Koalition:Ampel will Mietpreisbremse verlängern

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Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) haben sich lange gegenseitig blockiert, jetzt gibt es eine Lösung (Foto: IMAGO/dts Nachrichtenagentur)

SPD und FDP verständigen sich im Zuge eines Deals auch zur umstrittenen Vorratsdatenspeicherung. Beendet ist der Zank damit aber nicht. Und auch die Gewerkschaft der Polizei findet die Regeln für das Sichern der IP-Adressen "unzureichend".

Von Constanze von Bullion und Angelika Slavik, Berlin

Nach fast zwei Jahren Streit in der Koalition hat die Bundesregierung sich darauf verständigt, die Mietpreisbremse über das Jahr 2025 hinaus zu verlängern. Auch bei der strittigen Frage, ob Verkehrsdaten von Internetnutzern gespeichert werden dürfen, um Straftäter zu verfolgen, gibt es eine Einigung. Beide Themen hatten zu einer anhaltenden Blockade zwischen Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) geführt.

Die Einigung sei "ein extrem wichtiges Zeichen" und eine "Kampfansage an überteuerte Mieten", sagte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Verena Hubertz am Mittwoch. Die Mietpreisbremse sieht vor, dass bei Abschluss eines neuen Mietvertrags in Regionen mit angespanntem Wohnungsmarkt grundsätzlich nicht mehr als zehn Prozent mehr als die ortsübliche Vergleichsmiete verlangt werden dürfen. Wo genau die Preisbremse zur Anwendung kommt, entscheiden die Länder eigenständig. Allerdings laufen die bestehenden Regelungen in einigen Bundesländern im kommenden Frühjahr aus. Dazu gehört etwa Berlin, wo die aktuelle Mietpreisbremse noch bis Ende Mai 2025 gilt, sowie Baden-Württemberg, Hamburg und Nordrhein-Westfalen. Dort enden die jeweiligen Landesregelungen einen Monat später, also Ende Juni 2025.

Buschmann setzte das Mieterschutzgesetz als eine Art Faustpfand ein

Die SPD hatte im Wahlkampf versprochen, die finanzielle Belastung durch die zuletzt rasant steigenden Wohnungsmieten abzufedern. Das Mietrecht fällt allerdings in die Zuständigkeit des FDP-Justizministers Marco Buschmann. Anders als im Koalitionsvertrag vereinbart brachte er einen bereits fertigen Gesetzesentwurf zum Mieterschutz nicht auf den Weg. Buschmann setzte das Vorhaben als eine Art politisches Faustpfand ein: Solange SPD-Innenministerin Nancy Faeser darauf beharrte, die IP-Adressen von Internetnutzern zu speichern, was Buschmann ablehnte, blockierte er den Mieterschutz.

In diesem Punkt gab es nun eine Einigung. Unter Zutun von Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich die Bundesregierung auf eine sogenannte Quick-Freeze-Regelung zur Speicherung von Telekommunikationsdaten verständigt. Sie entspricht Buschmanns Wünschen und erlaubt keine anlasslose Speicherung von Verkehrsdaten. Ermittler, die Hinweise auf erhebliche Straftaten haben, sollen in Zukunft aber veranlassen können, dass die Verkehrsdaten von Providern "eingefroren" werden. Nötig ist dafür eine richterliche Entscheidung. Stellt sich ein Verdacht auf schwere Straftaten später als begründet heraus, können die Daten an Ermittlungsbehörden übersandt werden.

Justizminister Buschmann sprach von einem "Meilenstein für die effektive Strafverfolgung". Die Innenminister aller Bundesländer sowie Sicherheitsbehörden halten die Lösung hingegen für unzureichend. Der "Quick Freeze" greife zu spät und wirke zu langsam, die Übermittlung von Daten sei oft fehlerhaft, heißt es hier. Dadurch könnten zu viele Straftäter nicht identifiziert werden, etwa im Bereich von Terrorplanung oder der Vermarktung von Videos sexueller Gewalt gegen Kinder.

Innenministerin Faeser will nachverhandeln

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte auf eine weiter gehende Datenspeicherung gedrungen, war damit aber zuletzt gescheitert. Ihr Sprecher betonte am Mittwoch, das vorübergehende Einfrieren von Daten nach Buschmanns Plänen sei sinnvoll, reiche aber nicht aus, um Straftäter dingfest zu machen. Buschmanns Gesetzentwurf zum Quick Freeze, der nun korrigiert werden soll, beinhalte auch "ausdrücklich keine Vereinbarung darüber, wie IP-Adressen künftig gespeichert werden". Die strittige Frage sei "ausgeklammert" worden.

Bisher sah der Referentenentwurf des Justizministers zum Quick-Freeze vor, die alte Regelung zur Vorratsdatenspeicherung abzuschaffen. Dieser Passus soll nun gestrichen werden, das ist Teil der Vereinbarung innerhalb der Koalition. Im Haus von Innenministerin Faeser versteht man die Entscheidung so, dass weiter verhandelt wird über das Thema, Ergebnis offen. Im Hause Buschmann hingehen betrachtet man die Sache als de facto abgeschlossen. Dass es noch zu einer Lösung nach Faesers Vorstellungen kommt, gilt als äußerst unwahrscheinlich.

Die Grünen, die jede Form von anlassloser Vorratsdatenspeicherung für unvereinbar mit deutschem und europäischem Recht halten, begrüßten die Verständigung auf das Quick-Freeze-Verfahren am Mittwoch. "Die Strafverfolgung wird effektiviert und den Behörden ein rechtssicheres Instrument an die Hand gegeben", erklärte Fraktionsvize Konstantin von Notz. Kritik kam von der Opposition. So sagte Alexander Throm (CDU), der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Faeser sei "als Ministerin gescheitert". Das Quick-Freeze-Verfahren sei zur Terrorabwehr und zur Bekämpfung des sexuellen Kindesmissbrauchs ungeeignet. Die Gewerkschaft der Polizei nannte die geplante neue Regelung ebenso "unzureichend".

Auch in der Koalition dürften die Auseinandersetzungen weitergehen. Die SPD drang noch am Mittwoch auf weitere Maßnahmen zum Mieterschutz. Dazu gehöre das Absenken der Kappungsgrenze, also der maximal möglichen Mieterhöhung, von derzeit 15 auf elf Prozent binnen drei Jahren, hieß es. Auch sollten Mietspiegel vielerorts verpflichtend werden. Beides ist im Koalitionsvertrag vereinbart und war von Buschmann bereits geplant. Er stimmt nun aber nicht zu, sondern will die Punkte erneut erörtern. Buschmann verweist auf gestiegene Bau- und Umbaukosten, die Wohnungseigentümer stärker belasten könnten als zuvor. Mehr Mieterschutz dürfe nicht bedeuten, dass notwendige Sanierung verschoben würden. Auch hier wird nicht mit Einigung in dieser Legislatur gerechnet.

Korrekturhinweis: In einer früheren Version dieses Artikels haben wir fälschlicherweise von einem "Bundesjustizminister Jörg Buschmann" geschrieben. Richtig ist jedoch der Vorname Marco.

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