Venezuela:Trumps Invasions-Drohungen helfen nur Maduro

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Der Autokrat in Venezuela sollte aus dem Amt gejagt werden. Aber es wäre sinnvoller, den Druck durch Sanktionen weiter zu erhöhen, statt Maduro zu ermöglichen, sich als Beschützer der nationalen Souveränität zu stilisieren.

Kommentar von Benedikt Peters

Endlich. Das muss zuallererst gesagt werden: Es ist gut, dass in Venezuela endlich etwas in Bewegung kommt. Viel zu lange - seit etwa fünf Jahren - leiden die Venezolaner unter einem immer despotischer und kopfloser agierenden Regime. Dessen Anführer, Nicolás Maduro, nennt sich zwar einen Sozialisten, aber er ist längst keiner mehr. Das Soziale, das Wohl der Leute, hat er schon vor Jahren aus den Augen verloren.

Maduros Regime tötet. Und das nicht nur dann, wenn der Autokrat Proteste blutig niederschlagen lässt, wie an diesem Mittwoch: Die Großdemonstrationen gegen das Regime forderten nach bisherigem Stand 13 Todesopfer. Maduros Regime tötet auch auf subtilere Weise: Wegen der beispiellosen Versorgungskrise, in die der Autokrat das Land manövriert hat, fehlt es nicht nur an Nahrungsmitteln. In den Krankenhäusern des Landes sterben Menschen, weil es an wichtigen Medikamenten fehlt, zum Beispiel gegen HIV oder Malaria.

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Maduro hat das Land mit den größten bekannten Ölvorkommen der Welt auf den Stand eines Entwicklungslandes herabgewirtschaftet, allein dafür sollte er aus dem Amt gejagt werden - und natürlich dafür, dass er die Demokratie in Venezuela faktisch abgeschafft hat. Daher kann man der Opposition um den jungen, umtriebigen Juan Guaidó, der sich gerade zum legitimen Präsidenten des Landes erklärt hat, nur Erfolg wünschen. Es muss ihr gelingen, die Armee und weitere Zweifler auf ihre Seite zu ziehen.

Leider wird beides nicht unbedingt wahrscheinlicher nach dem jüngsten Gebaren des Mannes, der gut 3000 Kilometer nördlich von Caracas in seinem Präsidentenbüro in Washington sitzt. Donald Trumps US-Regierung unterstützt die venezolanische Opposition - was erst einmal eine richtige Reaktion ist, ebenso wie auch die Rückendeckung, die von einigen lateinamerikanischen Staaten und aus der EU kommt. Aber Trump und seine Leute gebärden sich derart lautstark, dass es Maduros Gegnern in Venezuela doch wieder schaden könnte.

Die US-Regierung ist nicht irgendeine Regierung, nicht in Venezuela und nicht in ganz Lateinamerika. Sie hat den Kontinent fast ein Jahrhundert lang nicht nur als ihren Hinterhof betrachtet, sie hat ihm auch immer wieder tiefe Traumata zugefügt - angefangen etwa bei den kubanischen Freiheitskämpfern von 1898, die sie um die Früchte des Unabhängigkeitskriegs brachte. Guatemala, Chile, Nicaragua - die Liste lässt sich um viele weitere teils unrühmliche, teils verbrecherische Einmischungen ergänzen.

Sorge vor dem amerikanischen Imperialismus

Angesichts dieses historischen Panoramas ist Trumps öffentliches Liebäugeln mit einer Invasion in Venezuela in höchstem Maße kontraproduktiv. Es hilft Maduro dabei, sich in all dem Chaos als Beschützer der nationalen Souveränität zu stilisieren und die Unterdrückung der Opposition zu rechtfertigen. Maduro begründete den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu den USA mit der "imperialen Frechheit", die sich das Land geleistet habe. Sein Verteidigungsminister schrieb von "dunklen Mächten", die hinter der Opposition im Land stünden.

So gelingt es Maduro, Zweifel unter den Venezolanern zu säen, ob sie sich der Bewegung gegen Maduro wirklich anschließen sollen. Sinnvoller und auch zielführender wäre es daher, wenn die USA und andere den Druck auf das Regime statt durch rhetorisches Getöse durch Sanktionen weiter erhöhen und sich um eine friedliche Lösung der Krise bemühen würden. Das wäre der effizienteste Weg, um das Leiden der Venezolaner endlich zu beenden.

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