Neue Literatur-Reihe in München:Die weite Welt der Popmusik

Lesezeit: 3 min

Markus Nägele arbeitet als Programmleiter beim btb Verlag. In seiner Freizeit macht er Musik und nennt sich Don Marco. In seiner neuen Veranstaltungsreihe "Lost in Music" geht es literarisch um Musik. (Foto: Tibor Bozi)

Im Münchner Club Live/Evil startet mit "Lost in Music" eine neue, prominent besetzte Literatur- und Konzert-Reihe - Musik kommt von Angela Aux, es liest unter anderem "Sportfreunde Stiller"-Schlagzeuger Flo Weber.

Von Jürgen Moises

Es gibt die These, dass Musik und Poesie denselben Ursprung haben. Seit dem Nobelpreis für Bob Dylan ist zudem bewiesen, dass ein Songtext hohe Literatur sein kann. Und schließlich muss es ja einen Grund geben, warum man Songtexte auch "Lyrics" nennt. Für Markus Nägele gehören Musik und Literatur jedenfalls schon immer zusammen. Und das war auch mit der Grund dafür, warum er bei seiner vor zehn Jahren gestarteten Reihe "It's a Hardcore Night" auf lockere Art Lesungen mit Musik und DJ-Sets verband. Die Reihe hatte in der Münchner Kneipe Unter Deck ihren Ort. Im Corona-Jahr 2020 war dann Schluss. Auch weil sich das schöne, für manche "legendäre" Format laut Nägele auch etwas totgelaufen hatte. Aber nicht nur er hatte danach das Gefühl, dass seitdem in München etwas fehlt.

Genau deshalb startet am 4. April um 20 Uhr im Club Live/Evil im Fat Cat (dem zwischengenutzten Gasteig) die neue Reihe " Lost in Music". Auch dort geht es literarisch um Musik. Es gibt im fliegenden Wechsel Lesungen und Live-Musik. Danach legen mit Nägele befreundete DJs ihre Lieblingsplatten auf und im Idealfall wird getanzt, getrunken und gefeiert.

Aber ein paar kleine Unterschiede gibt es doch. Das zeigt schon der Name, der sich bei der früheren Reihe auf den Verlag Heyne Hardcore bezog, bei dem Markus Nägele Verlagschef war. Seit 2022 ist der Verlag Geschichte, Nägele ist nun Programmleiter beim btb Verlag. Und deswegen werden bei "Lost in Music" auch keine Heyne-Texte mehr gelesen.

Für die Ausgabe hat Markus Nägele illustre Gäste eingeladen. So wird bei "Lost in Music" auch Florian Weber vorlesen, Schriftsteller und Schlagzeuger der "Sportfreunde Stiller". (Foto: MIRCO TALIERCIO)
Musik wird es von "Angela Aux" geben. Die Vorgabe: Er muss Coverversionen spielen. (Foto: Milena Wohan)
Zu Gast wird auch Kaline Thyroff sein, BR-Journalistin und Musikerin ("Doe Bed"). (Foto: privat)

Stattdessen werden allgemein Briefe, (auto)biografische Texte, Artikel und Romanauszüge aus der weiten Welt der Popmusik vorgetragen. Und zwar von Autoren, Musikern, Moderatoren oder Schauspielerinnen. Am 4. April sind das der Autor und BR-Moderator Achim Bogdan, die Musikerin und Ego-FM-Moderatorin Sandra Gern, der Autor und Sportfreunde-Stiller-Schlagzeuger Florian Weber und die Musikerin und BR-Moderatorin Kaline Thyroff. Für die Musik sorgt zum einen Angela Aux, der unter dem Pseudonym Heiner Hendrix auch Gedichte und Kurzgeschichten schreibt und unter seinem Geburtsnamen Florian Kreier als Journalist arbeitet. Und da ist da noch Austrofred, bekannt als weltbester Freddy-Mercury-Impersonator und unter seinem eigentlichen Namen Franz Adrian Wenzl als Sänger der österreichischen Band Kreisky.

Die musikalische Vorgabe für "Lost in Music" ist dabei, dass sich die Musiker der "hohen Kunst der Coverversion" widmen. Da ist der Austrofred natürlich in seinem Element und man darf erwarten, dass die ausgewählten Songs etwas mit Freddy Mercury zu tun haben. Und bei Angela Aux darf man gespannt sein, was er singen wird. Als DJ steht am Schluss dann neben King Brownie Markus Nägele selbst am Plattenteller, unter seinem Pseudonym Don Marco, mit dem er seit Jahren Musik in verschiedenen Projekten macht. Viel Programm also für die zunächst "als Versuchsballon" angesetzten 15 Euro. Von denen Markus Nägele hofft, dass sie mit entsprechenden Besucherzahlen die Veranstaltung tragen und er im Idealfall allen Beteiligten am Ende ein kleines Honorar auszahlen kann.

Denn wie auch schon bei "It's a Hardcore Night" macht Nägele das Ganze "auf eigene Faust, mit Chancen und Risiken", wie er am Telefon von Leipzig aus verrät, wo er zur Zeit des Gesprächs wegen der Lesung eines von ihm betreuten Autors weilt. Das heißt: Früher hatte ihm eine Kollegin "die Poster gemacht". Nun hat er als Helfer Christian Heine im Rücken. Münchner Nachtschwärmer kennen Heine als früheren Betreiber des Atomic Cafés, das vor ein paar Monaten als Party-Reihe im Live/Evil wiederauferstanden ist. Tatsächlich läuft "Lost in Music" auch unter dem Label "Atomic Café presents".

Sollten deshalb nun Atomic-Café-Gäste aus Neugierde zu "Lost in Music" kommen, dann wäre das in Nägeles Sinn. Denn dass sich auch mal reine Konzertgänger zu einer Lesung "verirren" oder Literaten "neue Bands sehen" oder Künstler aufeinandertreffen, "die sonst immer nur unter sich irgendwas machen": Genau das hatte laut Nägele bereits die "Hardcore"-Nächte zu etwas Besonderem gemacht. Das neu zu beleben, das sei ihm auch wegen der Corona-Pandemie ein Anliegen. "Da ist ja ganz viel zusammengebrochen, was bis heute nicht wirklich richtig wieder geflickt ist".

Gemeint ist damit, dass Clubs und Bars teilweise total "runterfahren", "weil alles so teuer geworden ist". Auf der anderen Seite sei dann aber Adele "zehn Tage in München, und die lokale Szene bröckelt vor sich hin und so einige Musiker oder Autoren legen ihren Traum ad acta." Hinzu komme: "Die wirklich Jungen, die gehen wieder raus, die finden ihre Orte." Aber "diese eine Generation älter, von der auch ich irgendwie Teil bin", von der seien so einige nach der Pandemie "nicht wiedergekommen", sagt Markus Nägele. Die müsse man "irgendwie wieder anknipsen." Und er meint, "es wäre doch schön", wenn das mit "Lost in Music" klappt. In dem Fall gäbe es dann auch sicher eine Fortsetzung.

Lost in Music: Read & Cover , Do., 4. April, 20 Uhr, Live/Evil, Rosenheimerstr. 5

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