Türkische Filmtage in München:Andere Stimmen, andere Träume

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Der Schauspielerin Müjde Ar, hier zu sehen in "Şalvar Davası - The Baggy Trousers Case" wird zu ihrem 50. Bühnenjubiläum ein Ehrenpreis auf dem Festival verliehen. (Foto: Türkische Filmtage München)

In der Türkei ist einiges in Bewegung geraten, auch die Türkischen Filmtage setzen thematisch auf Vielfalt, Frauenrechte und Diversität.

Von Josef Grübl

Bis vor wenigen Wochen sah es so aus, als ob in der Türkei alles beim Alten bliebe: Bei der Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr holte sich Dauerregent Erdoğan erneut die Mehrheit und sicherte sich damit fünf weitere Jahre im Amt. Bei den Kommunalwahlen Ende März 2024 verlor die Regierungspartei AKP aber deutlich, vor allem in den Metropolen. Dort stellt jetzt die Oppositionspartei CHP die Bürgermeister, unter anderem auch in Istanbul. Ist das jetzt der "Wind of Change", den Regierungskritiker so lange vergeblich besangen? Oder bleibt in der Türkei alles anders?

Ein Bild von der Stimmung im Land kann man sich vor Ort holen - oder bei den Türkischen Filmtagen München. Dort werden ab 17. April an fünf Tagen neun Spiel-, acht Dokumentar- und zehn Kurzfilme aufgeführt, die meisten von ihnen sind recht neu und waren in München noch nicht zu sehen. Türkische Blockbuster (wie die "Recep Ivedik"-Reihe) sind auch hierzulande vielerorts zu sehen, kleinere Filme aus dem Arthouse-Bereich sucht man dagegen oft vergeblich.

Die Türkischen Filmtage verschaffen ihnen eine Bühne: Hier werden sehr unterschiedliche Produktionen gezeigt, hier kommen verschiedenste Stimmen zu Wort. Und das übrigens nicht nur auf der Leinwand, sondern auch davor: Es haben sich viele Gäste angesagt, Regisseure wie Fikret Reyhan ("Cam Perde - Glass Curtain") oder Zeki Demirkubuz ("Hayat - Life"), aber auch Schauspieler wie Erdem Şenocak ("Son Hasat - The Reeds") oder Katja Bürkle ( "Im toten Winkel").

Den Auftakt macht eine Schauspielerin, der das Festival zum Jubiläum ihres 50. Bühnenjahres einen Ehrenpreis verleiht: Müjde Ar verkörperte im Laufe ihrer langen Karriere oft unabhängige und rebellische Frauen, das Festival bezeichnet sie als "Amazone" und "wahrhafte Filmikone". Zuletzt war sie in der Fernsehserie "Şahsiyet - Ein guter Mensch" zu sehen, in München wird ein älterer Film von ihr gezeigt: In "Şalvar Davası - The Baggy Trousers Case" spielt sie eine junge Frau, die in ihr Heimatdorf zurückkehrt und sich über die dortigen Zustände wundert. Während die Männer in Cafés sitzen und nichts tun, müssen ihre Frauen umso härter arbeiten. Das will die Rückkehrerin bekämpfen, das ist auch heute noch aktuell. Die Komödie aus dem Jahr 1983 eröffnet das Festival, Müjde Ar wird bei der Vorstellung anwesend sein.

"Aniden - Suddenly" wurde schon auf vielen internationalen Festivals gezeigt. (Foto: Türkische Filmtage)

Frauenrechte werden auch in weiteren Spielfilmen verhandelt (unter anderem dem auf vielen internationalen Festivals gezeigten Drama "Aniden - Suddenly"), dieses Thema ist dem Filmtage-Team seit jeher wichtig. In den Dokumentarfilmen geht es um einen ehemaligen Fußball-Torwart, der nach einem nicht gehaltenen Ball unter dem Hass der Fans leidet ("Iska - The Miss"), um die Geschlechtsangleichung einer Schauspielerin ("Blue ID") oder um den Traum eines Übersetzers, James Joyce ins Kurdische zu übertragen ("Ulysses Çevirmek - Translating Ulysses"). Alle Filme werden in der Originalversion aufgeführt, mit deutschen oder englischen Untertiteln.

35. Türkische Filmtage , Mi., 17., bis So., 21. April, Royal Filmpalast und Gasteig HP8

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