Venezuela:"Mein Bruder Maduro! Bleibe standhaft"

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Beten für Venezuela: Demonstranten beim katholischen Weltjugendtag in Panama. (Foto: AFP)

Die USA und zahlreiche europäische Staaten stützen den Herausforderer Guaidó, doch Venezuelas Machthaber hat einige gewichtige Verbündete. Ein Überblick über die Konstellation der Mächte.

Von Philipp Saul

Venezuela steht Kopf. Nachdem sich Parlamentspräsident Juan Guaidó selbst zum Präsidenten ausgerufen hat, der eigentliche Staatschef Nicolás Maduro aber nicht auf Amt und Einfluss verzichten will, ist die Machtfrage hochaktuell.

International ist man sich nicht einig, wer denn nun der legitime Präsident Venezuelas ist. Während einige Länder fest an der Seite Maduros stehen und vor imperialistischen Eingriffen von außen warnen, haben sich andere auf die Seite der Opposition geschlagen und unterstützen Guaidó. Ein Überblick.

Bereits wenige Minuten nach der Selbsternennung Guaidós auf der Massendemonstration am 23. Januar verkündete Präsident Donald Trump in den USA, Guaidó als legitimen Präsidenten anzuerkennen. Er liebäugelte sogar öffentlich mit einer militärischen Invasion, sie steht aber wohl nicht ernsthaft zur Debatte. Eine für die USA wesentlich wirksamere Methode, Druck auszuüben, wäre ein Stopp der Öl-Importe. Die Ölindustrie ist die mit Abstand wichtigste Finanzquelle des wirtschaftlich schwer angeschlagenen Opec-Landes. Der Nationale Sicherheitsberater John Bolton sagte, Ziel sei es, diese Einnahmen von dem "illegitimen Maduro-Regime" an Guaidós Regierung umzuleiten. Allein die Drohung könnte aber sogar unbeabsichtigt dazu führen, Maduro zu helfen. Der könnte versuchen, die Opposition zu spalten, indem er alte Sorgen vor dem US-amerikanischen Imperialismus weckt.

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Diese Sorgen teilen auch andere Regierungen in der Region. Nicaragua, dessen autoritäre Regierung um Daniel Ortega derzeit selbst tief in einer politischen Krise steckt, solidarisierte sich ebenso mit Maduro wie Kuba und Bolivien. Dessen Staatschef Evo Morales erklärte auf Twitter, dass die "Klauen des Imperialismus" erneut versuchten, die Demokratie und Selbstbestimmung der Völker in Südamerika zu hintertreiben. "Wir werden nie wieder der Hinterhof der Vereinigten Staaten sein", so Morales. Er warf den USA vor, für die Toten der vergangenen Tage mitverantwortlich zu sein. Die Vereinigten Staaten "sprechen von Demokratie und Freiheit, aber fördern einen Putsch mit dem Blutvergießen des venezolanischen Volkes", schrieb Morales. "Den USA geht es nicht um die Verteidigung der Demokratie Venezuelas, es interessiert sie nur, das Öl zu plündern."

Das Öl im Blick

Auch für Russland steht bei der Staatskrise in Venezuela viel auf dem Spiel. Der Kreml ist ein langjähriger Verbündeter und Geldgeber von Präsident Nicolás Maduro und dessen Vorgänger Hugo Chávez. So stellten Moskau und der Ölkonzern Rosneft nach Berechnungen der Nachrichtenagentur Reuters seit 2006 Kredite und Kreditlinien in Höhe von mindestens 17 Milliarden Dollar zur Verfügung. Kreml-Chef Wladimir Putin sagte Maduro in einem Telefonat seine Unterstützung zu. Dieser sei der rechtmäßige Präsident Venezuelas, sagte ein Sprecher. Eine Einmischung von außen sei inakzeptabel. In dem Gespräch sei es nicht um finanzielle oder militärische Hilfe gegangen.

Ebenfalls das Öl im Blick haben wird China bei seiner Unterstützung für Maduro. Peking ist Venezuelas größter Gläubiger und das südamerikanische Land begleicht seine Schulden hauptsächlich mit Öllieferungen. Aus dem chinesischen Außenministerium hieß es, Einflussnahme von außen und Sanktionen machten die Lage normalerweise nur noch komplizierter.

Auch auf Iran kann Maduro weiter zählen. Als Öl-Exporteure haben beide Länder ein Interesse an hohen Verkaufspreisen. Die Regierungen in Iran und Venezuela sind zudem seit langer Zeit stark antiamerikanisch eingestellt. Ein Sprecher des Außenamts in Teheran sicherte deshalb Unterstützung zu gegen "illegitime und illegale Aktionen wie Putschversuche und ausländische Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes".

Bundesregierung erwägt Anerkennung von Guaidó

Gemeinsam haben viele Unterstützer von Maduro, dass sie im eigenen Land den Massenprotest fürchten und mit der Opposition oftmals nicht gerade zimperlich umgehen. So stellte sich etwa auch Recep Tayyip Erdoğan hinter Maduro. Er habe ihm in einem Telefonat die Unterstützung der Türkei zugesichert, sagte ein Sprecher. "Mein Bruder Maduro! Bleibe standhaft, wir stehen zu euch."

Aus Europa kommen bislang viele Unterstützungsbekundungen für die Opposition. Frankreich und Großbritannien positionieren sich deutlich gegen Maduro. Für Deutschland machte Außenminister Heiko Maas auf Twitter klar: "Bezüglich Venezuela sind wir nicht neutral: Wir stehen an der Seite der vom Volk gewählten Nationalversammlung. Maduro ist kein demokratisch legitimierter Präsident." Die Bundesregierung erwäge die Anerkennung von Guaidó als Staatschef, wenn es nicht umgehend zu fairen und freien Wahlen kommt, sagte Regierungssprecher Seibert.

Mexiko könnte die Rolle als Vermittler übernehmen

Spanien hat zu Venezuala traditionell ein besonderes Verhältnis. 200 000 Spanier leben in dem südamerikanischen Land. Es habe oberste Priorität, deren Sicherheit zu gewährleisten. Außenminister Josep Borrell sagte, dass Maduros Regierung nicht legitim sei, er erkannte Juan Guaidó aber nicht als Interimspräsidenten an. "Wir wissen nicht wie, aber wir werden freie und faire Wahlen in Venezuela ermöglichen", so Borrell. Das Büro des spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez kündigte zudem an, Sánchez wolle mit Guaidó telefonieren.

Als Vermittler könnte in dem Konflikt Mexiko auftreten. Der linkspopulistische Präsident Andrés Manuel López Obrador erkennt Maduro weiterhin als offiziellen Präsidenten an und hält sich damit Gesprächsoptionen offen. Das Land wäre auch für EU und USA ein akzeptabler Verhandlungspartner. Zusammen mit Uruguay bemüht sich Mexiko nun darum, die Kontrahenten für eine friedliche und demokratische Lösung an einen Tisch zu bekommen. "Deshalb schlagen wir einen neuen Verhandlungsprozess vor, der den Rechtsstaat und die Menschenrechte achtet", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Maduro zeigte sich bereits offen für Gespräche mit der Opposition.

Mit Material der Agenturen dpa, AFP und Reuters

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