Gleichstellung:Das gefährliche Frauenproblem der CDU

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CSU-Chef Markus Söder, CDU-Chef Friedrich Merz und der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (von rechts) auf dem CDU-Bundesparteitag. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Nicht lange her, da spotteten manche, das Kürzel stehe für "Christliche Damen Union". Jetzt zeigt eine neue Erhebung: Der schwache Frauenanteil in der Partei ist in manchen Bereichen sogar noch gesunken.

Von Robert Roßmann, Berlin

Auf dem CDU-Parteitag diese Woche haben sich Friedrich Merz, Markus Söder und Hendrik Wüst demonstrativ als Trio gezeigt. Die drei mächtigsten Männer der Union, kraftvoll vereint. Es war ein Moment, in dem man unweigerlich an den bemerkenswerten Auftritt eines anderen Unions-Trios denken musste. Im Sommer 2019 saßen Angela Merkel, Annegret Kramp-Karrenbauer und Ursula von der Leyen im Schloss Bellevue fröhlich nebeneinander. Bundeskanzlerin die eine, CDU-Chefin die zweite und designierte EU-Kommissionspräsidentin die dritte. Manche spotteten damals schon über die CDU als "Christliche Damen Union". Die drei Frauen waren die drei mächtigsten CDU-Mitglieder. Was für ein Unterschied zu heute.

Die CDU hat ihren Parteitag erfolgreich über die Bühne gebracht. Friedrich Merz wurde mit fast 90 Prozent als Vorsitzender im Amt bestätigt. Generalsekretär Carsten Linnemann und der neue Partei-Vize Karl-Josef Laumann bekamen noch bessere Ergebnisse. Und das neue Grundsatzprogramm, das erste seit 17 Jahren, wurde ohne Zerwürfnisse beschlossen. Linnemann jubelte anschließend sogar: "Es war der beste Parteitag aller Zeiten." Und doch wurde auf diesem Parteitag ein großes Problem offensichtlich: Die CDU wird wieder als eine Männer-Partei wahrgenommen, in der es Frauen bestenfalls in die zweite Reihe schaffen.

Das weibliche Trio hat seinerzeit nur verdeckt, wie schlecht es um die Repräsentation steht

In der CDU wissen sie natürlich, wie wichtig die Stimmen der Frauen für einen Wahlerfolg sind. Und sie kennen die Zahlen. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hat gerade die "soziale Struktur der Anhänger der Merkel-CDU 2017 und der Anhänger der Merz-CDU 2024" verglichen. Das Ergebnis: 2017 lag der Frauenanteil bei 55 Prozent, jetzt nur noch bei 48 Prozent.

Es ist eine Entwicklung, die für die Partei gefährlich werden kann. Das zeigt auch ein Blick auf die Ergebnisse der letzten Bundestagswahlen. 2017 wählten noch 29,8 Prozent der Frauen und 23,5 Prozent der Männer CDU. Bei der Wahl 2021 ist dieser Frauenbonus, von dem die Partei lange profitiert hat, dann fast komplett verschwunden. Es stimmten nur noch 19,5 Prozent der Frauen für die CDU - bei den Männern kam die Partei auf 18,2 Prozent.

Die damalige CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer, EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Angela Merkel im Juli 2019 im Schloss Bellevue. (Foto: Jens Jeske/Imago)

Die CDU hat jetzt einen Bericht zur politischen Gleichstellung von Frauen und Männern vorgelegt. Er zeigt, dass es in der Partei nicht nur an der Spitze ein Problem gibt. Und dass das keinesfalls nur an Merz und seiner neuen Männertruppe liegt. Das Trio Merkel/Kramp-Karrenbauer/von der Leyen hat jahrelang verdeckt, wie schlecht es um die Repräsentation von Frauen in der CDU steht.

In dem Gleichstellungsbericht vergleicht die CDU die aktuelle Lage - die aufgeführten Daten haben den Stand Januar 2024 - mit der Situation im Jahr 2004. Das Ergebnis: Der Anteil der weiblichen Mitglieder ist in den vergangenen 20 Jahren nur von 25,2 auf 26,5 Prozent gestiegen. In sieben Landesverbänden ist er sogar gesunken. In 17 dieser 20 Stagnationsjahre standen Merkel oder Kramp-Karrenbauer, also Frauen, an der Spitze der Partei.

"Die Attraktivität der CDU für Frauen entscheidet sich über Inhalte, die sie in ihrer Lebenswirklichkeit ansprechen, und eine gelebte Willkommenskultur", sagt Annette Widmann-Mauz, die Vorsitzende der Frauen-Union, zu diesen Zahlen. Die CDU scheint also entweder ein Problem mit den Inhalten oder eines mit der Willkommenskultur zu haben. Oder beides.

Auch auf kommunaler Ebene ist die Bilanz ernüchternd

Inzwischen ist nicht nur der CDU-Vorsitzende und Unionsfraktionschef ein Mann. Es gibt keine einzige CDU-Ministerpräsidentin und keine einzige CDU-Landesvorsitzende mehr. Und in allen Landtagen zusammen gibt es nur eine CDU-Fraktionschefin, Ines Claus in Hessen.

In Thüringen sind nicht einmal zehn Prozent der CDU-Landtagsabgeordneten Frauen, ihr Anteil liegt damit deutlich unter dem von vor zwanzig Jahren. Auch in vier anderen Bundesländern ist der Anteil weiblicher CDU-Abgeordneter niedriger als 2004. Auf der kommunalen Ebene ist die Bilanz ebenfalls ernüchternd. Nur 57 der bundesweit 321 CDU-Kreisvorsitzenden sind Frauen. Bei den Amtsträgern liegt der Anteil oft noch niedriger. In Baden-Württemberg stellt die CDU zum Beispiel 38 Oberbürgermeister - unter ihnen ist lediglich eine Frau. Und von den 20 Landräten sind nur zwei weiblich.

Verglichen damit ist die Situation an der Parteispitze trotz der Männer in der ersten Reihe hervorragend. Sowohl im jetzt neu gewählten Präsidium als auch im neuen Bundesvorstand liegt der Frauenanteil bei rund 44 Prozent.

Fast vollkommene Parität gibt es übrigens in der Senioren-Union. Dort sind 49,3 Prozent der Mitglieder Frauen. "Bei uns fühlen sich die Frauen gut aufgenommen und wohl", sagt der stellvertretende Bundesvorsitzende Claus Bernhold. Viele würden zusammen mit ihren Männern beitreten. Dass der Frauenanteil in der Senioren-Union so hoch ist, liegt allerdings auch schlicht daran, dass die Männer früher sterben.

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