehenden Geothermieanlagen in Bayern sind aktuell Dutzende weitere Bohrungen geplant. Doch einigen Projekten droht nun eine Verzögerung, wenn nicht gar das Aus, und Schuld daran trägt die Bundesregierung - so sieht das zumindest die energiepolitische Sprecherin der CSU-Landtagsfraktion, Kerstin Schreyer. Sie hat vor wenigen Tagen in Grünwald mit dem CSU-Bundestagsabgeordneten Florian Hahn und dem Chef der Erdwärme Grünwald, Andreas Lederle, scharfe Kritik am Umgang der Ampelregierung mit der Geothermie geübt. "Eine Vielzahl an Projekten, die aktuell in der Planung sind, wissen nicht, wie's weitergeht", warnte Schreyer mit Blick auf derzeit gestoppte Förderprogramme. "Bayern hat gehandelt, jetzt ist Berlin dran."

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Mit dieser Aussage erntet die frühere Ministerin nun scharfe Repliken aus den Reihen der Grünen. So spricht die Landtagsabgeordnete Claudia Köhler von einem "Ablenkungsmanöver der CSU, weil Bayern bei der Förderung von Geothermie bisher völlig versagt und nichts investieren will". Beispielhaft verweist sie auf ihren - und auch Schreyers - Heimatort Unterhaching. Dieser habe 95 Prozent seiner Geothermieanteile an Grünwald abgeben müssen, "weil die bayerische Staatsregierung nicht bereit war, mit Bürgschaften oder Ähnlichem diesem Pionierprojekt zu helfen". Ganz anders gehe da die Ampelregierung vor, so Köhler. "Das Bundeswirtschaftsministerium unter Habeck unterstützt nun mit dem kraftvollen BEW-Förderprogramm Geothermieprojekte und Wärmenetze mit bis zu 40 Prozent Förderung."

Aktuell jedoch ist diese BEW, die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze, wegen der Haushaltskrise auf Eis gelegt. Dies habe in der Geothermiebranche eine "massive Vertrauenskrise" ausgelöst, sagt Schreyer. Ihr zufolge stehen diverse Projekte auf der Kippe, etwa im Münchner Osten in den Gemeinden Vaterstetten, Grasbrunn, Haar und Zorneding sowie im Kreis Starnberg in Gauting, Gilching und Weßling. Auch die Erdwärme Grünwald habe für ihr 142 Millionen Euro schweres Geothermieprojekt eine Förderung beantragt und hänge aktuell in der Luft, klagt deren Chef Lederle.

"Ich fürchte, die Staatsregierung wird wieder keine nennenswerten Mittel für Geothermie im Haushalt vorlegen", sagt Köhler

Dass ausgerechnet Schreyer eine Weiterführung der BEW fordere, sei "scheinheilig", findet Claudia Köhler. Schließlich habe die CSU den Haushalt mit dieser Förderung abgelehnt. Zudem habe die Partei in Bayern "noch nicht mal einen Entwurf des Haushaltsplans 2024 vorgelegt, da geht ab Januar gar nichts mit neuen Projekten", kritisiert Köhler. "Ich fürchte, die Staatsregierung wird wieder keine nennenswerten Mittel für Geothermie im Haushalt vorlegen. Wir brauchen dringend ein Bürgschaftsprogramm zur Absicherung der Kommunen, Ausfallversicherungen und einen von der Staatsregierung moderierten Investorengipfel."

Während die Grünen also die Staatsregierung als Bremser beim Geothermieausbau sehen, erhebt die CSU den gleichen Vorwurf in Richtung Ampel. "Wir haben alle von der neuen Bundesregierung erwartet, dass sie beim Ausbau der erneuerbaren Energien mehr Ambitionen hat", sagt Florian Hahn. "Aber auch hier setzt sich die Ambitionslosigkeit fort, die die Bundesregierung in allen Bereichen an den Tag legt." Derlei Attacken weist Volker Leib, Kreisvorsitzender der Grünen in München-Land, scharf zurück. Er betont mit Blick auf das derzeit pausierte Förderprogramm: "In der Branche ist seit der Haushaltseinigung bekannt, dass die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze weiterlaufen wird." Ende Januar werde der Haushalt verabschiedet, so Leib. "Natürlich kann man die Zwischenzeit für politisches Theater nutzen."

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