Beschaffungsprobleme:Warum es der bayerischen Polizei an "Repräsentationshosen" mangelt

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Mit einem Youtube-Video hat die Polizeigewerkschaft nicht nur einen Internet-Coup gelandet, sondern auch auf die ernsthaften Beschaffungsprobleme bei Polizeikleidung aufmerksam gemacht. (Foto: DPolG Bayern/dpa)

Die Klamotten für Polizeibeamte im Freistaat haben seit Kurzem eine hohe Aufmerksamkeit - vor allem, weil sie fehlen. Das zuständige Innenministerium reagiert, allerdings nicht wie erhofft.

Von Andreas Glas

Der Innenminister ist nicht selbst in den Landtag gekommen, Joachim Herrmann (CSU) schickt seine Ministerialrätin. Julia Mauthofer hat sich gegen eine Mehrzweckhose und für einen schwarzen Rock entschieden und wer jetzt findet, dass der Kleidungsstil einer Beamtin hier keine Rolle spielen sollte, hat recht. Anderseits geht es an diesem Mittwoch halt um Beamtenmode. Im Saal 1 des Landtags lauschen die Abgeordneten, tadellos und vollständig bekleidet, dem Bericht der Ministerialrätin. Titel ihres Berichts: "Lieferengpässe bei der Dienstbekleidung der Bayerischen Polizei".

Eine Dreiviertelstunde wird dieser Tagesordnungspunkt dauern und in dieser Dreiviertelstunde wird es nicht nur um die "Mehrzweckhosen Sommer" gehen, die in den vergangenen Tagen eine steile Netzkarriere hingelegt haben. Der Bericht über Lieferrückstände bei Polizeiklamotten umfasst auch den "Sachstand Hemden/Blusen in blau/weiß" und den "Sachstand Strickjacke". Aber am besten fängt man noch mal bei den Sommer-Mehrzweckhosen an, um dieses Schauspiel zu verstehen, an dem Loriot bestimmt Freude gehabt hätte.

Am 1. April also ging ein Videoclip der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) viral, in dem eine Polizistin und ein Polizist in Unterhosen aus einem Streifenwagen steigen. Kein Aprilscherz, sondern ein Hilferuf. "Aktuell sind 21 Uniformteile, wie Hosen, Jacken und Mützen, nur mit Wartezeiten von mehreren Monaten lieferbar", beklagte DPolG-Landeschef Jürgen Köhnlein und forderte "endlich schnelle Abhilfe" vom Innenministerium. Nun also reagiert das Ministerium. Nicht mit schneller Abhilfe, wie am Mittwoch im Innenausschuss schnell klar wird, aber immerhin mit einem Bericht.

Und damit zurück zu Ministerialrätin Mauthofer. Sie bestätigt dem Innenausschuss die Lieferkettenprobleme infolge der Corona-Pandemie und wegen des Krieges in der Ukraine - aber es gibt auch gute Nachrichten, vor allem bei der "Mehrzweckhose Sommer". Mauthofer kann berichten: "Die Lieferrückstände dieses Hosenmodells konnten, bis auf einige Sondergrößen, zwischenzeitlich abgebaut werden." Der Haken: Jetzt mangelt es teils an "Repräsentationshosen", nach denen sich die Nachfrage "durch die fehlende Mehrzweckhose im Sommer stark erhöht" habe. Ein Teufelskreis.

Auch bei Strickjacken und Wollmützen gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute: Die Lieferprobleme sind nicht mehr so groß wie im Winter. Die schlechte: Die Wollmützenzeit ist jetzt rum. Fast wie im vergangenen Sommer, da waren die Kurzarmhemden knapp, dafür gab es reichlich Langarmhemden. Ob man beim Bestellen nicht "jahreszeitlich priorisieren" könne, fragt der CSU-Abgeordnete Alfred Grob. "Da muss ich Ihnen völlig recht geben", sagt Ministerialrätin Mauthofer und fasst noch mal zusammen: "Die Wollmützen werden jetzt in den nächsten Monaten weniger gefragt sein."

Wolfgang Hauber (Freie Wähler) findet, dass bei manchen Polizisten die Hemden "schon sehr, sehr groß" seien. Er will wissen, ob das ein "rein bayerisches Problem" ist. Mauthofer erwidert, dass es anderswo "natürlich ähnliche Probleme" gebe. Na ja, sagt CSU-Mann Grob, bei der Tiroler Polizei gebe es keine Lieferschwierigkeiten. Ob Österreich nicht mit Klamotten aushelfen könne, wenn in Bayern was fehlt? "Nach außen betrachtet schaut das alles dunkelblau aus", sagt Mauthofer über die Polizeifarben in Bayern und Österreich. In Wahrheit gebe es aber "feine Unterschiede", auch bei Schnitt und Stoff. Man könne sich da "nicht einfach in anderen Ländern bedienen".

Holger Dremel (CSU) unternimmt dann den Versuch, die Problematik etwas runterzudimmen: "Jeder, der die Augen offen hat, sieht, dass keiner nackt draußen rumläuft." Außerdem sei jetzt "Dynamik drin" beim Innenministerium. Die Dynamik sieht allerdings so aus, dass die bayerische Polizei ihre Dienstkleidung "frühestens 2027" nicht mehr über das Logistikzentrum der Polizei Niedersachsen bezieht, sondern über ein eigenes in Hof, das laut Mauthofer "bis etwa 2030" komplett fertig sein und die Prozesse beschleunigen soll. "Zu spät", sagt Florian Siekmann (Grüne). Auch Markus Schirmer von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht im Moment eher "kleine Stellschrauben", an denen das Ministerium dreht. "Der Wille ist da", sagt Schimmer. Fehlen nur noch die Klamotten.

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