Hofbräuhaus:"Neben dem Söder ist ein Chamäleon bestenfalls einfarbig"

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Django Asül darf an diesem Abend zum zwölften Mal die Festrede beim traditionellen Maibockanstich halten. (Foto: Robert Haas)
  • Beim Maibockanstich feiert die Staatliche Hofbräu die Erfindung ihres Bockbiers im Hofbräuhaus vor mehr als 500 Jahren.
  • Da Hofbräu dem Finanzministerium untersteht, zapft traditionell der Finanzminister das erste Fass an. Albert Füracker (CSU) braucht dafür dieses Jahr zwei Schläge.
  • Der Kabarettist Django Asül widmet sich anschließend in seiner Rede unter anderem der Wandlung von Ministerpräsident Markus Söder vom Polterer zum Landesvater.

Von Franz Kotteder, München

Was haben wir gleich wieder für ein Jahr im chinesischen Horoskop? Maibockredner Django Asül ist da gleich am Anfang seiner Rede ziemlich unentschieden. Schließlich ist 2019 das Jahr des Markus Söder, weil er ja jetzt die Doppelfunktion von Ministerpräsident und Parteichef auszufüllen hat. Also: Jahr des Schweins! "Wenn einer Schwein gehabt hat in letzter Zeit, dann der Söder." Andererseits: die rasante Wandlung vom Polterer zum Landesvater. Vielleicht doch eher das Jahr des Chamäleons? Asül: "Selbst das ist noch untertrieben. Neben dem Söder ist ein Chamäleon bestenfalls einfarbig."

Man sieht: Dem Kabarettisten ist mal wieder allerhand eingefallen. Der gebürtige Niederbayer darf an diesem Abend zum zwölften Mal die Festrede beim traditionellen Maibockanstich halten. Die Staatliche Hofbräu feiert damit die Erfindung ihres Bockbiers an seiner Geburtsstätte, die bereits mehr als 500 Jahre her ist. Eingeladen werden dazu zahlreiche Prominente aus Politik, Gastronomie und Gesellschaft. Das erste Fass darf jedes Jahr der bayerische Finanzminister anzapfen. Seit Markus Söder im vergangenen Jahr in das Amt des Ministerpräsidenten wechselte, ist das die Aufgabe von Albert Füracker. Der blamierte sich im vergangenen Jahr, weil er neun Schläge brauchte, was er in seiner Begrüßungsrede weidlich zur Selbstgeißelung nutzt. Offensichtlich hat er aber geübt, inzwischen: Diesmal genügten zwei Schläge. Söder kommentierte das trocken: "Mit zwei Schlägen anzapfen ist höchste Kunst!"

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Die neuen politischen Verhältnisse in Bayern liefern Django Asül beim Maibockanstich viel Stoff, um hart mit Regierung und Opposition ins Gericht zu gehen.

Eine gute Dreiviertelstunde lang traktiert Django Asül seine Opfer von der Bühne herab. Die nehmen das mit wachsender Begeisterung hin. Auch Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern. Für den sei Söder vor einem Jahr noch ein "unkalkulierbares Risiko" gewesen, inzwischen sei er offenbar ein kalkulierbares: "Der Aiwanger hat aus der A 92 eine Hochgeschwindigkeitsschleimspur gemacht." Während sein Vorgesetzter Markus Söder als Spalter gelte, sei sein Partner Aiwanger das Gegenteil, so Django Asül: "Der Hubsi nimmt alle mit und lässt niemanden zurück. Der Hubsi sagt zum Beispiel: Windenergie ja - Windräder nein!"

Die Alternative wären die Grünen gewesen, so Asül, mit einer permanent gut gelaunten Frau an der Spitze, die der Kabarettist erst einmal mit "Kerosina" anspricht: "Wie komme ich jetzt auf Kerosina? Mensch, Katharina, da war doch was an Silvester!" Und Ludwig Hartmann, die männliche Grünen-Spitze? Der rede "so schnell, dass er selten verstanden wird. Und selbst wenn er verstanden wird, langen sich die Leute nicht ans Hirn". Das sei Söder zu gefährlich gewesen - dann doch lieber einen "Exoten" wie den Aiwanger.

Die Ministerriege gibt überhaupt ein dankbares Panoptikum der Opfer für den Kabarettisten ab. Hans Reichhart von der CSU etwa, der als Landtagsabgeordneter nur ganz knapp um staatsanwaltliche Ermittlungen wegen Verleumdung herumkam, so Asül, weil er "nicht vorsätzlich" gehandelt habe. "Auf gut Deutsch", so Django Asül, "sein Bonus war seine Ahnungslosigkeit. Drum ist er jetzt Bauminister: Da kann er ohne Absicht richtig großen Mist bauen." Söder habe mit der Auswahl seines Kabinetts Mut bewiesen. Digitalministerin Judith Gerlach sei eine "Kosmopolitin mit Führungsqualitäten", weil sie im Vorstand der CSU Schweinheim sitze, Umweltminister Thorsten Glauber von den Freien Wählern "schaut nur aus wie ein FDPler" und sei von Beruf Architekt: "Der ist also gewohnt, fremdes Geld auszugeben."

Der Chef selbst hat es aber auch nicht leicht, wenn er sich etwa beim politischen Aschermittwoch der CSU in Passau als Softie präsentiere und sich stolz zeige über das Engagement der Bayern für die Flüchtlinge. "Da haben sich die Leute im Saal gefragt: Hab jetzt ich schon drei Mass intus oder der Söder?" Dafür beweise er Mut zur Lücke, etwa beim Staatsakt 100 Jahre Freistaat. Der Freistaat beginne für Söder eben nicht mit Kurt Eisner, sondern erst bei Franz Josef Strauß und endet 2028, wenn Söder nicht mehr zur Wahl antrete. Dafür sei er jetzt als Parteichef aber "auch für das CSU-Mitglied Seehofer verantwortlich. Als Ministerpräsident bist du für alle verantwortlich. Du musst diesen ganzen Haufen hier tagtäglich aushalten. Und der ganze Haufen muss tagtäglich dich aushalten."

Der ganze Haufen, das ist in diesem Fall natürlich nicht nur der voll besetzte Festsaal im Hofbräuhaus, sondern auch die Staatsregierung. Anders als in den vergangenen Jahren ist nicht nur der Ministerpräsident anwesend, sondern auch nahezu das gesamte bayerische Kabinett - allein Innenminister Joachim Herrmann ist verhindert, er hat aber seinen Staatssekretär Gerhard Eck als Vertreter entsandt. Von den Opfern des neuen Ministerpräsidenten sind unter anderem Ilse Aigner, die jetzige Landtagspräsidentin, und der frühere Kultusminister Ludwig Spaenle, nun Beauftragter der Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, erschienen. Auch sämtliche Landtagsfraktionen sind vertreten, von der Stadtspitze ist der Zweite Bürgermeister Manuel Pretzl (CSU) anwesend.

© SZ vom 04.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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