Energieversorger EnBW:Mein Name ist Stamatelopoulos, ich bin der Neue

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Georg Stamatelopoulos, der Vorstandschef von EnBW, bei seiner ersten Bilanzpressekonferenz. (Foto: Marijan Murat/dpa)

Ein Plus von 60 Prozent: Der neue Chef des Energiekonzerns EnBW verkündet ein Rekordergebnis für 2023. In der Belegschaft kommt der Grieche gut an - auch wenn seine Botschaften mehr nach "Weiter so" und weniger nach Revolution klingen.

Von Tobias Bug, Stuttgart

Da ist er also, der Neue. Wobei der Neue gar nicht so neu ist, sondern schon seit 15 Jahren im Konzern. Nun hat er aber einen neuen Posten: Georg Stamatelopoulos, 54, hat am Mittwoch seinen ersten öffentlichen Auftritt als Vorstandsvorsitzender des Energiekonzerns EnBW. Die Bilanzpressekonferenz in der Stuttgarter EnBW-City ist keine reine Zahlenveranstaltung, sondern auch ein Kennenlernen. Alle Augen sind auf den neuen Chef gerichtet, der das Unternehmen vor nicht mal drei Wochen übernommen hat. Und nun gleich die Bilanz für 2023 vorstellen soll.

Erst mal erklärt der gebürtige Grieche seinen langen Namen. Stamatelopoulos bedeute "Nachfolger", stehe für den, der aushelfen soll. Seine Familie helfe seit Jahrhunderten aus, sagt er, nun mache er das auch in Deutschland: bei der EnBW. Nach dem lockeren Einstieg schaut er auf das Blatt vor sich, gibt einen Überblick über das, was der Konzern vergangenes Jahr geschafft hat: Windparks, neue Netze, Ladesäulen. Nur zwischendurch schaut er hoch.

Die Zahlen sind hervorragend: Um 60 Prozent konnte die EnBW das operative Ergebnis steigern, auf 6,4 Milliarden Euro, den Konzernüberschuss fast verdoppeln. Ex-Chef Andreas Schell hatte nach seinem Weggang auf Linkedin geschrieben, dass er EnBW "im Wissen einer hervorragenden Geschäftsentwicklung" übergebe. "Der EnBW geht es gut, wir sind wirtschaftlich erfolgreich", sagt am Mittwoch auch Stamatelopoulos. Schmückt er sich hier mit den Erfolgen eines anderen?

Die Mitarbeiter nennen ihn "Stama"

Um diese Frage zu beantworten, lohnt sich ein Blick in den Jahresabschluss. Den größten Satz nach vorn machte EnBW bei nachhaltiger Erzeugungsinfrastruktur, 70 Prozent des Wachstums rühren daher. Und zuständig für dieses Vorstandsressort ist seit gut drei Jahren: Georg Stamatelopoulos. Bis ein Nachfolger gefunden ist, betreut er das Geschäftsfeld weiter, neben dem Vorsitz. "Wir haben einen klaren Plan für die Energiewende", sagt Stamatelopoulos. Diese sei ökonomisch, ökologisch und sozial notwendig.

Die EnBW-Mitarbeiter kennen ihn schon seit 15 Jahren, sie nennen ihn "Stama". Wenn man sich im Unternehmen nach ihm erkundigt, beschreiben sie ihn als demütigen Menschen ohne Allüren. Nach der jüngsten Mitarbeiterveranstaltung reagierten sie begeistert. Er gilt als verlässlich. Doch freilich wird man einen Vorstandsvorsitzenden nicht daran messen, wie beliebt er in der Belegschaft ist.

Seit Jahren baut er den Konzern um. Er hat den Rückbau der Atom- und Kohlemeiler vorangetrieben, Wind- und Solaranlagen ausgebaut, wasserstofffähige Gaskraftwerke entwickelt und in der Energiekrise nach dem russischen Überfall der Ukraine das LNG-Geschäft aufgebaut. Er weiß, wie Energiewende geht, das hat er seinem Vorgänger Schell voraus, der 2021 fach- und konzernfremd von dem Motorenspezialisten Rolls-Royce Power Systems kam. In Karlsruhe scheinen sie froh zu sein, den alten Chef los zu sein, und freuen sich auf das, was kommt mit dem Neuen.

Wer von ihm einen großen Umbruch erwartet hat, den enttäuscht Stamatelopoulos. Sein Vortrag am Mittwoch klingt eher nach: weiter so. "Die EnBW ist erfolgreich, es gibt keinen Grund, den Kurs massiv zu ändern", sagt er. Das unterscheidet Stamatelopoulos von seinem Vorgänger. Andreas Schell wollte aus der EnBW einen reinen Stromkonzern machen und sich aus dem Gasgeschäft verabschieden, damit wäre man aber auch aus dem Zukunftsthema Wasserstoff raus gewesen. Unter Stamatelopoulos, das bekennt er, soll die EnBW der "einzig verbliebene integrierte Energiekonzern Deutschlands" bleiben. In Karlsruhe sind sie stolz darauf, wirklich alles abzudecken am Energiemarkt, von der Erzeugung über den Netzbetrieb bis zum Endkundengeschäft, während der Konkurrent RWE keine Infrastruktur macht und E.O.N keine Energie mehr erzeugt.

Bis 2030 will EnBW 40 Milliarden Euro in die Energiewende investieren

Das allein geht nicht als Zukunftsstrategie durch, diese wird Stamatelopoulos' Reifeprüfung, gerade weil sein Vorgänger genau daran scheiterte, Vorstand und Aufsichtsrat aus baden-württembergischen Landesvertretern und Kommunen von seiner Vision zu überzeugen. Der Neue wird in den kommenden Monaten Antworten liefern müssen. Wie steht die EnBW zum Gas? Wann genau geht sie aus der Kohle raus und ersetzt sie womit? Wo setzt der neue Chef seine Schwerpunkte, wo investiert er wie viel?

Was er schon mal ankündigt: Bis 2030 will er 40 Milliarden Euro in die Energiewende investieren, fast alles davon in Deutschland. Dann wird er politisch: Von der Bundesregierung fordert er klare Förderzusagen. Die Eckpunkte der Kraftwerkstrategie des Bundes seien noch "viel zu schemenhaft umrissen", sagt Stamatelopoulos. "Wenn die Kraftwerke schnell kommen sollen, brauchen wir schnell Klarheit und erste Ausschreibungen noch in diesem Jahr." Gerade rüstet EnBW drei Kohlekraftwerke auf Gas um und macht diese wasserstofftauglich.

Für die Energiewende braucht der neue Chef frische Leute: In den kommenden Jahren will er fast 10 000 neue Mitarbeiter einstellen. Weil viele in Rente gehen, sollen zu den heute 28 000 Beschäftigten unterm Strich 3500 dazukommen. Auch sein Vorvorgänger Frank Mastiaux, der den einstigen Atomkonzern in Richtung erneuerbare Energien weiterentwickelt hatte, konnte die Mitarbeiterzahlen steigern, er war beliebt wegen seiner motivierenden und anpackenden Art. Nun ist der Neue da, der etwas trocken und nüchtern spricht, aber seine Kompetenz bewiesen hat. Manch einer bei EnBW raunt, Stamatelopoulos hätte schon 2021 für Mastiaux übernehmen sollen. Nun ist er also da.

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