Oktoberfest:Herzkasperlzelt droht Aus auf der Oidn Wiesn

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Oktoberfestbesucher im Biergarten des Herzkasperlzelts auf der Oidn Wiesn. (Foto: Stephan Rumpf)

Fliegt das beliebte Kulturzelt von Fraunhofer-Wirt Beppi Bachmaier in diesem Jahr vom Festgelände, weil ein anderer Bewerber mehr Punkte hat? Die endgültige Entscheidung muss der Stadtrat treffen.

Von Franz Kotteder

Fliegt das Herzkasperlzelt in diesem Jahr von der Oidn Wiesn? Momentan sieht es ganz danach aus, denn bei der alljährlichen Bewertung nach dem städtischen Punktekatalog schneidet das Kulturzelt von Fraunhofer-Wirt Beppi Bachmaier schlechter ab als ein Mitbewerber, der sich eigentlich auf der großen Wiesn beworben hatte - und sicherheitshalber auch auf der Oidn Wiesn.

Dieser Mitbewerber - dem Vernehmen nach handelt es sich um Peter Schöniger von der Festhalle Bayernland - hat in diesem Jahr mehr Punkte als das Herzkasperlzelt. Er bewirbt sich schon seit vielen Jahren immer wieder um ein Zelt auf dem normalen Oktoberfest und ist auch schon sehr lange auf dem Frühlingsfest vertreten. Nun hat er sich diesmal aber auch auf der Oidn Wiesn beworben. Die war kurzfristig doch noch ausgeschrieben worden, nachdem der Bayerische Bauernverband das Zentral-Landwirtschaftsfest, das heuer turnusmäßig hätte stattfinden sollen, abgesagt hatte.

Für das Herzkasperlzelt und seinen Wirt Beppi Bachmaier wäre der Ausfall in mehrfacher Hinsicht bitter. Denn Bachmaier kann heuer gleich zwei stolze Jubiläen feiern: das 150-jährige Bestehen seines Fraunhofer-Wirtshauses und sein 50-Jähriges als Wirt. Außerdem wäre er mit seinem Zelt schon so gut wie sicher auf dem Zentral-Landwirtschaftsfest (ZLF) gestanden. Dort nämlich hätten Teile der Oidn Wiesn auch vertreten sein sollen. Neben dem Festzelt Tradition in einer kleineren Version und dem Volkssängerzelt wäre auch das Herzkasperlzelt dabei gewesen. Mit der ZLF-Absage Mitte Januar kam die Oide Wiesn wieder zum Zug; sie wurde nachträglich neu ausgeschrieben, bis zum 29. Februar konnte man sich bewerben. Normalerweise endet die Bewerbungsfrist zum Jahresende fürs folgende Jahr.

Herzkasperlwirt Bachmaier rechnete fest damit, dass er wieder auf der Oidn Wiesn vertreten sein würde. "Wir sind jetzt natürlich total überrascht von dieser Entwicklung", sagt er, "wir haben ja als Kulturzelt mit neuer Volksmusik und Kleinkunst die Oide Wiesn über die Jahre hinweg mitgeprägt." Jetzt aber sieht es fast so aus, als ob nun Schöniger zum Zug kommen könnte. Schöniger sagt am Telefon, er habe noch nichts von der Stadt gehört. Natürlich würde es ihn freuen, auf dem Oktoberfest vertreten zu sein, aber solange nichts entschieden sei, wolle er auch keinen Kommentar abgeben.

So ähnlich äußern sich auch die Stadtoberen. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hat noch nichts von den umgehenden Gerüchten gehört und möchte sie allein schon deshalb nicht kommentieren. Wirtschaftsreferent und Wiesnchef Clemens Baumgärtner (CSU) will sich die Bewertung erst noch selbst ansehen, bevor er sich dazu äußert, "daher erst einmal: no comment!" Und Wiesn-Stadträtin Anja Berger (Grüne) ist erst überrascht und dann sauer, "dass das die Öffentlichkeit vor dem Stadtrat erfährt", möchte sich aber erst dazu äußern, wenn sie sich mit der Sachlage vertraut machen konnte.

Den Ausschlag könnte nun das Kulturreferat geben, das am Karfreitag allerdings nicht zu erreichen war. Denn bei der Oidn Wiesn wird es vor der Zulassung immer noch um eine fachliche Stellungnahme gebeten. Und anders als Bachmaier, der seit Jahrzehnten auch das Theater im Fraunhofer betreibt, ist Peter Schöniger bislang nicht als Kulturveranstalter aufgetreten. Die endgültige Entscheidung fällt der Wirtschaftsausschuss des Stadtrats voraussichtlich in seiner Sitzung am 7. Mai.

Wie die Zelte vergeben werden

Während die meisten großen Festhallen auf dem Oktoberfest als gesetzt gelten, weil sie einer der sechs Münchner Brauereien gehören (Hacker-Pschorr hat sogar zwei Festzelte) oder einer der beiden Schützengilden, müssen sich die anderen Zelte jedes Jahr wieder neu bewerben. Dann werden sie anhand eines Punktekatalogs bewertet. Dieser Katalog umfasst insgesamt 13 verschiedene Kriterien, und in jedem Bereich gibt es maximal elf Punkte. Die werden dann alle auch noch mit dem Faktor zwei oder dem Faktor vier multipliziert. Insgesamt kann ein Bewerber oder eine Bewerberin also maximal 396 Punkte erreichen. Die elf Kriterien sind: Vertragserfüllung, Volksfesterfahrung, Sachkenntnis, Durchführung (Engagement), Stammbeschicker, Ausstattung, technischer Standard, Anziehungskraft, Tradition, Platzbedarf, Ortsansässigkeit, Eigentum und Ökologie. Die Kategorie Kulturprogramm gibt es nicht, sie spielt auf der großen Wiesn ja auch keine Rolle. Bei der Oidn Wiesn wird aber immer noch die Einschätzung des Kulturreferats angefragt.

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