Konkurrenz im Golfsport:Das Machtverhältnis ist gekippt

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Profi der neuen Golf-Welt: Der Spanier Jon Rahm spielt nun auf der LIV-Tour. (Foto: Michael Reaves/Getty Images via AFP)

Die PGA Tour steht nach einem Milliarden-Investment eines Konsortiums gestärkt da. Das setzt die saudi-arabische LIV-Tour unter Druck - deren Finanziers nun wohl sogar ihren eigenen Finanzberatern mit Gefängnisstrafen drohen.

Von Felix Haselsteiner

Selbst der Samstag, den sich die Veranstalter der LIV-Tour als ihre endgültige Ankunft im großen amerikanischen Sportbusiness ausgemalt hatten, wurde zum Reinfall. Am Tag vor dem Super Bowl gastierten die Schläger schwingenden Vertreter Saudi-Arabiens in Las Vegas, dem natürlich ein Plan zugrunde lag: Die LIV-Tour sollte das Vorprogramm darstellen an einem Ort, an den über 1400 Privatjets geflogen waren, mitten ins Zentrum der reichen Sportwelt. Und irgendwo zwischen Taylor Swift, American Football und dem gewohnten Wahnsinn von Vegas sollte auch noch Platz sein für "Golf, aber lauter" - so lautet der LIV-Marketingslogan, der eigentlich an keinen Ort der Welt besser passt als in ein Spielparadies in der Wüste Nevadas.

Nur, in Anlehnung an Bertolt Brecht: Stell dir vor, du kaufst unzählige Golfspieler ein, baust eine Tour auf - und keiner geht hin. Die Zuschauerzahlen bei ihren Turnieren gibt die LIV-Tour nicht bekannt, aber es wurde offenbar nicht einmal hingeschaut. Die Fernsehquoten von jenem Samstag sind inzwischen veröffentlicht, sie zeichnen ein eindeutiges Bild vom Status des saudi-arabischen Golf-Startups im Februar 2024, etwas mehr als eineinhalb Jahre nach der Gründung: Nur 297 000 Zuschauer fanden sich auf dem Kanal von CW wieder, dem übertragenden Sender.

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Auf Platz 51 der meistgesehenen Sportereignisse lag die LIV-Tour damit, hinter zahlreichen College-Basketballspielen, hinter einer Sendung über die besten Super-Bowl-Werbespots der vergangenen Jahre und vor allem: weit hinter der PGA Tour, deren dritte von vier Turnierrunden zur selben Zeit knapp 1,7 Millionen Menschen verfolgten.

Es wäre unmöglich, mit solchen Statistiken Werbepartner zu finden, würden die saudi-arabischen Finanziers danach suchen. Es wäre daher auch unmöglich, mit solchen Quoten jemals ein profitables Sportbusiness aufzubauen, würde es dem Staatsfonds PIF darum gehen. Und es ist auch unmöglich, mit solchen Schlagzeilen in der etablierten US-Sportwelt ernst genommen zu werden, die ja für Saudi-Arabien ein Eingangstor in die US-Business- und die US-Politikwelt sein soll - und genau hier liegt inzwischen das Problem für die LIV-Tour.

Nach dem Milliarden-Investment braucht die alte PGA-Tour die LIV-Tour nicht mehr

Die Ziele des Vorstandsvorsitzenden Yasir al-Rumayyan waren im vergangenen Jahr durch die Veröffentlichung zahlreicher interner Dokumente publik geworden. Er selbst sollte etwa Mitglied werden in großen, altehrwürdigen Golfklubs wie dem in Augusta - die Herrscher der neuen Welt wollten Teil des Establishments der alten sein. Und der Weg dahin sollte auch über den Aufbau einer neureichen Golftour führen, auf der Spieler wie Jon Rahm (gegen ein Handgeld von mehr als 500 Millionen US-Dollar) spielen und die lauter und lässiger daherkommt als die altehrwürdige PGA Tour, die finanziell nicht mithalten könnte. So der Plan - der dem Anschein nach dabei ist zu scheitern.

Die alte Welt nämlich lehnt die neuen Finanziers und ihre Herangehensweise aktuell schärfer, selbstbewusster und glaubwürdiger ab als je zuvor. Einerseits an der Basis, wo nicht einmal die zahlreichen Topspieler ausreichen, damit die Menschen ernsthaftes Interesse an der LIV-Tour zeigen würden. Allein eine auffällig große Menge aus der Gefolgschaft von Donald Trump ließ sich im vergangenen Jahr für ein Dasein als LIV-Fans überzeugen, weil der Ex-Präsident sich klar auf der Seite der Saudis positionierte, die auf seinen Plätzen Turniere ausrichteten.

Bei Tiger Woods häufn sich inzwischen Anfragen von Spielern, die gerne wieder auf die PGA Tour zurückkehren würden. (Foto: Ryan Sun/AP)

Auf höchster sportlicher und finanzieller Ebene fallen ebenfalls entscheidende Sätze. "Letztendlich würden wir gerne mit dem PIF zusammenarbeiten. Finanziell brauchen wir sie aber nicht", sagte in der vergangenen Woche Tiger Woods, der auch berichtete, er bekomme laufend Anfragen von Spielern, die gerne wieder auf die PGA Tour zurückkehren würden. Dieses neugewonnene Selbstbewusstsein der Traditionalisten rührt von einem Milliarden-Investment eines US-Konsortiums in die PGA Tour, die den besseren sportlichen Wettbewerb bietet und diesen nun auch über die kommenden Jahre finanziell abgesichert hat.

Der finanzielle Druck, den saudi-arabischen Staatsfonds als Partner mit ins Boot zu holen, so wie ursprünglich einmal vereinbart, ist damit nicht mehr unbedingt gegeben. Stattdessen liegt der Druck bei den Saudis selbst - auch juristisch.

Auf Seiten des saudi-arabischen Königshauses sichert man sich offenbar gegen alle Eventualitäten ab

Der US-Senat ermittelt weiterhin im Rahmen einer Untersuchung, die feststellen soll, ob eine Zusammenarbeit zwischen PIF und PGA Tour nicht eine unrechtmäßige Kartellbildung wäre, weil der gesamte Golfsport dann von einer einzigen profitorientierten Gesellschaft geführt werden würde. Im Rahmen dieser Untersuchung geht es den Senatoren auch darum, die Investmentstrategie des saudi-arabischen Königshauses zu durchleuchten - was dort wiederum zu Empörung führt.

"Weitreichend und beispiellos" sei die Senatsuntersuchung, weil sie darauf abziele, "die Herausgabe vertraulicher und geheimer Informationen eines ausländischen Hoheitsorgans zu erzwingen", beschwerten sich Vertreter des Staatsfonds PIF vor einigen Wochen in einer Mitteilung. Im Hintergrund sichert man sich auf Seiten des saudi-arabischen Königshauses offenbar dennoch gegen alle Eventualitäten ab, mit rigiden Methoden: Laut eines Berichts von Bloomberg droht der PIF inzwischen sogar den eigenen Finanzberatern von Firmen wie McKinsey mit langjährigen Haftstrafen, sollten sie dem US-Senat vertrauliche Inhalte zur Verfügung stellen.

Der Druck, unter dem das PIF-Prestigeprojekt LIV-Tour von allen Seiten steht, ist spürbar: Der Plan war, dass der Golfsport der Elite aus Saudi-Arabien in den USA Türen weit über die Sportwelt hinaus öffnet - und nicht andersherum.

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