Mitten in Nürnberg:Grisengommunigation auf fränggisch

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Beim "Tag der Franken" werden die meisten fränkisch verstehen, bei digitalen Telefon-Assistentinnen ist das nicht selbstverständlich. (Foto: Timm Schamberger/dpa)

Die Sparkasse musste sich zuletzt Kritik anhören, weil ihr Sprachcomputer Dialekt nicht versteht. Nun hat sie auf eine Weise reagiert, von der sogar Hubert Aiwanger etwas lernen könnte.

Glosse von Max Weinhold, Nürnberg

Das Wort des Jahres 2023 lautete: Krisenmodus. Was einerseits darin begründet war, dass es in letzter Zeit wirklich sehr viele Krisen gab: die Corona-Pandemie, den russischen Angriff auf die Ukraine. Und nicht zu vergessen: die Energiekrise. Andererseits aber wird dieser Tage schnell zur Krise, was die Bezeichnung eigentlich nicht verdient. "Der Ausnahmezustand ist zum Dauerzustand geworden", erklärte die Gesellschaft für deutsche Sprache, die das Wort des Jahres kürt.

Für interessante Auswüchse sorgt diese Entwicklung in der sogenannten Krisenkommunikation. Pausenlos wird erklärt, relativiert, klargestellt, Stellung bezogen. Mal gelingt das, mal nicht. Wie man es besser nicht macht, zeigte im vergangenen Jahr in einem bemerkenswerten Dilettantismus der stellvertretende bayerische Ministerpräsident Hubert Aiwanger. Bei der Betrachtung dessen, wie er sich zu den Vorwürfen um ein antisemitisches Flugblatt in seiner Schultasche verhielt (das tut man nämlich neudeutsch: sich zu etwas verhalten) , konnte man selbst die Krise kriegen.

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Ein Positivbeispiel dagegen präsentierte nun die zuletzt öffentlich gescholtene Sparkasse Nürnberg. Der Anlass: Ein Kunde hatte in den Nürnberger Nachrichten über die digitale Telefon-Assistentin Anna geschimpft, weil diese seinen fränkischen Dialekt nicht verstehe. Eigentlich soll Anna fränkischen Kunden bei Vollauslastung aller Telefonleitungen in der Service-Hotline helfen, was aber bisher nur bedingt gelingt, weil sie "Schwierigkeiten hat, wenn es zu fränkisch wird", wie eine Sprecherin einräumte.

Gleich mehrere Medien berichteten kritisch über das Franken-Paradoxon und man kann sich vorstellen, was sogleich bei der Sparkasse herrschte: Krisenstimmung. Immerhin aber reagierte die Bank ebenso blitzschnell wie adäquat und schickte Anna in die Sprachschule, wie man auf Facebook sehen kann. In einem "Gräschkurs" bringt ein Sparkassen-Mitarbeiter - und offenbar hobbymäßiger Fränggisch-Lehrer - dem Computer Alltagssätze bei wie diesen: "Iech mecherd an Haafen Glaageld loswern. Wo solli ner des hie dou?" Übersetzung: Ich möchte einen Haufen Kleingeld loswerden. Wo kann ich das einzahlen?

Und siehe da: Die Rückmeldung auf das Video fällt durchweg positiv aus. Der Franke würde sagen: Bassd scho. Grisengommunigation gelungen.

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