SZ-Pflegekolumne: Auf Station, Folge 110:Ist das laut hier!

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Ampeln im Verkehr kennt jeder, aber es gibt auch Lärmpegelampeln, die anzeigen, wenn die Lautstärke bedenklich oder auf Dauer gefährlich für das Gehör werden kann. (Foto: imago images/Future Image)

Wer auf einer Intensivstation arbeitet, wie Pola Gülberg, sollte keine empfindlichen Ohren haben - denn es ist ein Arbeitsplatz mit einem hohen Lärmpegel. Manchmal muss da sogar eine Ampel für Ruhe sorgen.

Protokoll: Johanna Feckl, Ebersberg

Es liegt schon ein paar Jahre zurück, da hatten wir für einige Zeit auf unserer Intensivstation eine Ampel. Sie leuchtete in den gewohnten Farben: Grün, Orange oder Rot. Dennoch war es freilich nicht so, dass unsere Station zu einer Straßenkreuzung verkommen war - es war keine herkömmliche Ampel mit Signalen für Fußgänger, Radler und Autofahrer. Stattdessen gab sie Auskunft über die Lautstärke an unserer Zentrale.

Es gibt viele Geräuschquellen auf einer Intensivstation. Der höchste Lärmpegel herrscht bei uns an der Zentrale direkt gegenüber des Stationseingangs: die Monitorüberwachung. Die ist an die Patienten gekoppelt - Herzfrequenz, Sättigung, Blutdruck, manchmal die Körpertemperatur. Wenn wir die Geräte anlegen, stellen wir Grenzwerte ein. Werden die über- oder unterschritten, schrillt ein Alarm.

Dann gibt es noch unsere normalen Telefone und das Reanimationstelefon: Ist irgendwo in der Klinik ein Herzalarm, werden wir darüber benachrichtigt - ein ganz lauter und schriller Klingelton, damit alle sofort Bescheid wissen. Hinzu kommt das Klingeln der Telefone der Ärzte, mindestens eines hat jeder von ihnen.

Jeden Morgen zwischen sieben und acht Uhr ist Visite, da sind gut 30 Menschen mehr auf unserer Station, die natürlich miteinander sprechen, von hier nach dort gehen, bei isolierten Patienten Schutzkleidung an- und wieder ausziehen - alles hebt den Geräuschpegel. Etwas früher ist der Wechsel bei uns Pflegekräften von Nacht- zu Frühschicht, nachmittags dann hin zum Spät- und abends zum Nachtdienst. Das bedeutet Patientenübergabe und damit nochmal mehr Gespräche. Ich versuche, die Übergabe in den Patientenzimmern zu machen. Denn wenn wir sie alle vorne an der Zentrale durchführen, verstehe ich mein eigenes Wort nicht mehr.

Aber selbst in den Patientenzimmern herrscht oft keine komplette Stille. Denn dort gibt es auch Alarme. So geben sämtliche Infusions- und Spritzenpumpen, mit deren Hilfe Infusionen und Medikamente verabreicht werden, ein Piepen oder Pfeifen von sich. Wenn beispielsweise ein Knick oder Luft im Schlauch ist, wenn eine Infusion durchgelaufen ist und noch kein neuer Beutel angehängt wurde, oder wenn der Druck in einer Spritzenpumpe zu hoch ist.

Intensivfachpflegerin Pola Gülberg von der Ebersberger Kreisklinik. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Zusätzlich sind einige unserer Patienten an Beatmungsmaschinen angeschlossen, an der Dialyse oder dem Thermoguard, der die Körpertemperatur regelt. Auch hier gibt es Grenzwerte und entsprechende Alarme, wenn sie nicht eingehalten werden.

Um 14 Uhr beginnt die Besuchszeit, also wieder mehr Menschen auf der Station und viele Angehörigengespräche. Dann noch das Rascheln von Kitteln, das Klappern von Schränken und Schubläden, das Surren der Spülmaschine, das Brummen der Kühlschränke.

Für sich genommen sind das alle keine lauten Geräusche. Aber die Summe machts: Denn so laut wie inmitten einer vielbefahrenen Straßenkreuzung kann es bei uns nämlich durchaus mal werden.

Pola Gülberg ist Intensivfachpflegerin. In dieser Kolumne erzählt die 39-Jährige jede Woche von ihrer Arbeit an der Kreisklinik in Ebersberg. Die gesammelten Texte sind unter sueddeutsche.de/thema/Auf Station zu finden.

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