Großdemo "Jetzt gilt's":Zehntausende gehen gegen Rassismus auf die Straße

Zehntausende sind zur Abschlusskundgebung der "Jetzt gilt's"-Demonstration gekommen. (Foto: REUTERS)
  • Unter dem Motto "Jetzt gilt's" findet eine Großdemonstration gegen Rassismus und gegen die Einschränkung von Bürgerrechten in München statt.
  • Zehntausende Münchner sind zur Demonstration gekommen, die Veranstalter sprechen sogar von 40 000 Menschen.
  • Von der Demonstration berichten Martin Bernstein, Ana Maria Michel, Martin Moser, Theresa Parstorfer sowie Isabel Bernstein aus der Redaktion.
Newsdesk
Newsdesk

Gegen Rassismus, für eine offene Gesellschaft

Willkommen! Die Organisatoren der "Ausgehetzt"- und der "noPAG"-Kundgebungen rufen an diesem Mittwoch um 13 Uhr zur Großdemonstration "Jetzt gilt's - Gemeinsam gegen die Politik der Angst" auf. Mehr als 10 000 Demonstranten werden erwartet, mehr als 50 Organisationen beteiligen sich. Es geht gegen Rassismus, gegen die Einschränkung von Bürgerrechten, gegen die Verschärfungen des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes. "Unsere Demokratie ist in Gefahr", warnen die Veranstalter. Los geht es um 13 Uhr auf dem Odeonsplatz, von dort zieht der Demonstrationszug über Brienner Straße, Arcisstraße, Theresienstraße und Ludwigstraße zurück zum Odeonsplatz. Dort findet von zirka 15 bis 16.30 Uhr die Abschlusskundgebung statt.
Isabel Bernstein
Isabel Bernstein

Der "Sommer des Widerstands" geht zu Ende

Der Sommer in München war in diesem Jahr besonders politisch. Großdemonstrationen gegen das bayerische Polizeiaufgabengesetz im Mai, gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft im Juli und gegen Mietwucher brachten Zehntausende Menschen auf die Straße, zu drei weiteren Kundgebungen kamen laut Kreisverwaltungsreferat zusammen mehr als 5000 Teilnehmer. Das hätte wohl nicht geklappt, wenn die einzelnen Gruppen nicht so gut untereinander vernetzt wären. Aktivisten pflegen inzwischen gute Verbindungen zu Organisationen wie dem Flüchtlingsprojekt Bellevue di Monaco, Attac oder dem Flüchtlingsrat und können so innerhalb kurzer Zeit Menschen mobilisieren.
Ana Maria März
Ana Maria März

Die Ruhe vor dem Sturm


Die Polizei steht bereit, die Stände der Organisationen sind aufgebaut und langsam füllt sich der Odeonsplatz. Eine Gruppe, die heute eine Stadttour mit Leihrädern machen will, hat gerade das Weite gesucht. Denn in gut zehn Minuten beginnt hier die Demonstration. Insgesamt ist die Polizei mit 450 Beamten im Einsatz.
Martin Moser
Martin Moser

Entspannte Stimmung auf dem Odeonsplatz

München erlebt heute die vierte größere Demonstrationen binnen weniger Monate. Langsam füllt sich der Odeonsplatz, die zehntausend Teilnehmer, die die Veranstalter erwarten, sind es allerdings noch nicht. Vereinzelt sieht man in der Innenstadt Grüppchen Richtung Demo strömen. An den Zugangsstraßen steht Polizei und hat ein Auge darauf, wer da so aller kommt. Die Stimmung scheint entspannt. Ein Polizist wünscht viel Spaß bei der Demo.
Theresa Parstorfer
Theresa Parstorfer

Hund mit Botschaft


Der Dackel Piefke ist mit seinem Besitzer Wolfgang Sassmann aus Augsburg gekommen, um für mehr Weltoffenheit zu demonstrieren und für mehr Geld für die Allgemeinheit. Ruhig sitzt er neben seinem Besitzer, Angst scheint er keine zu haben, auch wenn sich der Odeonsplatz langsam zu füllen beginnt. „Es ist wichtig, Gesicht zu zeigen, um wieder mehr auf Augenhöhe diskutieren zu können“, sagt sein Besitzer. Er sieht einen deutlichen Rechtsruck in der Gesellschaft.
Theresa Parstorfer
Theresa Parstorfer
Theresa Parstorfer

"I bims gegen rechts"


Ihren schulfreien Tag hat eine Gruppe Jugendlicher vom Tegernsee genutzt, um nach München zu kommen. Anna Bogner, 18, war auch im Sommer bei der ersten Ausgehetzt-Demo dabei. Heute ist auch ihr elfjähriger Bruder dabei, weil sie nicht einverstanden sind mit der aktuellen Politik. Liebevoll haben sie unterschiedliche Schilder bemalt: „Orientiere dich an der Liebe“, steht auf einem, "I bims gegen rechts" auf einem anderen.
Ana Maria März
Ana Maria März

"Peace" für eine friedliche Welt


Diese Familie ist heute Vormittag aus der Nähe vom Ammersee nach München gefahren und hat einen Malkasten dabei. Damit bekommt jeder, der möchte, ein Peace-Zeichen auf die Wange gemalt. Das sei schon auf anderen Demonstrationen sehr gut angekommen.
Theresa Parstorfer
Theresa Parstorfer

Nein zu Hetze und verdrehten Wahrheiten


Schwester Antonia, aus Tutzing, ist mit Schwestern und Schulschwestern aus unterschiedlichen Ordensgemeinschaften am Odeonsplatz, um für die Würde jedes Menschen zu demonstrieren. „Dass Fakten verdreht werden, dass Dinge verschleiert werden von der Politik“, das finde sie besonders schlimm. Ein paar Meter weiter verteilt ein Bündnis gegen Rassismus Plakate. "Nein zur Hetze gegen Muslime" steht darauf. Ein Mann fragt nochmal genau nach. Er will ganz sicher sein, kein Plakat durch die Stadt zu tragen, das sich gegen Muslime richtet.
Martin Moser
Martin Moser

Politiker in erster Reihe


SPD und Grüne haben sich in der ersten Reihe positioniert. "Die AfD unter acht Prozent", skandiert eine SPD-Anhängerin. Natascha Kohnen, die SPD- Spitzenkandidatin für die Landtagswahl am 14. Oktober, reckt die Faust nach oben und ruft: „Yes“. Auch die Linken sind vertreten. Deren Spitzenkandidat Ates Gürpinar (unten rechts im Gespräch mit SPD-Landtagsabgeordnetem Florian von Brunn) spricht von einem historischen Zeichen, das heute wieder einmal mit der Demo gesetzt werde. Man zeige damit, dass es auch ein anderes Bayern abseits von Hetze und Ausländerfeindlichkeit und auch abseits der CSU gebe. Würde so wohl in Bayern nicht jeder unterschreiben. Die Mehrheit hier am Platz wohl schon.
Ana Maria März
Ana Maria März

Mit bunten Farben gegen die AfD


Es geht los auf dem Odeonsplatz mit Musik von Ami Warning, Mal Elevé und noch mehr Plakaten. Viele sind heute hergekommen, um ein buntes Zeichen gegen die AfD zu setzen. "Ich bin Titus und mag keine AfD" hat ein Junge mit Wasserfarben auf sein Plakat geschrieben. Auch viele Kinder sind gekommen, um zusammen mit ihren Eltern zu demonstrieren.
Ana Maria März
Ana Maria März

Heimat Bayern, Vaterland Deutschland, Zukunft Europa


Dieser Mann hat sich heute für ein Zitat des früheren Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß für sein Plakat entschieden. "Das ist einer der wenigen schlauen Sprüche, die unser Landesvater geäußert hat", sagt er. "Die CSU sollte sich vielleicht wieder einmal auf Strauß besinnen." Man könnte sagen: zumindest in dem Punkt.
Martin Moser
Martin Moser

Schon jetzt Tausende Demonstranten

Noch immer kommen Leute zum Odeonsplatz, mittlerweile dürften es mehrere Tausend sein. Genaue Zahlen wollen die Veranstalter erst nennen, wenn der Demo-Zug sich in Bewegung setzt. So viel kann man aber sagen: Der Platz ist zumindest gut gefüllt, auch die Brienner Straße bis zum Platz der Opfer des Nationalsozialismus ist schon voll. Eigentlich sollte der Zug um 13.30 Uhr starten, aber es wird noch dauern.
Theresa Parstorfer
Theresa Parstorfer

"Super, dass heute so viele da sind"


Gleich neben dem Stand der Piraten wird schon begeistert auf und ab gesprungen, als Mal Elevé mit deutsch-französischem Tanz-Rap gehörig Stimmung macht. „Ausg’södert“ und „Ausg'seehofert“ ist die Botschaft der Piraten. Orange angemalte Steine verhindert, dass die Flyer wegfliegen. Ernst, beinahe ein wenig nachdenklich antwortet der Pirat am Stand: „Es ist super, dass heute so viele da sind. Dass die Leute wieder anfangen aufzustehen, weil sie denken, dass die Politik, die AfD und auch CSU betreiben, in keine gute Richtung geht.“ Am Schluss lächelt er doch noch. Ein Zeichen für eine weltoffenere Gesellschaft sei das heute.
Ana Maria März
Ana Maria März

Jeder hat sein Kreuz zu tragen

"CSU = AfD?" fragt ein Teilnehmer mit einem Plakat, das er an einem Schirm befestigt hat. Es zeigt bayerische Politiker wie Horst Seehofer, Markus Söder oder Alexander Dobrindt. Außerdem steht auf dem Plakat: "Würden Sie diesen Herrschaften Ihren Goldhamster anvertrauen?" Markus Söder taucht nicht nur auf diesem Plakat auf. Auf einem Plakat hat er sogar ein Kreuz dabei, das ihm so wichtig ist. Im April hatte die bayerische Regierung beschlossen, dass in allen Behörden im Eingangsbereich ein Kreuz hängen muss.
Theresa Parstorfer
Theresa Parstorfer

"Ruhig, Brauner"


Ganz vorne in der ersten Reihe steht eine Frau mit einem selbstgemalten Schild. Zwei Worte stehen darauf: „Ruhig Brauner“. Mit einem braunen Pferdekopf daneben. Was sie damit meint? „Dass die Braunen endlich den Mund halten sollen.“ Das mit den Pferden ist ein Witz, sagt sie und lacht. Aber umso ernster wird ihr Gesicht, als die Forderung nach mehr bürgerlichem Engagement von der Bühne schallt. „Jawohl!“, ruft sie.

Und hier ein Vorbericht zur Demonstration "Jetzt gilt's":

Großdemo "Jetzt gilt's"
:Politisch ist in München einiges in Bewegung geraten

In den letzten Monaten haben Tausende demonstriert. Nun klingt der "Sommer des Widerstands" mit der Großdemo "Jetzt gilt's" aus. Doch es geht weiter - in anderer Form.

Von Dominik Hutter
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