München:Das andere Bayern

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Anders als der Rest Bayerns: die Landeshauptstadt vom Norden aus gesehen. (Foto: Niels P. Joergensen)

Die Stadt München hat mehr als 1,5 Millionen Einwohner und ist für die CSU ein schwieriges Pflaster. Was das für die Landtagswahl bedeutet.

Von Heiner Effern

Einen kollektiven Rausch ist München gewohnt, das beweist das gerade noch laufende Oktoberfest. Doch was die Grünen hier 2018 erlebten, bei der letzten Landtagswahl, darf als außergewöhnlich gelten. Sie demütigten die CSU geradezu, legten um 19 Prozentpunkte zu und wurden stärkste Partei in der bayerischen Landeshauptstadt mit ihren 1,5 Millionen Einwohnern. In München gewannen Bayerns Grüne nicht nur das erste Direktmandat ihrer Geschichte, sie nahmen der CSU gleich fünf von neun Stimmkreisen ab. Spitzenkandidat Ludwig Hartmann sprang bei der Wahlparty von der Bühne hinab in die jubelnde Menge, die ihn auf Händen trug.

Dass München anders tickt als der Rest des Freistaats, hat eine lange Tradition. Seit dem Zweiten Weltkrieg hat es die in Bayern fast überall schon siegreiche CSU nur zweimal kurz geschafft, den Oberbürgermeister zu stellen. Und auch wenn die Münchner und Münchnerinnen bei Landtagswahlen traditionell stärker CSU wählten als bei den Kommunalwahlen: Wenn im ganzen Freistaat die Karte der direkt gewählten Abgeordneten schwarz war, leuchteten in München immer wieder mal rote Punkte auf. Als die SPD in der Stadt immer schwächer wurde, stieß nicht die CSU in die Lücke, stattdessen wischten die Grünen die beiden bisherigen Platzhirsche beiseite.

Nach ihrem historischen Erfolg 2018 errangen sie in München auch bei den folgenden Europa-, Kommunal- und Bundestagswahlen die meisten Stimmen. Der Zuzug vieler junger Menschen, der Wunsch eines liberalen Bürgertums nach mehr Ökologie bis in die wohlhabenden SUV-Vorstädte hinein, die "Fridays for Future"-Bewegung, all das führte sie von Sieg zu Sieg. München wurde eine grüne Stadt, nur Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) setzte 2020 mit seiner Wiederwahl einen Kontrapunkt.

Hartmanns Stagedive ist fünf Jahre her. Bei der bevorstehenden Landtagswahl am 8. Oktober müssen die Grünen nun zum ersten Mal beweisen, dass sie München nicht nur erobern, sondern auch halten können. Bei ihren Siegen kamen sie stets aus der Opposition, in der Stadt und in Berlin regieren sie nun mit. Wie im gesamten Freistaat spüren sie in München, dass der Kampf gegen den Klimawandel nicht mehr auf einen so breiten Konsens stößt. Das Dilettieren am Heizungsgesetz in der Berliner Ampelkoalition trübt zusätzlich die Stimmung. Und die CSU tut alles dafür, dass es für sie noch ungemütlicher wird.

Die Partei geht die Grünen auch in München hart an, "Vernunft statt Ideologie" lautet ein Wahlkampfslogan. Geschlossen wie selten zuvor ackern die Kandidaten und die Parteispitze der CSU in München, doch sie wissen, dass sie die Grünen in München nicht mehr auf das Niveau einer Kleinpartei zurückstutzen können. Es wäre schon ein Erfolg, wenn sie den Gegner gerade so überflügeln würden.

Und die in München einst so stolze SPD? Die hatte bei Landtagswahlen schon lange nicht mehr große Erfolge. Wenn sie in der Stadt ein gut zweistelliges Ergebnis erreicht, wäre das in Ordnung. Vom Gewinn eines Direktmandats scheint die SPD meilenweit entfernt zu sein. Hier geht die Tendenz eher in Richtung Bauchplatscher als Stagediver.

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