Kriminalstatistik in Bayern:Enorme Steigerung bei Fällen von Kinderpornografie

Lesezeit: 2 min

Innenminister Joachim Herrmann gibt Auskunft zur massiven Zunahme von Ermittlungen wegen Kinderpornografie. (Foto: dpa)

5070 Fälle sind in der Kriminalstatistik aufgelistet. Verglichen zum Vorjahr bedeutet das ein Plus von 84 Prozent. Doch woran liegt es? Innenministerium und Landespolizei verweisen auf Hinweise aus den USA und den Trend zur "Schulhof-Kinderpornografie".

Von Johann Osel, München

Zur massiven Zunahme von Ermittlungen wegen Kinderpornografie haben Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und Landespolizeipräsident Michael Schwald dem Landtag nähere Auskünfte erteilt. Herrmann hatte zu Wochenbeginn die Kriminalstatistik 2021 vorgestellt, die einen "überproportionalen Rückgang" der Fallzahlen insgesamt ausweist - jedoch eine enorme Steigerung bei Kinderpornografie.

5070 Fälle in Bayern, das ist ein Plus von 84 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Herrmann erläuterte am Mittwoch dem Innenausschuss die Statistik. Viele Abgeordnete fragten, wie der Anstieg zustande komme und was dagegen getan werde.

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Schwald machte im Wesentlichen zwei Ursachen aus: Zum einen kommen von einer Organisation aus den USA, die zu Uploads von Kinderpornografie recherchiert, Hinweise ans Bundeskriminalamt und in der Folge an den Freistaat. "Diese Zahlen sind ganz gewaltig gestiegen." Zum anderen gebe es den Trend der "Schulhof-Kinderpornografie" - wo Jugendliche Darstellungen "bewusst oder unbewusst" in Chatgruppen verbreiten. Hier setze ein Präventionsprojekt der Polizei an: "Dein Smartphone, deine Entscheidung." Geplant seien außerdem in allen Präsidien Arbeitsbereiche zu Kinderpornografie.

Bedenken gegen neue Polizeisoftware

Der Ausschuss beschäftigte sich zudem mit der neuen Polizeisoftware des umstrittenen US-Konzerns Palantir, der auch für amerikanische Geheimdienste arbeitet. Kürzlich hatte das LKA mitgeteilt, der Zuschlag für ein verfahrensübergreifendes Analyse-System sei an Palantir gegangen. Es soll vorhandene Informationen aus Datenbanken verknüpfen, aufbereiten und "Beziehungsgeflechte aufdecken"; gedacht sei es für schwere Kriminalität.

Bedenken hat unter anderem der Landesdatenschutzbeauftragte. Die FDP forderte den Stopp des Projekts, ein Antrag der Regierungsfraktionen CSU und FW verlangte die Klärung offener Fragen vor Einführung. Herrmann kündigte an, dass ein unabhängiges deutsches Forschungsinstitut die Software prüfen werde. Würde man eine "verdeckte Hintertür" etwa zum Datenabfluss in die USA entdecken, könne der Freistaat vom Vertrag zurücktreten. Falls eine neue Rechtslage nötig sei für den Einsatz, werde man dies noch im Polizeiaufgabengesetz (PAG) verankern.

Alexander Muthmann (FDP) rügte, Probleme erst nach dem Zuschlag zu klären, stelle "die Situation auf den Kopf". Katharina Schulze (Grüne) sprach von einem "rabenschwarzen Tag für den Datenschutz". Beide halten neue Digitalmethoden bei der Polizei an sich aber für sinnvoll. Ebenso Horst Arnold (SPD), der trotz Bedenken "ohne Schaum vorm Mund" diskutieren will. Alfred Grob (CSU), selbst Polizist, merkte an, dass mit dem System nicht jeder Streifenbeamte schnell mal Abfragen mache; das sei eine "absolute Expertenanwendung". Der gesamte Ausschuss stimmte dem CSU-FW-Antrag zu. Nun soll es die besagte Prüfung und eine Debatte ohne Zeitdruck geben.

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