SPD-Fraktion:"Ein guter Mann"

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Wird der alte Fraktionschef Rolf Mützenich (links) auch der neue sein? Er hat sein Direktmandat knapp verteidigt. Co-Parteichef Norbert Walter-Borjans (rechts) hatte nicht für den Bundestag kandidiert. (Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Erst zum vierten Mal stellt die SPD die stärkste Fraktion im Bundestag, die Zahl ihrer Direktmandate hat sie mehr als verdoppelt. Und wer wird Fraktionschef? Olaf Scholz hat einen klaren Favoriten.

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Natürlich wird Johann Saathoff auch im neuen Bundestag wieder der SPD-Fraktion angehören. Dort, wo der 53-jährige Abgeordnete herkommt, scheint es selbstverständlich zu sein, dass die Wähler einen Sozialdemokraten nach Berlin schicken, nahezu unabhängig vom bundesweiten Auf und Ab der Partei. In Ostfriesland kann sich die SPD noch als Volkspartei fühlen, fast wie in anderswo längst vergangenen Zeiten. Gut, auch Saathoff ist beim Wahldebakel seiner Partei vor vier Jahren im Wahlkreis Aurich-Emden unterhalb der 50-Prozent-Marke geblieben, allerdings nur knapp. Parteifreunde anderswo konnten davon nur träumen, für ostfriesische Sozialdemokraten war das ein absoluter Tiefpunkt.

Diesmal jedoch haben die Wählerinnen und Wähler die Verhältnisse in der traditionell roten Hochburg hinter dem Deich wieder zurechtgerückt. Über genau 71 495 Erststimmen freute sich Saathoff auf Twitter, das bedeutete: 52,8 Prozent, da konnte bundesweit kein SPD-Kandidat auch nur annähernd mithalten. Ein Parteifreund twitterte: #Stimmenkönig.

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Saathoff wird im künftigen Bundestag einer von 206 Sozialdemokraten sein. Das sind 53 mehr als in der abgelaufenen Legislaturperiode, und wichtiger noch für die Partei: zehn mehr, als CDU und CSU zusammen haben. Die SPD stellt die stärkste Fraktion im Parlament, das war in der bundesdeutschen Geschichte bisher nur dreimal der Fall: von 1972 bis 1976 und in den beiden Legislaturperioden von 1998 bis 2005.

Die entscheidende Frage: Wie viele Posten wird es geben?

Doch was unter Willy Brandt und Gerhard Schröder schon am Wahlabend klar war, könnte nun über Wochen ungewiss bleiben: Wird diese neue Fraktion künftig die parlamentarische Stütze eines Kanzlers Olaf Scholz sein? Oder doch nur die bei weitem größte Oppositionsfraktion? Davon wird vieles und so gut wie alles Entscheidende abhängen, vor allem: Wie viele Posten gibt es in einer neuen Regierung für Parlamentarier aus den eigenen Reihen? Es könnten ziemlich viele sein. Oder auch gar keiner.

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Schon an diesem Mittwoch wollen die sozialdemokratischen Abgeordneten ihren neuen Vorsitzenden wählen. Der Mann, an dem es vor allem lag, dass die Sozialdemokraten so viele Stühle im Halbrund unter der Kuppel des Reichstagsgebäude besetzen dürfen, wird es nicht sein. Olaf Scholz will schließlich Bundeskanzler werden. "Wir sind uns einig, dass der jetzige Fraktionsvorsitzende ein ganz toller Mann ist", sagte er am Montag und lobte damit Rolf Mützenich, der die SPD-Parlamentarier seit ziemlich genau zwei Jahren anführt. Mützenich sei ein "ganz wichtiger Baustein für unser gemeinsames Gebäude" gewesen, so Scholz: "Ein guter Mann, und den brauchen wir da."

Der derart Gelobte ist einer von 121 SPD-Abgeordneten, die ihren Wahlkreis direkt gewonnen haben. Dass das nun mehr als doppelt so viele sind wie bisher, veranschaulicht das flächendeckende Ausmaß des SPD-Wahlerfolges. Nur in Bayern blieben die Zuwächse der Sozialdemokraten mager, keinen einzigen Wahlkreis konnten sie hier gewinnen, und auch in Baden-Württemberg nur einen.

Neue Konkurrenz in den Städten

Auch Mützenichs Wahlkreis in Köln zeigt, dass den Sozialdemokraten gerade in ihren städtischen Hochburgen längst ein neuer Gegner erwachsen ist. Der 62-Jährige hat im Vergleich mit 2017 sogar an Erststimmen verloren, eine grüne Gegenkandidatin ist ihm bis auf 1,6 Prozentpunkte auf die Pelle gerückt. Auch Umweltministerin Svenja Schulze musste sich in ihrer Heimatstadt Münster, bislang geprägt von der CDU, mit Rang drei im Rennen um das Direktmandat begnügen. Auch hier gewann eine grüne Kandidatin.

Mit einer Legalisierung von Cannabis ließe sich der Handel mit verunreinigtem Haschisch unterbinden, sagt SPD-Politiker Karl Lauterbach. (Foto: Ina Fassbender/AFP)

Andere sozialdemokratische Prominenz konnte sich dagegen im heimischen Wahlkreis klar durchsetzen. Karl Lauterbach, in der Corona-Pandemie omnipräsentes und stets warnendes Gesicht seiner Fraktion, fuhr daheim in Köln und Leverkusen mit 45,6 Prozent eines der stärksten SPD-Resultate ein. Arbeitsminister Hubertus Heil gewann mit 43,7 Prozent in Gifhorn-Peine in Niedersachsen, Außenminister Heiko Maas entschied in Saarlouis das Ministerduell gegen seinen christdemokratischen Kabinettskollegen Peter Altmaier diesmal mit deutlichem Abstand für sich; vor vier Jahren hatte er es noch verloren. Der stellvertretende Parteichef Kevin Kühnert errang im ersten Anlauf ein Direktmandat in Berlin-Tempelhof-Schöneberg gegen die grüne Ex-Ministerin Renate Künast. Im benachbarten Charlottenburg-Wilmersdorf sicherte sich Berlins bisheriger Bürgermeister Michael Müller seinen Umzug in den Bundestag.

Parteichefin Saskia Esken, in ihrem CDU-dominierten Schwarzwald-Wahlkreis Calw von vorneherein chancenlos, konnte dagegen ihr persönliches Erststimmen-Ergebnis nur um magere vier Promillepunkte steigern. Sie zieht über die Landesliste ins Parlament ein, während ihr Co-Parteichef Norbert Walter-Borjans gar nicht kandidierte. Da sich auch Justizministerin Christine Lambrecht nicht mehr um ein Mandat bewarb und die ehemalige Familienministerin Franziska Giffey nun Berlin regieren will, wird ein Kanzler Scholz wohl erst finden müssen, wen er im Falle einer Kanzlerschaft für kabinettsgeeignet hält.

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