Landtagswahl 2023:Landkreis-Achter auf Kurs

Lesezeit: 4 min

Der Ort, an dem die Parteien bei der Landtagswahl möglichst viele der Ihrigen unterbringen möchte: der bayerische Landtag. (Foto: Robert Haas)

In einem halben Jahr entscheiden die Wähler, wen sie ins Maximilianeum schicken. Es könnten aus dem Landkreis München noch einmal mehr Kandidaten sein als bisher.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis München

Sie haben ihn waidwund geschossen, aber nicht abgeschossen. So würde das Ernst Weidenbusch, der umstrittene Präsident des bayerischen Jagdverbandes, wohl selbst ausdrücken. Aber der Haarer, der sich zuletzt in einer Kampfabstimmung innerhalb des Verbandes im Amt halten konnte, ist es gewohnt, unter Druck zu stehen, diesen auszuhalten und auch selbst aufzubauen. Wenn er im Herbst sein Mandat als CSU-Landtagsabgeordneter niederlegen wird, verliert Ministerpräsident Markus Söder einen Getreuen - und der Landkreis München einen stimmgewaltigen Vertreter. Wer aber folgt dem Hypo-Alpe-Adria-Kämpfer nach, der bei der Wahl vor fünf Jahren nur noch auf 30,6 Prozent der Erststimmen kam? Seinem persönlich schlechtesten Ergebnis in 20-jähriger Zugehörigkeit im Maximilianeum.

Für die CSU treten die Unterhachinger Landtagsabgeordnete Kerstin Schreyer und Kirchheims Maximilian Böltl bei der Landtagswahl an. (Foto: Claus Schunk)

In ziemlich genau einem halben Jahr wählen die Menschen im Freistaat einen neuen Landtag - und die Wähler im Landkreis München werden dann gleich zwei direkt gewählte Abgeordnete ins Parlament entsenden - und womöglich noch einmal einen Abgeordneten mehr als die bisher schon sieben Volksvertreter.

Zuletzt sind die Rennen dabei enger geworden - wenn auch nicht so eng, als das sie für die beiden CSU-Platzhirschen hätten brandgefährlich werden können. Bei der Wahl 2018 verteidigte die Unterhachingerin Kerstin Schreyer im Stimmkreis München Land-Süd ihr Direktmandat mit etwas mehr als 32 Prozent vor dem Grünen Markus Büchler aus Oberschleißheim, der auf nahezu 24 Prozent kam. Im Stimmkreis München Land-Nord kam die Unterhachingerin Claudia Köhler - die Grünen hatten damals entschieden, einen Direktkandidaten aus dem Süden im Norden und entsprechend umgekehrt antreten zu lassen - mit knapp 23 Prozent auf Rang zwei. Diese Taktik wird die Ökopartei auch am 8. Oktober mit demselben Kandidaten-Tableau anwenden. Im Norden wird es Köhler diesmal mit Kirchheims Bürgermeister Maximilian Böltl von der CSU als direktem Konkurrenten zu tun bekommen, der Weidenbusch nachfolgen will. Er steht auf Rang 28 der oberbayerischen Liste.

Führen die Grünen in die Wahl: Claudia Köhler und Markus Büchler. (Foto: Claus Schunk)

Vor fünf Jahren war die Wandlung der Grünen zur zweitstärksten Kraft im bevölkerungsreichsten Landkreis Bayerns abgeschlossen. Die stellte bis dato stets die SPD dar, die bei der vergangenen Landtagswahl aber ein historisches Debakel erlebt hatte, das auch die damalige Chefin der bayerischen Sozialdemokraten und Landtagsabgeordnete Natascha Kohnen aus Neubiberg als Spitzenkandidatin maßgeblich mit zu verantworten hatte. Nach Kohnens angekündigtem Rückzug als Angeordnete im Herbst musste sich die Partei daher personell neu aufstellen und hat das im Landkreis in bemerkenswerter Konsequenz auch getan. Denn als Direktkandidat im Stimmkreis Nord geht der seit 2019 amtierende Kreisvorsitzende Florian Schardt ins Rennen, der längst zum Gesicht und Sprachrohr des Unterbezirks München-Land geworden ist - auf der oberbayerischen Liste steht er auf Platz neun; im Süden kandidiert die Taufkirchnerin Christine Himmelberg für die SPD.

Florian Schardt wird sich vom Amt des Vorsitzenden der SPD München-Land zurückziehen. Als Nachfolgerin im Team einer Doppelspitze schlägt er Christine Himmelberg vor. (Foto: Sebastian Gabriel)

Wie alle Parteien sind auch die Sozialdemokraten von einer Besonderheit des bayerischen Wahlsystems abhängig, bei dem anders als bei der Bundestagswahl Erst- und Zweitstimme addiert werden. Und so hat sich bei der Wahl 2018, als die SPD mit 9,7 Prozent ihr historisch schlechtestes Ergebnis einfuhr, gezeigt, dass der Trend, vor allem auch der bundespolitische bei Wahlen in Bayern ein wichtige Rolle spielte. Denn dieser Trend verhinderte, dass im Stimmkreis Nord die SPD-Kandidatin Annette Ganssmüller-Maluche den Einzug über die oberbayerische Liste in den Landtag schaffte. Zwar kommt derzeit exakt ein Drittel der 21 SPD-Abgeordneten aus Oberbayern, aber für mehr reichte es aufgrund des Debakels eben nicht mehr.

Katharina Diem und Marco Deutsch sind die Kandidaten der FDP im Landkreis München. (Foto: Claus Schunk)

Ein solches müssen auch die Liberalen fürchten. Im Bayerntrend des BR vom Januar kam die FDP nur noch auf vier Prozent und würde somit den Einzug ins Maximilianeum wieder einmal verpassen, bei der Wahl vor fünf Jahren war sie mit 5,1 Prozent gerade einmal so hoch gesprungen, wie sie musste. Und genau diese Zahlen werden Marco Deutsch Kopfzerbrechen bereiten, der im Stimmkreis Süd in der Nachfolge von Focus-Gründer Helmut Markwort und auf Platz elf der oberbayerischen Liste kandidiert. Mit einem Ergebnis knapp über der Fünf-Prozent-Hürde dürfte es für Deutsch schwer werden, ins Parlament zu kommen. Rein rechnerisch hat der Grünwalder bei einem Stimmenanteil von etwas mehr als sechs Prozent gute Aussichten, den Landkreis München im Maximilianeum zu vertreten - auch dank des traditionell großen Potenzials der Partei im Landkreis München. Deutlich schwieriger wird dies für seine Parteikollegin Katharina Diem aus Feldkirchen, die auf Rang 19 der Liste steht.

Nikolaus Kraus sitzt seit zehn Jahren für die Freien Wähler im Landtag. (Foto: Claus Schunk)

Seit zehn Jahren gehört der Ismaninger Landwirt Nikolaus Kraus für die Freien Wähler dem Landtag an und er dürfte wohl auch weitere fünf Jahre Landespolitik machen dürfen. Denn die Freien sind insbesondere im nördlichen Landkreis gut aufgestellt, Kraus holte bei der letzten Wahl mehr als zwölf Prozent - und auch Listenplatz sechs sollte dem Ismaninger noch einmal ein paar Stimmen zusätzlich einbringen. Im Stimmkreis Süd geht der Grasbrunner Johannes Seitner für die Aiwanger-Partei ins Rennen - allerdings wenig aussichtsreich auf Listenplatz 31.

Christina Specht hat gute Chancen, für die AfD ein Mandat zu erringen. (Foto: Claus Schunk)

Wahrscheinlicher wird auch, dass die Alternative für Deutschland (AfD) künftig eine Abgeordnete aus dem Landkreis München stellen wird. Die Kreisvorsitzende Christina Specht aus Putzbrunn, die auch Kreisrätin ist, kandidiert im Stimmkreis München Land-Süd und auf Platz sieben der oberbayerischen Liste. Im Norden geht der Unterschleißheimer Peter Kremer als Direktkandidat ins Rennen.

Es könnte also durchaus sein, dass im nächsten Landtag bis zu acht Abgeordnete aus dem Landkreis München vertreten sein werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die CSU erneut die beiden Direktmandate holen kann, die SPD nicht noch weiter abstürzt und die FDP den Sprung ins Parlament überhaupt schafft. Doch schon vor fünf Jahren war bei den Christsozialen das Unbehagen groß. Als die erste Hochrechnung für Bayern auf den Fernsehern im Landratsamt am Marihilfplatz in der Au auftauchte, sagte Kerstin Schreyer: "Da sind wir mit einem blauen Auge davongekommen."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Junge Union München-Land
:Der Kreisvorsitzende geht scharf und spitz voran

Jan Kämmerer scheut sich nicht, CSU-Parteigranden herauszufordern. Jetzt ist der selbstbewusste Unterschleißheimer von den JU-Mitgliedern einstimmig im Amt bestätigt worden.

Von Stefan Galler

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: