Oktoberfest:Mit Herzblut und kleinem grünen Alleskönner

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Die Braumeister der Wiesnbiere haben ihre Arbeit getan und stoßen bei der Bierprobe an. (Foto: Robert Haas)

Bei der Wiesnbierprobe in der Max-Emanuel-Brauerei geht es um Geschmacksnuancen im Masskrug, den Stress beim Aufbau der Zelte - und die Wetteraussichten fürs Oktoberfest.

Von Franz Kotteder

In der dritten Runde der öffentlichen Bierverkostung platzt Karl-Heinz Knoll vom Münchner Festring dann doch noch der Kragen. Der Festring sieht sich nicht nur als Organisator des Einzugs der Wiesnwirte und des Trachten- und Schützenzugs, sondern auch als Wahrer und Vermittler der Tradition. Und deshalb muss Knoll schon loswerden, dass ihm der Lärmpegel im Wirtshaussaal der Max-Emanuel-Brauerei stinkt: "Es waar schee, wenn alle mal eahna Mäu hoitn daadn!", ruft er. "Sinn der Veranstaltung ist doch, dass mia die sechs Wiesnbiere kennenlernen, und do kann ma wirklich no wos lerna!"

Danach ist es plötzlich deutlich ruhiger im Saal. Und vorne auf der Bühne können die Biersommelière Marlene Speck und die beiden Braumeister Rainer Kansy (Hacker-Pschorr) und Friedrich Geiger (Spaten) weiter parlieren. Über die feinherbe Hopfenbittere, die man aus der Hacker-Pschorr-Mass herausschmecken kann, wohingegen die von Spaten eher durch eine "milde Bittere mit eingebetteter Hopfennote" besticht.

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Aber jenseits aller Sommeliers-Lyrik, die auch auf Bier anwendbar ist und oft nur dem fachmännischen Trinker und der fachfrauischen Trinkerin etwas besagt, ist tatsächlich einiges Neues zu erfahren. Rainer Kansy etwa erzählt, dass man inzwischen für das Brauen einer Wiesnmass nicht mehr sieben bis acht Liter Quellwasser benötigt, sondern nur noch drei bis vier. Da tut sich also was in Sachen Nachhaltigkeit, und das ist doch erfreulich. "Immerhin brauchen wir Wasser ja nicht zum Autowaschen oder zum Rasensprengen", so Kansy.

Andererseits ist die alljährliche Wiesnbierprobe wenige Tage vor dem ersten Anzapfen natürlich auch kein trockenes Fachseminar in Sachen Bierbrauen. Sondern bereits ein kleines Fest der Vorfreude für sich. Deshalb werden die sechs Biere von Hacker-Pschorr, Paulaner (Braumeister Christian Dahnke), Augustiner (Andreas Brunner), Hofbräu (Rolf Dummert), Spaten und Löwenbräu (Bernd Kräußel) auch von allen Eingeladenen - Wiesnwirten, Gästen aus Politik und Gastronomie - ausführlich getestet.

Andreas Steinfatt, Paulaner-Vorstand und Vorsitzender des Vereins der Münchner Brauereien, leitete den Abend ein mit Erinnerungen an das Oktoberfest vom vergangenen Jahr. "Heuer sind wir mindestens genauso gespannt wie letztes Jahr", sagte er, "Schnürlregen und 14,5 Grad Durchschnittstemperatur brauchen wir nicht noch mal. Manchmal war's schon trostlos." Dieses Jahr sei immerhin ein "Omega-Hoch" im Anmarsch, was angeblich für die nächsten Wochen schönes Wetter verspreche.

Überhaupt seien die Voraussetzungen hervorragend, auch wenn die Zeit für den Aufbau der großen Zelte wieder einmal sehr knapp bemessen sei "und beim Anzapfen am Samstagmittag hinten die letzten mit dem Akkuschrauber in der Hand rausmarschieren". Steinfatt regte an, in den nächsten Jahren früher mit dem Aufbau anzufangen, wenn der Stadtrat damit einverstanden sei.

Wiesnharmonie: Die grüne Bürgermeisterin Katrin Habenschaden und CSU Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner mit dem Münchner Kindl. (Foto: Robert Haas)

Da traf es sich gut, dass nicht nur der CSU-Fraktionssprecher Manuel Pretzl anwesend war und bei der Wiesnbierprobe seinen Geburtstag feierte. Sondern auch die grüne Bürgermeisterin Katrin Habenschaden, die Wiesn-Stadträtin Anja Berger (ebenfalls Grüne) und der Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner (CSU). Es gab sogar gemeinsame, ungewohnt harmonische Fotos mit Habenschaden und Baumgärtner, beide sicherheitshalber getrennt durch das Münchner Kindl, Franziska Inselkammer. Zu einer Verlängerung der Aufbauzeit äußerten sich freilich beide nicht.

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Und die sechs Oktoberfestbiere? Die sind, so Steinfatt, inzwischen als "Geschützte Geographische Angabe" von der EU anerkannt, also so etwas wie der Parmesan oder der Aceto Balsamico di Modena. Er selbst könne jederzeit für das wichtigste Getränk des Festes bürgen: "Unsere Braumeister haben wieder ihr volles Herzblut ins Wiesnbier gelegt." Und natürlich nicht nur das, sondern auch Wasser, Gerste, Malz und Hopfen. Oder, wie die Biersommelière und ehemalige bayerische Bierkönigin Marlene Speck es formuliert: "Der Hopfen ist unser kleiner, grüner Alleskönner!"

Als Fazit kann man jedenfalls festhalten: Die sechs unterschiedlichen Wiesnbiere werden vermutlich allesamt wieder weggetrunken werden wie nichts. Und wer eine frische Mass bekommt, dürfte sie in den wenigsten Fällen mit Abscheu und Empörung zurückweisen, bloß weil sie nicht von seiner Lieblingsbrauerei stammt.

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