Ausstellung:Flucht in die Natur

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Im Altvatergebirge rund um Jeseník sind die Landschaftsbilder von Jaromir 99 entstanden. (Foto: Jaromir 99)

Im Tschechischen Zentrum München sind unter dem Titel "Off Season" Landschaftsbilder des bekannten Comic-Künstlers Jaromir 99 zu sehen.

Von Jürgen Moises

Freie Zeit für freie Arbeiten. Die hatte Jaromir 99, so erzählte er bei der Eröffnung seiner Ausstellung "Off Season" im Tschechischen Zentrum in München, in den letzten Jahren nie. Dafür sei er als Comic-Künstler und Illustrator zu erfolgreich.

In Deutschland ist er vor allem für den mit Jaroslav Rudiš kreierten Comic " Alois Nebel" bekannt. Dann kam Corona. Und wie viele andere Künstler hatte Jaromir 99, der 1963 als Jaromír Švejdík in Jeseník geboren wurde, plötzlich nichts zu tun. Er floh mit seiner Familie aus Prag, wo er lebt, hinaus in die Natur, in das Altvatergebirge rund um Jeseník herum. Dort entstanden zahlreiche Landschaftsbilder, von denen er im Tschechischen Zentrum (Prinzregentenstraße 7) bis 14. Juli eine Auswahl präsentiert.

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Das darf man sich aber nicht so vorstellen, dass er mit Staffelei in der Natur saß. Stattdessen ging er mit seinem Hund sehr viel spazieren. Auf einigen Bildern sieht man die beiden wie Caspar-David-Friedrich-Figuren in der Landschaft. Entstanden sind die Bilder dann aber am Computer, wo auch seine Comics digital entstehen. Und das erklärt das Grafische, die klaren Linien und Farben. Man sieht Bäume, Flüsse, Berge, Häuser. Menschen gibt es kaum. Dafür rücken die Jahreszeiten in den Blick. Es gibt Tages- und Nachtbilder, neben realen sind auch Traumlandschaften zu sehen. Und manches wirkt vielleicht ein bisschen zu traumhaft und schön, aber nie so, dass es ins Kitschige rutscht.

Zustande kam die Ausstellung, bei deren Eröffnung Jaromir 99 auch als Musiker mit seinem " Kafka Band"-Kollegen Dušan Neuwerth auftrat, als Teil des gerade zu Ende gegangenen Comic Festivals. Dessen Leiter Heiner Lünstedt hatte Jaromir 99 vor zwei Jahren in Prag getroffen. Das war der Anstoß für den Länderschwerpunkt Tschechien, zu dem auch die noch laufenden Ausstellungen " Die vertriebenen Kinder" im Sudetendeutschen Haus und " In the Gutter" im Café Kosmos gehören. "Die vertriebenen Kinder" ist ein sehr lesenswerter, dokumentarischer Comic über die Erlebnisse sudetendeutscher Kinder im Zweiten Weltkrieg.

In ihrem neuen Comic erzählen Jaromir 99 und Jan Novak die Geschichte der Kunstturnerin Věra Čáslavská. (Foto: Salleck Publikations)

Auch von Jaromir99 gibt es mit " Čáslavská" einen neuen, dokumentarischen Comic, der in diesen Tagen durch die Vermittlung von Heiner Lünstedt auf Deutsch erschien. Darin erzählen Jaromir 99 und Jan Novak die Geschichte der Kunstturnerin Věra Čáslavská, die bei Olympischen Spielen sieben Gold- und vier Silbermedaillen gewann. Jaromir 99 hat dafür ausschließlich die Farben der olympischen Ringe verwendet, was der Graphic Novel einen sehr eigenen, Pop-artigen Look gibt. Derzeit sitzt er übrigens an einem weiteren dokumentarischen Werk: über den Filmemacher Miloš Forman. Und mit seiner "Kafka Band", so war zu erfahren, stellt er am 17. Januar in München das neue Programm "Der Process" vor.

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