Bundesregierung:Heizungsgesetz soll nun doch in dieser Woche auf die Tagesordnung

Lesezeit: 3 min

Bald geht der Bundestag erst mal in die Sommerpause. (Foto: Uwe Steinert/imago)

Darauf haben sich die drei Parteien der Ampelkoalitionen geeinigt. Den Durchbruch brachte womöglich ein Chefgespräch zwischen Scholz, Habeck und Lindner.

Von Georg Ismar und Paul-Anton Krüger

Der Heizungsstreit in der Ampelkoalition ist fürs Erste entschärft: Die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP im Bundestag haben sich noch doch noch darauf geeinigt, das Gebäudeenergiegesetz in dieser Woche auf die Tagesordnung des Bundestages zu setzen. Zunächst hatte es am Dienstagmittag geheißen, es gebe noch kein Ergebnis. In der Auflistung über die Tagesordnungspunkte für drei Sitzungstage im Bundestag, die von Mittwoch bis Freitag abgehalten werden, fehlte das Gesetz dementsprechend.

Kurz vor 17 Uhr hieß es dann plötzlich: Es hat doch noch geklappt. Nach einem Krisentreffen, an dem Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Finanzminister Christian Lindner (FDP) sowie Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) und die führenden Unterhändler der Ampelfraktionen teilnahmen, wurde die Einigung verkündet.

Chronologie des Heizungsstreits
:Jahrelanges Heckmeck

Das Gebäudeenergiegesetz, das die Gemüter gerade so erhitzt und die Ampelkoalition entzweit, ist seit Jahren ein Ärgernis für die Bundesregierung. Ein Rückblick.

Von Michael Bauchmüller

Vereinbart wurden zwischen SPD, Grünen und FDP "Leitplanken", in denen mögliche Änderungen vorgezeichnet sind. So soll das Gebäudeenergiegesetz verzahnt werden mit dem geplanten Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung - eine mögliche Kompromisslinie, die in den vergangenen Tagen von verschiedenen Ampelvertretern schon genannt wurde.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sprach von "belastbaren Gesprächen". Der nun gefundene Kompromiss schaffe "Verlässlichkeit" und verbessere die Regelungen "deutlich". Man könne sogar von einem "Paradigmenwechsel" sprechen, sagte der Sozialdemokrat. Seiner Fraktion sei besonders wichtig gewesen, dass die Mieterinnen und Mieter nicht über Gebühr belastet werden, sagte Mützenich. Zudem müsse man Arbeitnehmer stärker unterstützen, die sich große Umbauten und neue Heizungen nicht leisten könnten. Nun sei der Weg frei für die Einbringung in den Bundestag noch in dieser Woche.

Habeck sieht den Kern des Gesetzes erhalten

Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge sagte, der Kompromiss ziele darauf, das Gesetz "besser zu machen". Die Grünen hätten insbesondere "Menschen mit unteren und mittleren Einkommen im Blick". FDP-Fraktionschef Christian Dürr betonte, dass das neue Gesetz "technologieoffen" sein müsse. "Die Heizung muss zum Gebäude passen, nicht umgekehrt", sagte Dürr. Alle Technologien, die die vorgegebene Ziel erreichen, seien zugelassen.

Wirtschaftsminister Habeck sieht trotz der von der Koalition vereinbarten Änderungen den Kern des Heizungsgesetzes gewahrt. "Die Wärmewende ist praktikabel, Klimaschutz wird konkret, das klare Signal für den Umstieg auf klimafreundliches Heizen wird gesetzt", sagte der Grünen-Politiker. Die Einigung biete die Chance, die Debatte zu befrieden und den gesellschaftlichen Rückhalt für Klimaschutz zu stärken. "Dass sich in den intensiven Verhandlungen alle Seiten bewegen mussten, gehört dazu. Das war wichtig, um die Handlungsfähigkeit der Regierung herzustellen. Demokratie braucht Kompromisse, und es ist gut, wenn wir sie herstellen können."

Als Ziel hatte Kanzler Scholz ausgegeben, das Gesetz noch bis zum Beginn der parlamentarischen Sommerpause am 7. Juli zu beschließen. Um ein reguläres Verfahren einzuhalten, ist dafür eigentlich eine erste Lesung in dieser Woche erforderlich. Zwar hatte Mützenich am Vormittag betont, auch eine Beratung in der kommenden Woche würde noch reichen. Das würde jedoch zu sehr großer Eile im Gesetzesverfahren führen. Eigentlich wollte die Ampel angesichts der Tragweite des Gesetzes für Millionen Haushalte Schnellschüsse vermeiden. Denn klar ist: Bevor das Gesetz beschlossen wird, dürften im Bundestag noch einige Änderungen an dem Entwurf vorgenommen werden.

Das Gebäudeenergiegesetz zielt darauf ab, die Energiewende beim Heizen voranzubringen. Von 2024 an soll dem Entwurf nach möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit Öko-Energie betrieben werden. Es müssen aber keine funktionierenden Heizungen ausgetauscht werden, außerdem dürfen kaputte Heizungen repariert werden. Der Umstieg etwa auf Wärmepumpen soll durch eine staatliche Förderung sozial abgefedert werden. Auch Übergangsfristen und Härtefallregelungen sind vorgesehen. Die Details sind jedoch hochumstritten. Und gerade für Alt- und Bestandsbauten ist ein Austausch von Öl- und Gasheizungen sehr teuer - und auch technisch nicht einfach.

Union wehrt sich gegen verkürztes Verfahren

Während der Kanzler, seine wichtigsten Minister und die Fraktionsspitzen in dem Krisentreffen eine Lösung berieten, machte die Unions-Fraktionsführung deutlich, dass sie ein verkürztes Verfahren nicht mitmachen werde. Werde das Gesetz in der kommenden Sitzungswoche "in einem Hauptverfahren durch den Deutschen Bundestag gepeitscht", sei das eine "Missachtung des Parlaments und eine Missachtung der parlamentarischen Beratungen", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt.

Unions-Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) betonte: "Diese Koalition darf sich nicht darüber wundern, wenn in der deutschen Öffentlichkeit zunehmend Proteste aus der Mitte der Gesellschaft heraus artikuliert werden gegen die Art und gegen den Inhalt der Gesetze, die in Berlin zurzeit verabschiedet werden." Merz sagte, Deutschland sei in einer Rezession, auch für den Haushalt gebe es keine Lösung, "und die Bundesregierung streitet und streitet".

Zuletzt hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) noch mehrere Anpassungen am Heizungsgesetz vorgeschlagen. So könne die Pflicht zum Einbau einer klimaschonenden Heizung 2024 zunächst für Neubauten gelten. Bei Bestandsgebäuden könne man mehr Zeit einräumen. Außerdem könnten Übergangsfristen besser mit dem Ausbau von kommunalen Wärmenetzen synchronisiert werden. Bereits jetzt ist im Gesetzentwurf vorgesehen, dass für den Heizungstausch mehr Zeit bleibt, wenn das Haus absehbar an ein Fernwärmenetz angeschlossen wird.

© SZ/dpa/hij/nadl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusKommunalpolitik
:"Wir sind jetzt alle Robert Habeck" 

Der Mann, der das sagt, meint es nicht solidarisch. Auf dem Land kämpfen die Grünen gegen Vorurteile. Ein Besuch an der norddeutschen Basis.

Von Ulrike Nimz

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: