Coronavirus:Segler und Motorbootfahrer wollen wieder auf den Starnberger See

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Wassersport ist erlaubt, aber die Marinas sind gesperrt. Per Online-Petition mit bislang 1400 Unterstützern wollen die Skipper zurück in ihre Schiffe. Die Wasserwacht ist skeptisch.

Von Christian Deussing, Starnberg

Die Geduld der meisten Segler, Motor- und Elektrobootfahrer am Starnberger See ist am Ende: Sie wollen endlich wieder mit ihren Schiffen, die sie seit Wochen wegen der Corona-Krise in den gesperrten Häfen nicht betreten dürfen, auf den See hinaus. In einer Online-Petition an den Bayerischen Landtag mit bereits mehr als 1400 Unterschriften machen die Bootseigner Druck und fordern, dass die Marinas wieder geöffnet werden. Denn es stelle sich doch die Frage, weshalb Stand-up-Paddler, Kite-Surfer, Kanuten oder Ruderer unterwegs sein dürften - jedoch nicht Motorbootfahrer und Segler, argumentieren die Initiatoren der Eingabe, Michael Braunschmid und Gerd Vahsen aus Tutzing.

Sie verweisen darauf, dass die Infektionsgefahr auf dem Wasser und in den Häfen sicher geringer sei als in überfüllten Parks oder auf sonstigen öffentlichen Plätzen, wenn die Abstands- und Hygieneregeln eingehalten würden. Die Initiatoren betonen außerdem, dass Surfer, Kajakfahrer und andere Wassersportler eher einem erhöhten Risiko ausgesetzt seien. Müsste dann im Notfall die Wasserwacht ausrücken, könnten die Rettungskräfte Gefahr laufen, sich anzustecken.

Starnberger See
:Wasserwacht warnt Stand-Up-Paddler

Bei Wassertemperaturen um neun Grad besteht für Anfänger Lebensgefahr - auch weil viele ein einfaches Hilfsmittel nicht nutzen.

Diese Unterscheidung zwischen Seglern und Paddlern oder Surfern stoße bei vielen Mitgliedern auf "völliges Unverständnis", sagt Wolfgang Stückl, Vorsitzender des Deutschen Touring-Yacht-Clubs in Tutzing. Man sei selbst kompromissbereit, so bleibe das Casino vorerst geschlossen, auch auf die Kontaktregeln werde geachtet. Stückl befürchtet zudem, dass die historischen Holzboote austrocknen und undicht würden, wenn sie immer noch nicht zu Wasser gelassen werden dürften.

Der Club-Präsident will gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Münchner Yacht-Clubs (MYC), Niko Stoll, und dem Bayerischen Yacht-Club (BYC) an einem Strang ziehen und über den Bayerischen Seglerverband bei der Staatsregierung Gehör finden. Es werde sicher eine vernünftige Lösung gefunden, glaubt MYC-Präsident Stoll. Mann könne zum Beispiel auf den Stegen auch Markierungen anbringen, schlägt er vor und versichert: "Wir werden hier trotzdem nicht gleich das Clubleben lostreten."

Ralf Hille ist einer der Segler am Starnberger See, die frustriert sind. Seine Jolle ist in Possenhofen noch immer im Winterschlaf, und sein sieben Meter langes Boot "Queen" liegt in der Marina von Bernried fest. Der 58 Jahre alte Unternehmer fühlt sich doppelt bestraft, denn mit seinem größeren Boot führt er beruflich elektronische Messungen auf dem See aus. Das sei jetzt leider nicht möglich, denn er habe keine Boje, sagt Hille. Bojen sind laut Verfügung nicht gesperrt und dürfen zum Festmachen der Boote genutzt werden.

In der Marina liegt das Elektroboot von Sandra Baumann und ihrem Lebensgefährten Michael Braunschmid, die ihr Boot nicht mehr betreten dürfen. Jetzt hoffen sie, dass sich das bald ändert. (Foto: privat)

Jeder Wassersportler solle sich des Risikos bewusst sein, welcher Gefahr er sich und die Rettungskräften aussetze, sagt der Starnberger BRK-Geschäftsführer Jan Lang, der auch für Wasserwachten zuständig ist. Er rechne damit, dass demnächst zumindest "eingeschränkte Freigaben" für den See erfolgen. Allerdings wären Einsätze bei Rettungsaktionen nach wie vor heikel - auch wegen der Infektionsgefahr, die den Helfern drohe, mahnt Lang. Zudem seien zum Beispiel auch Elektroboote dem Wind ausgesetzt und nicht vor Unfällen gefeit. Vor den Risiken warnt auch Siegfried Dumbsky, Einsatzleiter von Wasserwachten am Ammersee. "Auch die Besten können ins Wasser fallen", sagt er.

Das Starnberger Landratsamt appelliert weiterhin an die Bürger, derzeit den Wassersport auf den Seen zu unterlassen, um die Kapazitäten der Einsatzkräfte zu schonen. Diese müssten sich angesichts der Pandemie auch selbst schützen und rund um die Uhr parat stehen. Sie sollten daher nicht ihre Ressourcen noch in der Freizeit vergeuden, sagt Kreisbehördensprecherin Barbara Beck. Vorerst bis zum 3. Mai sind die Häfen gesperrt. Mit der Petition hoffen die Initiatoren Braunschmid und Vahsen , dass die aus ihrer Sicht "unsinnige Verordnung" aufgehoben wird. Dann müsste sich auch die Wasserschutzpolizei den neuen Regeln anpassen.

© SZ vom 29.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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