Wiesnwirt:Beppi Bachmaier und die Frage, wo das Herz Münchens eigentlich liegt

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Josef "Beppi" Bachmaier, gelernter Metzger und Macher münchnerischer Kultur, soll sein Wiesn-Zelt verlieren. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Der Fraunhofer-Wirt betreibt ein beliebtes Kleinkunst-Zelt auf dem historischen Oktoberfest. Dieses Jahr könnte ihm die Stadt den Platz verweigern. Der Ärger ist groß.

Von Franz Kotteder

Dieses Jahr hätte er eine Menge zu feiern gehabt, aber momentan ist ihm gar nicht danach. Seit 50 Jahren ist Beppi Bachmaier - "Beppi" ist eine bayerische Kurzform des Vornamens Josef - Wirt der Fraunhofer-Gaststätte in der Münchner Isarvorstadt und mit seinem Humor und seiner unaufgeregten Art ein Musterbeispiel seiner Zunft. Das Wirtshaus gibt es jetzt seit 150 Jahren, auch da wäre ein Jubiläum zu feiern. Es steht längst unter Denkmalschutz, drinnen sieht es immer noch aus wie zur Prinzregentenzeit um 1900. Es hat auch ein Theater hinten im Hof, und das ist eine ehrwürdige Kleinkunstinstitution. Von Sigi Zimmerschied bis Jörg Hube hatten viele Kabarettstars hier ihre ersten Auftritte; Luise Kinseher stand hier nicht nur auf der Bühne, sondern hatte, Jahre davor, auch noch als Kellnerin im Wirtshaus gejobbt.

Und dann wäre der Beppi im Herbst außerdem noch zum zehnten Mal mit seinem Herzkasperlzelt auf dem Oktoberfest vertreten. Auf dem historischen Teil, den es seit dem 200. Geburtstag dieses Volkfests im Jahr 2010 gibt, und der den bayerischen Namen "Oide Wiesn" trägt, "alte Wiesn" eben. Doch in diesem Jahr sieht es schlecht aus für sein Herzkasperlzelt. Kurz vor Ostern wurde bekannt, dass ein Mitbewerber eine höhere Punktzahl als er erreicht haben soll. Die Stadt geht als Veranstalter der Wiesn streng nach einem Punktekatalog vor, der in 13 Kategorien von Volksfesterfahrung bis Ökologie nahezu alles bewertet, aber nicht die kulturelle Bedeutung. Wer zu wenig Punkte hat, darf nicht mitspielen auf dem Festgelände. Das letzte Wort hat aber der Stadtrat, und der entscheidet in diesem Jahr am 7. Mai.

Bachmaiers Zelt ist das Herzstück der "Oidn Wiesn"

Ausgerechnet am Siebten. Schließlich wird Beppi Bachmaier in diesem September 77 Jahre alt, ein Geburtstag mit Schnapszahl also, und die Sieben soll eigentlich eine Glückszahl sein. 1947 ist Bachmaier in der Isarvorstadt geboren, die zwar noch so heißt, aber längst zum Zentrum der Stadt gehört. Metzger hat er gelernt, ein ehrbares Handwerk. Aber dann war es kurz vor 1968, und plötzlich war auch in München allerhand geboten. Zusammen mit zwei Freunden, Uwe Kleinschmidt und Werner Winkler, machte Beppi Bachmaier das "Musikalische Unterholz", kurz: MUH, in der Sendlinger Straße auf. Das hat Kabarettgeschichte geschrieben, von der Biermösl Blosn bis zu Fredl Fesl sind hier viele erstmals aufgetreten. Die drei Freunde übernahmen dann auch noch das Wirtshaus im Fraunhofer. Übrig blieb nach all den Jahren Beppi Bachmaier.

Als dann 2010 die "historische Wiesn" anstand, bewarb sich Bachmaier für das Kulturzelt dort und nannte es Herzkasperlzelt, nach der Bühnenfigur von Jörg Hube, der im Jahr zuvor verstorben war. Mit seiner Mischung aus neuer und alter Volksmusik, aus Kabarett und Kleinkunst war es ein Riesenerfolg. Es wurden Unterschriften gesammelt für die Beibehaltung der historischen Wiesn, 20 000 waren schnell beisammen, so entstand die " Oide Wiesn". Mittlerweile gibt bereits wieder eine Petition auf Change.org, da sind es nach kurzer Zeit schon um die 9000, die das Herzkasperlzelt behalten wollen. Der Konkurrent mit der höheren Punktzahl hat sein Zelt übrigens seit vielen Jahren auf dem Münchner Frühlingsfest stehen, das in einer Woche beginnt. Als Höhepunkte sind dort DJ Ötzi und Mickie Krause (der vom Ballermann) angekündigt. Er hat sich bislang immer für die große Wiesn beworben, diesmal aber zusätzlich noch für das Kulturzelt auf der Oidn Wiesn.

Am 7. Mai entscheidet also der Stadtrat. Am Tag darauf könnte Bachmaier sein 50. Wirtejubiläum feiern, denn der Eintrag ins Pachtbuch trägt das Datum 8. Mai 1974. Wenn es nach dem städtischen Punktekatalog geht, so wird das eine verhaltene Feier werden. Es wäre auch ein Sieg der reinen Bürokratie und des Kommerzes über Volkskultur und Kleinkunst in der Stadt. Bislang hört man noch keinen mutigen Stadtrat, der sagt: "Das kann man doch nicht machen!" Aber immerhin wollen Grüne und SPD 2025 die Bewertungskriterien ändern.

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