Bundestagswahl:Brinkhaus zum Fraktionschef gewählt - bis Ende April

Ralph Brinkhaus, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, spricht vor Beginn der ersten Fraktionssitzung nach der Wahl. (Foto: imago images/photothek)
  • Brinkhaus ist für sechs Monate als Unionsfraktionschef wiedergewählt worden.
  • CSU-Chef Söder beerdigt die Hoffnungen in der Union auf eine Jamaika-Koalition weitgehend: "Die besten Chancen, Kanzler zu werden, hat derzeit Olaf Scholz, eindeutig."
  • Habeck soll bei den Grünen offenbar eine stärkere Rolle einnehmen als Baerbock. Er dementiert es nicht, will aber von Personalspekulationen derzeit nichts wissen.
  • Die SPD hofft auf eine baldige Sondierung mit FDP und Grünen, die sich am Mittwoch erst einmal zu zweit treffen wollen.

Von SZ-Autorinnen und -Autoren

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Gunnar Herrmann
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Gunnar Herrmann
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Brinkhaus: "Wir werden nicht jeden Kompromiss mitmachen"

Direkt nach der Abstimmung tritt der wiedergewählte Fraktionschef Ralph Brinkhaus vor die Presse, gemeinsam mit CSU-Landesgruppenchef Dobrindt. Tenor des Auftritts ist: Wir schauen nach vorne. Mehrfach werden die beiden gefragt, ob sie sich weiterhin eine Jamaika-Koalition vorstellen können. Die Antwort ist zwar nicht ablehnend - man habe besprochen, "dass wir aktiv unsere Gesprächsbereitschaft anmelden“ -  kommt jedoch mit einem "aber". Brinkhaus sagt mit Blick auf mögliche Gespräche mit Grünen und FDP:  "Wir werden nicht jeden Kompromiss mitmachen".

Der Wahl des Fraktionschefs war eine parteiinterne Diskussion vorangegangen. CDU-Chef Laschet und der CSU-Vorsitzende Söder präsentierten schließlich einen Kompromiss, der die Amtszeit zunächst auf sechs Monate begrenzt. Brinkhaus akzeptierte dies, die CDU-Politiker Norbert Röttgen, Friedrich Merz und Jens Spahn verzichteten auf eine Kampfkandidatur. Normalerweise wählt die Fraktion ihren Vorsitzenden nach einer Bundestagswahl für ein Jahr. "Die Tatsache, dass andere Kandidaten, die sich das auch vorstellen können, dabei eingewilligt haben, ist ein starkes Zeichen der Gemeinsamkeit, die wir jetzt brauchen", hatte Laschet zuvor nach Teilnehmerangaben in der Debatte gesagt. Söder betonte, dass eine Abstimmung nötig gewesen sei, um die Handlungsfähigkeit der Fraktion zu sichern. Brinkhaus sagte nach der Wahl, er könne sich gut vorstellen, auch nach dem 30. April die Fraktion weiter zu führen. 

Der Grund für die zeitliche Begrenzung ist, dass derzeit niemand mit Sicherheit sagen kann, ob die Union in die Regierung oder in die Opposition geht. Und wer in einem halben Jahr Parteichef der CDU und damit auch ein naheliegender Kandidat etwa für die Rolle als Oppositionsführer sein wird - Armin Laschet ist nach der Wahlniederlage stark angeschlagen. 

Gunnar Herrmann
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Brinkhaus zum Chef der Unionsfraktion gewählt

Ralph Brinkhaus wurde nach SZ-Informationen in geheimer Wahl zum Vorsitzenden der Unionsfraktion gewählt - bis zum 30. April 2022.  Brinkhaus erhielt 164 Stimmen, das entspricht 85 Prozent. Es gab zwei Enthaltungen. Brinkhaus war der gemeinsame Vorschlag von Laschet und Söder. Es gab keine weiteren Kandidaten.
Juri Auel
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Laschet entschuldigt sich und wirbt weiter für Jamaika 

Armin Laschet wirbt in der konstituierenden Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Sondierungen mit Grünen und FDP. "Die, die uns gewählt haben, sagen: Gebt das nicht so schnell auf mit Jamaika", sagt er Teilnehmerangaben zufolge. Es gebe starke Signale von der FDP in Richtung Union. Er habe als Spitzenkandidat Fehler gemacht, das bedauere er sehr. Laschet habe jene um Entschuldigung gebeten, die ihr Mandat verloren hätten. 
Juri Auel
Juri Auel

Ein Merci für diesen Wahlkampf  

Bernard-Henri Lévy gilt als Frankreichs bekanntester Philosoph. Lévy hat den deutschen Wahlkampf genau verfolgt – und setzt nun in einem Gastbeitrag in der Süddeutschen Zeitung zu einem wahren Loblied an, wenn er schreibt: „Deutschland erteilt der Welt, insbesondere Frankreich, eine schöne Lehrstunde in Demokratie.“ Wie er darauf kommt? Das lesen Sie mit SZ Plus.
Juri Auel
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Laschet räumt in Fraktion Fehler ein und entschuldigt sich  

CDU-Chef Laschet räumte in der konstituierenden Sitzung der Unions-Fraktion eigene Fehler im Wahlkampf ein. Er habe als Spitzenkandidat auch selbst Fehler gemacht, sagte er nach Angaben von Teilnehmern. Er bedaure das sehr. Und er wolle sich bei denen, die es betroffen habe, entschuldigen. Fraktionschef Brinkhaus sagte demnach, der Spitzenkandidat sei bei den Wählerinnen und Wähler nicht angekommen. CSU-Chef Söder dankte den Abgeordneten fürs harte Kämpfen. 
Juri Auel
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Brinkhaus: Laschet ist der „geborene Verhandler“ für mögliche Jamaika-Sondierungen  

Laschet soll Brinkhaus zufolge die möglichen Sondierungsgespräche für die CDU über ein Jamaika-Bündnis führen. Laschet sei als CDU-Chef der „geborene Verhandler“ dafür. Bei der CSU sei dies ebenfalls der Parteivorsitzende, Markus Söder. Brinkhaus und CSU-Landesgruppenchef Dobrindt betonen vor der Fraktionssitzung zudem, auch sie würden an Sondierungsgesprächen beteiligt sein, wenn sie - wie geplant - an die Fraktionsspitze gewählt werden. Es sei wichtig, dass die Fraktion von Anfang an eingebunden werde. 
Juri Auel
Juri Auel

Brinkhaus spricht von Kompromissvorschlag  

Es verdichtet sich, dass Brinkhaus nur für sechs Monate als Unionsfraktionschef gewählt werden soll. Er selbst bestätigt das bei einem Statement vor der Sitzung nicht, spricht jedoch von einem Kompromissvorschlag, den es gebe. CSU-Landesgruppenchef Dobrindt sagt, man komme das erste Mal nach einer „sehr sehr schweren Niederlage“ nach der Bundestagswahl als Fraktion zusammen. Es gebe aufgrund des Wahlergebnisses keinen klaren Regierungsauftrag. Das scheint das Wording zu sein, auf das man sich bei der Union die letzten Tage weitestgehend geeinigt hat, um die Aussagen von CDU-Chefs Laschet wieder einzufangen. 
Juri Auel
Juri Auel

Brinkhaus soll offenbar für sechs Monate Unions-Fraktionsvorsitzender werden  

Auf diesen Vorschlag haben sich wohl Laschet und Söder gemeinsam geeinigt, wie die Welt und der Tagespiegel übereinstimmend berichten. Normalerweise beträgt die Zeit, für die Fraktionschefs gewählt werden, ein Jahr. „Das biete die Möglichkeit, falls Armin Laschet nicht mehr als CDU-Chef zu halten sei, dass dann ein möglicher Nachfolger schauen könnte, ob er sich dann nach dem halben Jahr zum neuen Fraktionschef wählen lassen will, um beide Ämter in einer Person zu vereinen“, schreibt der Tagesspiegel. 

Juri Auel
Juri Auel

Unionsfraktionssitzung startet in Kürze  

Vor dem Sitzungssaal tummeln sich bereits etliche Kameraleute und Journalisten, um vor der Zusammenkunft noch aktuelle Statements einzuholen. Wir übertragen die Äußerungen oben in einem Livestream, der bald starten dürfte.
Juri Auel
Juri Auel

Körber: Sehe nicht, dass Armin Laschet die CDU weiter führt  

„Ich kann keinen Regierungsauftrag bei diesem Wahlergebnis für die CDU erkennen“, sagt der sächsische Landesgruppenchef der CDU, Carsten Körber. Der Regierungsbildungsauftrag liege bei Scholz und der SPD. „Sollte das scheitern, was ich nicht glaube, dann werden wir natürlich Gesprächen offen gegenüberstehen. Aber selbst dann sehe ich nicht, dass Armin Laschet die CDU weiter führt“, sagt Körber bei Phoenix. 
Kassian Stroh
Kassian Stroh

Söder macht Hoffnungen auf Jamaika weitgehend zunichte

Sollte es in der Union noch jemanden geben mit der Hoffnung, man könne mit FDP und Grünen eine Jamaika-Koalition bilden, und sollte dies der CDU-Vorsitzende und Kanzlerkandidat Armin Laschet selbst sein - dann hat CSU-Chef Markus Söder diese Hoffnung nun weitgehend beerdigt. "Die besten Chancen, Kanzler zu werden, hat derzeit Olaf Scholz, eindeutig." Das sagt Söder am Nachmittag nach dem ersten Treffen der CSU-Bundestagsabgeordneten.

Alles laufe auf die Ampelkoalition zu, alles Weitere seien vielleicht rechnerisch mögliche Optionen, aber keine realistischen - diesen Eindruck erweckt Söder. Und er gratuliert der SPD und ihrem Kandidaten Scholz offiziell zum Wahlsieg - auch im Namen seiner Partei. CDU-Chef Laschet hat dies zumindest öffentlich bislang nicht getan.

Von den (offenkundig auch von Laschet vorangetriebenen) Debatten in der Union, die Wahl eines neuen Fraktionsvorsitzenden zu verschieben oder einen solchen kommissarisch zu benennen, will die CSU nichts wissen. Noch heute müsse es eine Wahl geben, sagt CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Nach einer derart deutlichen Niederlage müssten CDU und CSU "Folgefehler" vermeiden - und ein solcher wäre es, "Personalentscheidungen zu vermeiden oder zu verschieben". Es brauche "Ordnung", sagt Dobrindt. Eine Wahl für nur wenige Wochen lehne er ab.

Söder fordert ebenfalls "Stabilität und Ordnung". Er beteuert, zu all den aktuellen Gerüchten in Berlin nicht beigetragen zu haben - etwa wer mögliche Sondierungsgespräche über eine Jamaika-Koalition führen könne, die man Grünen und FDP angeboten habe. Über das weitere Vorgehen und die Frage des Fraktionsvorsitzes, werde er nun noch vor der Sitzung der Gesamtfraktion sprechen, sagt Söder - die soll um 17 Uhr beginnen.

Grüne und FDP -Vertrauen gesucht. Ein Kommentar von Cerstin Gammelin (SZ Plus):
Kassian Stroh
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Habeck: Keine Personalspekulationen vor Sondierungsgesprächen

So groß ist die Aufregung, dass sich Robert Habeck offenbar gezwungen sieht, selbst vor die Kameras zu treten - zumindest kurz. Am Mittag also macht der Grünen-Chef klar, dass "selbstverständlich am Ende eines solchen Prozesses über Inhalt und Personal - das gesamte Tableau - die Partei über einen Parteitag oder eine Mitgliederbefragung" entscheiden werde. "Die Frage, wer Vizekanzler wird, ist völlig irrelevant", sagt Habeck. "Wir haben noch nicht einmal einen Kanzler."

Ein Dementi aber ist das nicht - zumindest nicht der Berichte, dass er sich unter vier Augen mit seiner Co-Vorsitzenden, der bisherigen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock, darauf geeinigt haben soll, dass er im Falle einer Regierungsbildung der zweite Mann im Kabinett wird. Habeck bekräftigt nur allgemein, dass er sich mit ihr mit Blick auf die anstehenden Verhandlungen mit FDP und SPD bereits über alle relevanten Fragen verständigt habe.

Er werde mit Baerbock "in großer Gemeinsamkeit, in großer Geschlossenheit, in großer Stärke die Koalitions- und Sondierungsgespräche gemeinsam führen", sagt Habeck also am Mittag in Berlin. Die Partei stehe "in 120-prozentiger Geschlossenheit" hinter Baerbock. Und er betont auch, "dass es sich geradezu nicht geziemt, in Personalspekulationen einzusteigen, bevor wir überhaupt Sondierungsgespräche aufgenommen haben".

 Ein Kommentar von Constanze von Bullion:
Juri Auel
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Dobrindt als CSU-Landesgruppenchef wiedergewählt 

Alexander Dobrindt bleibt der Vorsitzende der CSU-Bundestagsabgeordneten. Als parlamentarischer Geschäftsführer haben sie auch für die neue Legislaturperiode Stefan Müller gewählt. Der CSU-Landesgruppe gehören nun 45 statt zuvor 46 Bundestagsabgeordnete an; ihr Einfluss in der geschrumpften Unions-Gesamtfraktion mit nun 196 Parlamentariern ist deutlich gewachsen. 
Kassian Stroh
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Göring-Eckardt: Personalfragen werden am Ende entschieden

Die Fraktionsvorsitzenden der Grünen widersprechen Berichten, wonach schon klar sei, dass Parteichef Robert Habeck im Falle einer Regierungsbeteiligung Vizekanzler werde. Es gebe Zeitungsberichte, und es gebe die Wirklichkeit, sagt Katrin Göring-Eckardt am Mittag. Und die Wirklichkeit sei: Es gebe zwei Parteivorsitzende, die "auf Augenhöhe" die Koalitionsverhandlungen führen werden. Unter den beiden sei alles besprochen. Und "am Ende" würden Personalentscheidungen getroffen. Dem sei nichts hinzuzufügen, sagt der zweite Fraktionschef, Anton Hofreiter vor der konstituierenden Sitzung der neuen Fraktion im Bundestag.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hatte berichtet, dass Habeck bei den Grünen mehr Einfluss bekommen soll als seine Co-Chefin Annalena Baerbock, die als Kanzlerkandidatin angetreten war. Vor längerer Zeit hätten sich die beiden darauf geeinigt, dass er Vizekanzler werden soll.

Mit Material aus den Agenturen.

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