Junge Union München-Land:Der Kreisvorsitzende geht scharf und spitz voran

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Selbstbewusster Leader: Jan Kämmerer kritisiert auch die eigene Parteispitze. (Foto: Claus Schunk)

Jan Kämmerer scheut sich nicht, CSU-Parteigranden herauszufordern. Jetzt ist der selbstbewusste Unterschleißheimer von den JU-Mitgliedern einstimmig im Amt bestätigt worden.

Von Stefan Galler, Hohenbrunn/Unterschleißheim

Selbstverständlich ließen es sich die beiden Landtagskandidaten nicht nehmen, auch mit dabei zu sein, als sich der Parteinachwuchs versammelte. Schließlich haben Kerstin Schreyer und Maximilian Böltl selbst ihre Karriere bei der Jungen Union begonnen. Die Unterhachingerin war acht Jahre lang stellvertretende Kreisvorsitzende der JU, der Kirchheimer Bürgermeister stand sogar an der Spitze der CSU-Jugendorganisation im Landkreis. Für den aktuellen JU-Chef Jan Kämmerer ein gutes Vorbild, der 23-Jährige hat nämlich durchaus Ambitionen, selbst irgendwann politisch groß rauszukommen: "Man muss zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein", sagt er. "Wenn ich gebraucht werde, bin ich da."

Bei der Kreisdelegiertenversammlung in Hohenbrunn wurde der gebürtige Magdeburger, der 2003 mit seinen Eltern in den Münchner Norden zog und der JU Unterschleißheim angehört, am Wochenende mit 100 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt. "Ein solches Ergebnis heißt, dass ich zwei Jahre lang gute Arbeit geleistet habe", sagt der selbstbewusste Nachwuchspolitiker, der auch sein vorrangiges Ziel für seine erste Amtszeit erreicht hat: In Aying entstand der 23. Ortsverband der Jungen Union im Landkreis. Es gibt drei Kooperationen von JU-Ortsverbänden (Unterhaching und Taufkirchen, Kirchheim und Aschheim sowie Straßlach-Dingharting und Schäftlarn), nur in Baierbrunn, Grasbrunn und Sauerlach existiert keine lokale Vertretung der CSU-Jugendorganisation, die im Landkreis insgesamt rund 450 Mitglieder hat.

"Ausdrücke, die Klimademonstranten mit Terroristen gleichsetzen, sind nicht verhältnismäßig"

Kämmerer arbeitet an einem eigenen politischen Profil, weshalb er nicht davor zurückschreckt, auch gestandene Mandatsträger zu kritisieren. Dass der CSU-Landesgruppenchef in Berlin, Alexander Dobrindt, Demonstranten der "Letzten Generation" als "Klima-RAF" bezeichnete und der Bundestagsabgeordnete Florian Hahn mit seiner Bezeichnung "Klima-Taliban" ins gleiche Horn stieß, ist für den 23-Jährigen keine geschickte Strategie: Eine solche Wortwahl würde "junge Leute abschrecken, die CSU zu wählen", sagt er. Dass er in Hahn auch seinen politischen Entdecker angreift, nimmt Kämmerer dabei in Kauf: "Für uns als JU ist es wichtig klarzumachen, dass die Union auf Bundesebene nicht alles richtig macht. Ausdrücke, die Klimademonstranten mit Terroristen gleichsetzen, sind nicht verhältnismäßig."

Was aber nicht heißt, dass sich Kämmerer generell auf gemäßigte Positionen verlegt: Was die Einwanderung angeht, vertritt er weiterhin eine restriktive Politik. "Es ist auch Aufgabe einer Jugendorganisation, schärfer und spitzer zu formulieren, um Parteivorstand und Abgeordnete in gewissem Sinne vor sich her zu treiben." Deshalb hätten seine Aussagen aus dem vergangenen Herbst, illegale Migranten müssten an den EU-Außengrenzen "ausnahmslos" zurückgewiesen werden und die EU solle sich ein Vorbild an der australischen No-Way-Politik nehmen, durchaus Folgen gehabt: "Der Landrat hat ja kurz nach unserer Initiative auch darauf aufmerksam gemacht, dass künftig deutlich mehr Flüchtlinge kommen werden als 2015", sagt er. Und sein Parteifreund Christoph Göbel hat damit laut Kämmerer nicht nur diejenigen gemeint, die wegen des Ukraine-Kriegs einwandern würden.

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Und auch zu einem anderen Thema, das derzeit die Gemüter in der CSU erhitzt, hat der JU-Kreisvorsitzende eine eigene Meinung: Die Wahlrechtsreform zur Verschlankung des Bundestags, die neben der Linken vor allem auch die CSU hart treffen würde, ist zwar auch für Kämmerer "ein Angriff auf die Demokratie und föderalismusschädigend", er hofft nun, dass das Bundesverfassungsgericht den Vorschlag der Ampel einkassiert. Jedoch sei seine eigene Partei nicht schuldlos an der aktuellen Situation, man habe in der großen Koalition 2021 lediglich ein "Reförmchen ohne Effekt" auf den Weg gebracht. "So selbstreflektiert muss man sein."

Bis zur Wahl im Herbst werde man sich stark engagieren, sagt Kämmerer. Ende Juli steht ein spezieller "Unterstützertag" an, an dem man mit den Landtagskandidaten Schreyer und Böltl sowie befreundeten JU-Vertretern aus verschiedenen Regionen Deutschlands durch den Landkreis tourt. Dabei statten all jene Landesverbände der Jungen Union dem Kreisverband einen Gegenbesuch ab, die man selbst bei den jüngsten Landtagswahlen unterstützt hat: Es kommen JU-Mitglieder aus Mecklenburg-Vorpommern, dem Saarland und Nordrhein-Westfalen.

Kämmerer selbst strebt aktuell den Abschluss seines dualen Studiums zum Diplom-Verwaltungswirt an, in dessen Rahmen er im Landratsamt arbeitet. Dort wird er auch übernommen, das steht fest. Berufserfahrung zu sammeln außerhalb von Partei und Politik sei ihm wichtig, betont der Unterschleißheimer: "Ich möchte nicht einer der Berufspolitiker werden mit dem Werdegang Kreißsaal-Hörsaal-Plenarsaal."

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