Es war eine schnöde Mitteilung, die den Weg für Saudi-Arabien praktisch endgültig frei machte. Der australische Verband kündigte zum Stichtag am Dienstag an, sich nicht um die Fußball-WM 2034 zu bewerben. Kurz darauf bestätigte auch die Fifa, dass lediglich Saudi-Arabien eine Interessenerklärung abgegeben hat und damit als einziger Kandidat bei der Vergabe in einem Jahr verbleibt.
So lange wollte Infantino aber offenbar nicht mehr warten und verkaufte die Entscheidung bereits am Abend in einem Instagram-Post quasi als perfekt. Der Schweizer listete die kommenden Austragungsorte auf und führte neben den bereits verkündeten Gastgebern USA, Kanada und Mexiko für 2026 sowie Spanien, Marokko, Argentinien, Paraguay und Uruguay für 2030 auch Saudi-Arabien für 2034 auf und freute sich über "drei Ausgaben, fünf Kontinente und zehn Länder", die in die Veranstaltung "der größten Show der Welt" involviert seien. "Das macht Fußball wirklich global", schrieb Infantino.
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Offiziell sind die sechs designierten Gastgeber immer noch im Status von Bewerbern - doch Infantino hat die Realitäten bereits rund ein Jahr vor dem Weltverbandskongress mit allen Mitgliedsländern ausgesprochen. Die Bewerbungen seien vom Fifa-Rat "nach einem konstruktiven Dialog und umfassenden Konsultationen im Konsens angenommen" worden, erklärte Infantino weiter und unterstrich die Kraft des Spiels. "Wir leben in einer zunehmend gespaltenen und aggressiven Welt und zeigen einmal mehr, dass der Fußball, der weltweit führende Sport, wie nichts anderes verbindet."
Saudi-Arabien steht bei Menschenrechtsorganisationen massiv in der Kritik. Laut Human Rights Watch ist die Menschenrechtslage dort "erschreckend". Als Beispiele nannte die Organisation Massenhinrichtungen, die fortgesetzte Unterdrückung der Rechte von Frauen und die Ermordung Hunderter Migranten an der jemenitischen Grenze. Zudem würden Regierungskritiker gefoltert und inhaftiert, religiöse Minderheiten unterdrückt, Sex außerhalb der Ehe sowie gleichgeschlechtliche Beziehungen mit der Todesstrafe geahndet.
Formal endete an diesem Dienstag nur die Frist, zu der interessierte Verbände erste Unterlagen einreichen müssen. Folgen muss bis zur Vergabe durch einen Fifa-Kongress Ende 2024 noch die endgültige Bewerbung, die vom Weltverband geprüft wird. Abstimmen dürfen dann die über 200 Mitgliedsverbände, jeder Verband hat unabhängig der Größe eine Stimme. Widerstand - auch durch den Deutschen Fußball-Bund - kann es während der Wahl zwar geben. Saudi-Arabien hat als Sportmacht aber bereits etliche Unterstützer hinter sich gebracht. Auch Infantino, wie dessen Post noch mal in aller Deutlichkeit unterstrich.
Dass 2026 in den USA, Kanada und Mexiko gespielt wird, steht längst fest. Die Vergabe der Turniere 2030 und 2034 entwickelte Infantino zum Schachspiel. Sein Council entschied, dass das Turnier 2030 mit drei Spielen in Uruguay, Argentinien und Paraguay beginnen soll. Danach soll nach Marokko, Spanien und Portugal umgezogen werden. Formal muss auch das noch vom Fifa-Kongress abgesegnet werden. Durch das Rotationsprinzip bleiben für 2034 nur Vertreter aus Asien und Ozeanien.
Widerstand im Council gab es nicht - wie auch, wenn der DFB-Präsident Bernd Neuendorf damit gegen eine WM in Europa gestimmt hätte. Die fehlende Konkurrenz bei der Vergabe für die Turniere 2030 und 2034 ist für Amnesty International auch ein Grund, die Fifa besonders in die Pflicht zu nehmen. "Es ist daher entscheidend, dass der Weltfußballverband Verantwortung übernimmt und verbindliche Menschenrechtsgarantien von den Bewerbern einfordert", hieß es in einer Stellungnahme am Dienstag.
Saudi-Arabien, das Ende des Jahres die Klub-WM der Fifa ausrichtet, lässt sich die Chance nicht entgehen. "Dies ist der zweite Schritt einer äußerst aufregenden Reise, die die Nation antritt", hatte Verbandschef Yasser Al Misehal zuletzt gesagt, als die Absichtserklärung bekannt wurde: Mit der Bewerbung "setzen wir unsere Reise fort, die Träume unseres Volkes Wirklichkeit werden zu lassen". Der Fußball habe in Saudi-Arabien eine "exorbitante gesellschaftliche Bedeutung", betonte Wissenschaftler Sons vom Forschungsinstitut CARPO.
Und um auch über die eigenen Grenzen hinaus diesbezüglich (positiv) wahrgenommen zu werden, gibt Saudi-Arabien Unsummen aus, holte Cristiano Ronaldo und eine Reihe weitere namhafte und hochdekorierte Spieler in die heimische Liga. Im gesamten Weltsport finden Wettbewerbe längst am Golf statt, zuletzt ein millionenschwerer Boxkampf. Im Zuge der massiven Investitionen in den Sport zur Image-Aufpolierung scheiterte Saudi-Arabien zwar zumindest beim Versuch, auch noch Lionel Messi zu verpflichten. Der argentinische Weltmeister ist allerdings bereits hoch bezahlter Botschafter für das Tourismusbüro von Saudi-Arabien. Und das fungiert wiederum als Topsponsor der neuen afrikanischen Super League. Dass das bei einer Wahl eines WM-Gastgebers auch Stimmen von den dortigen Föderationen bringen könnte, lässt sich vermuten.
So bleibt der Ball auf dem Spielfeld. Wie sich der DFB in der Debatten verhalten soll, der schon in Katar äußerst unglücklich aufgetreten war? Das Auswärtige Amt beispielsweise schreibt: "Saudi-Arabien ist nach den Vereinigten Arabischen Emiraten Deutschlands zweitwichtigster Handelspartner im arabischen Raum, Deutschland seinerseits Saudi-Arabiens viertgrößter Lieferant."