Bundeshaushalt:Heil kippt die Sparpläne für Jobcenter

Lesezeit: 2 min

Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil muss in seinem Etat für die kommenden Jahre 1,5 Milliarden Euro einsparen. (Foto: DTS/Imago)

900 Millionen Euro wollte der Arbeitsminister bei den Jobcentern einsparen. Nach heftigen Protesten plant er nun neu: Menschen mit Bürgergeld sollen für Weiterbildung und Reha zur Arbeitsagentur gehen.

Von Roland Preuß, Berlin

Mit seinen Sparplänen für die Jobcenter hatte Hubertus Heil (SPD) sogar in den Reihen der Ampel-Fraktionen offenen Widerspruch hervorgerufen, nun reagiert der Bundesarbeitsminister auf die breite Kritik und schlägt Alternativen vor.

Von 2025 an muss Heil in seinem Etat für Arbeit und Soziales jährlich 1,5 Milliarden Euro einsparen, 900 Millionen davon sollten von den Jobcentern kommen. Hierzu, so der ursprüngliche Plan, sollten die etwa 700 000 Erwerbslosen unter 25 Jahren künftig nicht mehr von den Jobcentern betreut werden, sondern von den Arbeitsagenturen. Die Kosten müsste dann nicht mehr der Bund übernehmen, sondern die Arbeitslosenversicherung, also Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit ihren Sozialbeiträgen.

Von dem neuen Vorschlag sind nun deutlich weniger Menschen betroffen, heißt es

Nun schlägt Heil vor, die jungen Menschen bei den Jobcentern zu belassen und andere Aufgaben an die Arbeitsagenturen zu übertragen, wie es am Donnerstag aus Regierungskreisen hieß. Künftig sollen Menschen im Bürgergeld, die eine Weiterbildung machen sollen, von den Arbeitsagenturen betreut werden statt von den Jobcentern.

Dasselbe soll gelten, wenn Bürgergeldbezieher eine berufliche Rehabilitation machen sollen. Damit würden auch die Kosten für Weiterbildung und Rehabilitation von den Arbeitsagenturen statt von den Jobcentern übernommen; so ließen sich im Bundeshaushalt ebenfalls fast 900 Millionen einsparen, hieß es aus Regierungskreisen.

Für Menschen im Bürgergeld heißt dies konkret: Grundsätzlich bleibt für Langzeitarbeitslose und andere Menschen jeden Alters im Bürgergeld das Jobcenter der Ansprechpartner. Hält der Berater dort eine Weiterbildung oder eine Reha-Maßnahme für nötig, so verweist er die Person künftig an die Arbeitsagentur, die dann weitere Schritte unternehmen soll. Mit diesem Vorschlag, so argumentiert man in Regierungskreisen, seien deutlich weniger Menschen betroffen, nämlich nur 45 000 statt der ursprünglich 700 000 jungen Menschen. Auch die Auswirkungen für die Beschäftigten in den Jobcentern und Arbeitsagenturen seien deutlich geringer.

Kritik an Heils Plänen kam aus den Behörden, aber auch von der Union

Aus den Behörden hatte es zuvor wütenden Protest gegen Heils Pläne gegeben. Die Betreuung der Familien im Bürgergeld werde auseinandergerissen, viele Beschäftigte seien verunsichert, weil sie wohl vom Jobcenter in die Arbeitsagentur wechseln müssten, hieß es etwa von Personalvertretern. Das Bundesnetzwerk Jobcenter, ein Zusammenschluss der Jobcenterleitungen, hatte vor einem "radikalen Systemwechsel" mit weitreichenden Folgen gewarnt.

Schon bei der Debatte seines Haushalts vor drei Wochen hatte sich abgezeichnet, dass Heil mit seinen Plänen einen schweren Stand haben würde. Die Union hatte die Pläne scharf kritisiert, auch aus den Regierungsfraktionen von FDP und SPD kam kein Rückhalt, der Grünen-Sozialpolitiker und frühere Verdi-Chef Frank Bsirske warf Heil im Bundestag sogar vor, es drohe so "eine Lücke im Sozial- und Betreuungsnetz". Spätestens da war für Heil unübersehbar, dass er mit seinen Plänen kaum durchkommen würde. Man nehme die vielen Sorgen ernst, hieß es am Donnerstag aus Kreisen seines Ministeriums. Wenn klar werde, dass man Ziele nicht erreichen könne, weil die Widerstände zu groß seien, dann müsse man gegensteuern.

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Martin Rosemann, der arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecher der SPD im Bundestag, erklärte, seine Fraktion habe in den vergangenen Wochen intensive Gespräche mit Praktikern geführt und Heil darum gebeten, Alternativvorschläge zu erarbeiten. "Diesem Wunsch ist er nachgekommen und hat uns eine gangbare Alternative vorgestellt." Diese "halten wir für sachgerecht und unterstützen wir".

Die Grünen-Sozialpolitiker Frank Bsirske und Beate Müller-Gemmeke nahmen für sich in Anspruch, sie hätten den Alternativvorschlag von Heil erreicht. Den prüfe man nun.

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